Neue Väter

Die Hessenstiftung mit Sitz in Bensheim hat einen Entwurfwettbewerb ausgelobt, um ihr Anliegen einer besserern Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu untermauern. Als Zielgruppe für den Wettbewerb „Neue Väter“ wurde ein sehr junge Zielgruppe gewählt. Nachwuchsgrafiker aus Agenturen, Studierende von Universitäten und Fachhochschulen sowie Schülerinnen und Schüler an Berufsschulen und Gymnasien waren aufgerufen, ihre Entwürfe von engagierten Vätern und Männern in ungewohnten Rollen einzureichen.

Das ist ein guter Ansatz, so machen die jungen Leute, die ihren Lebensentwurf noch basteln und ihn dann umsetzen sollen und wollen, sich auch schon einmal mit diesem Thema vertraut. Gerade befindet sich die Wanderausstellung der zehn besten Entwürfe an ihrer ersten Station in Korbach. Ein sechsköpfige Jury hat die Auswahl getroffen.

Das beste der zehn Plakate gefällt auch mir am besten. Die Urheberin Katharina Elert besucht das Freiherr-von-Stein Gymnasium in Fulda. In ihrer Entwurfbeschreibung heißt es: „Ich beabsichtige, die väterliche Beteiligung an der Erziehung schmackhafter zu gestalten, indem ich auf humorvoller Basis eine Brücke zwischen männlichem Interesse und Kind aufzubauen versuche.“ Das Ganze hat etwa Appellatives. Grundannahme: Die Männer haben eigentlich nicht so richtig Lust aufs Vater sein.

Diesen Ansatz, der auch bei dem Werk von Elerts Schulkameradin Maria Blum aufscheint, werfe ich den jungen Künstlerinnen gar nicht vor. Die Motive sind und bleiben dennoch gut. Das Rollenverständnis der Männer befindet sich ja tatsächlich erst im Umbruch. Man bekommt häufig zu hören, dass die Männer keine Lust auf Familie haben. Sie sind sicher meist die Bremser, wenn das Thema Familienplanung auf dem Tisch liegt. Sind die Männer dann erstmal Väter, dann nehmen sie diese Rolle doch aber auch häufig und immer häufiger mit Freude an – davon bin ich fest überzeugt.

Das Bemühungen der Hessenstiftung im Bereich „Väter in Familie und Beruf“ kann man nur unterstützen. Mit ihrer Arbeit wie eben diesem Entwurfwettbewerb und der anschließenden Wanderausstellung können bespielsweise auch die Entscheider in Unternehmen erreicht werden, die meist mit den Themen Work-Life-Balance und modernem Vatersein nicht so recht vertraut sind – um es einmal einigermaßen wertfrei auszudrücken.

Hier sind die Plakate zu sehen:

Korbach noch bis zum 26. Juni

Eschwege 29. Juni bis 10. Juli

Fulda 13. bis 24. Juli

Bad Hersfeld 27. Juli bis 14. August

Villmar/Lahn 17. bis 28. August

Friedberg 8. bis 18. September

Langen 21. September bis 2. Oktober

Griesheim 5. bis 16. Oktober

Offenbach 19. bis 30. Oktober

Heppenheim 2. bis 13. November

Frankfurt-Höchst 16. bis 27. November

Flattr this!

Werbekunst 1

Sehr feines Stück Werbekunst, obwohl ich kein Bier trinke – auch nicht légère.

Flattr this!

Warenhäuser waren Häuser!?

Es vergeht keine Tag ohne eine Meldung zu Arcandor. Gestern hat das Unternehmen bekannt gegeben, keine Halbjahreszahlen veröffentlichen zu wollen. Heute wurde Insolvenz für 15 weitere Töchter angemeldet, großteils Servicegesellschaften der Versandhandelstochter Primondo. Sal.Oppenheim hat die direkt gehaltenen Anteile verkauft.

Trotzdem ist es irgendwie nach dem großen Gewitter um Staatshilfen und die Insolvenz ruhiger geworden. Jetzt steht noch ein Massekredit im Raum. Der Filialleiter des Lübecker Karstadt-Hauses hat getwittert, dass er und seine Kollegen diese Woche erstmals mit Insolvenzverwalter und wahrscheinlich auch Generalbevollmächtigtem zusammentreffen.

Klar, die Hoffnung der Betroffenen in den Filialen ist groß. Die Metro hält die Füße still. Im Raum steht das Interesse an 60 Karstadt-Häusern. Leider ist nicht bekannt, welche Häuser es sind.

Bei allen Fragen rund um Unternehmen wie Arcandor/Karstadt und Metro/Galeria Kaufhof: Wie sieht es eigentlich mit der Zukunft der Warenhäuser aus? Haben sie in der bestehenden Form überhaupt eine Zukunft?

Die Waren- oder auch Kaufhäuser sind schon seit Jahrzehnten in der Krise. Dereinst machten Hertie, Horten, Kaufring und Kaufhalle schlapp. Hertie hat es sogar geschafft, nochmal Pleite zu gehen. Viele ehemalige Kaufring-Häuser sind bereits oder bald am Ende. Warum sollten es Karstadt und Kaufhof schaffen?

Die Shoppingcenter haben zunächst die Grüne Wiese belagert, in den Innenstädten sind sie aber auch schon lange angekommen. Das ist einer der Sargnägel für die Betriebsform Warenhaus. Das Angebot in den Shoppingcentern ist fast so breit wie in den Warenhäusern. Selbst die Marken sind bis auf die Handelsmarken dieselben. Die Markenflächen in den Warenhäusern unterschieden sich aus Sicht des normalen Kunden nicht. Dazu kommt noch, dass die Läden der Marken in der Regel neuer und deshalb nicht so abgewirtschaftet wie die meisten Warenhäuser sind.

„Marken“ ist überhaupt ein Stichwort. Die Warenhäuser wollten die Eigenmarken stärken und die Fremdmarken zurückdrängen. Leider haben es weder Kaufhof noch Karstadt geschafft, ihre Marken begehrenswert zu machen. Immer wenn ich in den Läden bin, sind die Eigenmarken gnadenlos runtergezeichnet – gekauft werden sie trotzdem nicht.

Der dritte Sargnagel sind die hohen Kosten, vor allem für Mieten, die den Warenhäusern den Garaus machen. Die Mietpreise für Läden in bevorzugten Lagen steigen angeblich immer noch. Die Riesenflächen der Warenhäuser fressen entsprechend Substanz auf. Die Refinanzierung ist hart – und in vielen Fällen unerreichbar.

Exkurs: Überhaupt ist es erstaunlich, welche Mieten für Ladenlokale aufgerufen werden – auch und vor allem von den Shoppingcenter-Betreibern. Da bläht sich ordentlich etwas auf. Auch diese Blase wird platzen – und dann wird es wieder jammernde und weinende Unternehmen geben. Viele Läden von Marken dienen dem Marketing, werfen aber keine Renditen ab. In den USA ist das Shoppingcenter-Sterben recht weit fortgeschritten. Aber für die Betreiber ist das kein Problem: Ich vermute spätestens nach fünf, wahrscheinlich aber schon nach drei Jahren annähernder Vollvermietung geht das Geld verdienen los. Wenn also nach zehn, 15 oder 20 Jahren das Licht ausgeht, ist die Ernte schon längst eingeholt. Weinen werden dann übrigens auch die Kommunen, die sich die Ansiedlung von Shoppingcentern so sehr wünschen. Das führt nur zu einer kurzfristigen Befriedigung der Verwaltungschefs in den Rathäusern.

Massiven Druck übt natürlich auch das sich ändernde Einkaufsverhalten und der E-Commerce aus. Immer wieder hört man, dass es in der Innenstadt manche Dinge wie Kurzwaren nur noch im Warenhaus gibt. Hier kommt wieder der Long Tail um die Ecke. Im Netz gibt es alles, die kleinste Nische wird bedient. Dort gibt es auch Kurzwaren. Was es dort nicht gibt, ist das haptische Einkaufen. Das mögen jene vermissen, die damit noch groß geworden sind. In spätestens 15 Jahren ist der Großteil der Kunden anderes Einkaufsverhalten gewohnt. Dazu gehört dann vielleicht eine bessere Planung, das Bestellen unterschiedlicher Artikel zur Auswahl oder auch die Bindung zum Online-Shop des Vertauens. Man mag den guten alten Zeiten mit kompetenter Beratung und face-to-face-Kontakten dann nachtrauern. Das wird den Nostalgikern nur nichts mehr nützen. Von wegen Beratung und Service: Tatsache ist doch, dass auch diese Aspekte nur noch rudimentär in den Warenhäusern vorhanden sind. Die hohe Personaldichte ist ja bereits der Krise der vergangenen 20 Jahre zum Opfer gefallen.

Umstände und häufig auch Management haben dazu beigetragen, dass die Warenhäuser am Rande des Exitus sind – von dort gibt es kein zurück mehr. Warenhäuser waren Häuser!

Flattr this!

Kanzlerkandidaten-Exegese

Ich bleibe dabei: Man nimmt es ihm nicht ab. Frank-Walter Steinmeier hat beim SPD-Parteitag ein kämpferische Rede gehalten, wie es die Kommentatoren in Zeitung, Funk und Fernsehen dann immer nennen. Die Zeitungen sind voll von Kanzlerkandidaten-Exegese. „Ich will Kanzler aller Deutschen werden“ wird dann als Machtanspruch gedeutet. Ach so. Da hat also die SPD tatsächlich einen Kanzlerkandidaten gekürt, der Machtanspruch hat. Entschuldigung, aber so blöd können noch nicht einmal Sozialdemokraten sein, einen Kandidaten zu küren, der keine Lust auf das angestrebte Amt hat.

Steinmeier ist einfach kein richtiger Sozi. Eigentlich ist er auch kein guter Redner. Am Sonntag ist er tatsächlich über seinen Schatten gesprungen. Es ist wohl sogar so, dass er frei gesprochen hat. Augenzeugen zufolge sollen die Delegierten im Saal kurzzeitig tatsächlich gedacht haben, dass die SPD mit Blick auf die Bundestagswahl noch nicht geschlagen ist. Ein Traum in Rot.

Immerhin liegt jetzt einmal ein Wahlprogramm auf den Tisch, das durchaus einige Akzente setzt. Die Union ist das noch schuldig. Angesichts der Wirtschaftskrise müssen sicher langfristige Ziele nochmals überdacht werden. Mal sehen, was am Ende dabei herauskommt.

Auch bei der FDP darf man interessiert auf das fertige Papier warten. Die Liberalen stehen wie keine andere Partei für das „weiter so wie bisher“. Umso erstaunlicher ist es, dass die Liberalen sogar in Zeiten, in denen laut nach beispielsweise einer Regulierung des Finanzwesens gerufen wird, einen Erfolg nach dem anderen feiern. Wie können Liberale auf den Zug aufspringen und auch mehr Staat fordern, wenn alle – außer vielleicht den Liberalen selbst – der Meinung sind, dass der Kapitalismus in Reinform offensichtlich nicht das Modell der Zukunft ist, sondern eher irgendeine Spielart der sozialen Marktwirtschaft? Sie werden eine Lösung finden, die Westerwelles und Niebels.

Die Linken dürften da leichtes Spiel haben und den Einzug in den Bundestag erneut schaffen. Auch die Grünen werden sicher noch weiter profitieren. Irgendwie hat man das Gefühl, Grün könnte das neue Rot werden. Ich bleibe bei der Meinung, dass die Sozialdemokraten nachhaltig in einer Krise stecken. Es kommt zu einer neuen Ordnung. Aus heutiger Sicht wird nichts an der schwarz-gelben Regierung vorbeiführen. Die Union positioniert sich wieder als Partei, die für (christ-)soziale Marktwirtschaft steht. Die mögliche Rolle der FDP ist noch nicht ganz definiert.

Die nächsten Wochen und Monate werden interessant, nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Politik – dieser Aussage kann sicher jeder zustimmen.

Flattr this!

Scanwiches

Was man mit Hamburgern, Cheeseburgern, Big Macs und Stullen aller Art so alles machen kann. Vor allem, wenn man ein Nerd ist.

Kreativität ist gefragt – und wenn sie antwortet, dann kann es passieren, dass sehr schöne Querschnittsbilder von Fast Food entstehen.

Fast Food, ein Scanner – der es einem nicht über nimmt, wenn Babecue-Soße über die Glasscheibe rinnt – und ein scharfes Messer genügen, um seinem Kreativitätsschub freien Lauf zu lassen.

Nachahmer braucht es wahrscheinlich nicht. Die Scanwiches sind perfekt. Ich bin froh, dass man Gerüche noch nicht übers Netz verschicken kann. Wenn das kommt, meide ich solche Websites – garantiert. Ich finde nämlich: Wenn man einen triefenden Hamburger und die dazu passenden Pommes mit Ketchup nicht selber schlotzt, gibt es kaum eine schlimmere Geruchsbelästigung im geschlossenen Räumen.

Flattr this!

Sie ist zurück

Gar nicht verschwunden gewesen, ist sie nun mit aller Macht zurück: Die Schweinegrippe oder mexikanische Grippe – oder was auch immer.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat den Pandemie-Fall ausgerufen. Das ist eine Nachricht – und was machen die Medien. Sie kolportieren die Nachricht. Sie haben keine andere Wahl.

Wenn jetzt völlig unbegründete Panik entstehen sollte, muss man sich fragen: Wer ist daran schuld?

In der Zeit steht ein auf den ersten Blick ein sehr kompetenter Aufsatz darüber, dass die WHO gar nicht so recht weiß, was sie da vermeldet hat und vor allem warum. All die Sicherheitsvorkehrungen, auf die es in einem solchen Fall ankommt, wurden ergriffen. Die Aufmerksamkeit für das Virus ist da. Panik ist nicht angebracht – könnte aber durchaus entstehen, wenn man sieht, dass es eher selten vorkommt, dass die WHO diese höchste Warnstufe ausspricht.

Letzte Zahlen sagen, das 30000 Schweingrippe-Fälle dokumentiert sind und 130 Menschen daran gestorben sind. Noch einmal zur Erinnerung: An der Standardgrippe sterben allein in Deutschland jährlich tausende Menschen.

In jedem Fall muss die WHO überlegen, was sie eigentlich für Regeln haben möchte und was sie erreichen möchte. Im Prinzip gibt es keine neuen Erkenntnisse. Das Virus ist unterwegs – vergleichsweise harmlos – und die Menschen sind aufmerksam. Nur jetzt ist die Saat für eine wachsende Panik ausgebracht.

Flattr this!

Schulbücher terminiert

Der Arnie traut sich was. Das war früher so, als er als Terminator und Eraser über die Kinoleinwände zog. Und heute als Gouverneur von Kalifornien ist das genauso.

Jetzt hat er beschlossen, die gedruckten Schulbücher abzuschaffen und sie gegen elektronische Varianten auszutauschen. Die herkömmlichen Werke seien zu schwer und zu teuer. Punkt. Kalifornien ist ein Hochtechnologie-Standort, das muss man auch auf diesem Weg dokumentieren, sagt er. Schon im Herbst sollen die Lehrwerke wahrscheinlich auf einem speziellen E-Book-Reader zur Anwendung gelangen.

Wie das wohl die deutschen Schulbuchverlage sehen? Ich glaube, Schwarzenegger geht da einen richtigen und zukunftsweisenden Schritt. Mittelfristig sollte man auch bei uns über die Digitalisierung der Schulbücher nachdenken. Sicher sind die Hindernisse nirgends höher als in Deutschland – gerade wenn man an Lehrer und Eltern denkt.

Die Vorteile sind aber immens. Ständig wird beklagt, dass die Kinder zu schwere Ranzen schleppen. Ein E-Book-Reader wiegt nur den Bruchteil eines mobilen Bücherregals. Schmierereien in Büchern wären auch passé. Über interaktive Elemente könnte das digitale Schulbuch zu einem echten Arbeitsbuch werden. Auswertungsmöglichkeiten durch die Lehrkräfte wären ohne Medienbruch möglich. Mehr Transparenz, höhere Automatisierung – die Industrialisierung des Bildungsbetriebs in Bereichen, in denen es absolut Sinn macht. Die menschliche Komponente vergesse ich nicht. Sie hat im täglichen Offline-Umgang mit Kindern und Jugendlichen noch immer genug Raum.

Diese Dienstreise also könnte sich lohnen: Kultusminister fahrt nach Kalifornien und schaut Euch die Lösung an! Entlastet die Kinder und nutzt das Potenzial!

Flattr this!

Schöner shoppen in der Pleite

Arcandor hat nicht bis zum Freitag gewartet. Der Konzern hat schon heute Insolvenzantrag gestellt. Gestern hat die Regierung Geld aus dem Deutschlandfonds verweigert. Einen Notfallkredit wollte man auch nicht herausrücken. Die Hauptaktionäre hätten sich etwas mehr hineinknien sollen, meint die Regierung. Eine letzte Möglichkeit zur Nachbesserung des Angebots hat es dann noch gegeben. Aber man wollte nicht. Sal. Oppenheim und Madeleine Schickedanz wollten wohl auch nicht.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg kommt diese Entscheidung sicher recht. Bei Opel hätte er sich einen ähnlichen Verlauf gewünscht. Das wollte wiederum der Rest der Regierung nicht. Jetzt jammern die Angestellten. Das ist verständlich, schließlich ist es Missmanagement gewesen, das sie in diese missliche Situation manövriert hat. Sie haben ihren Beitrag zur vermeintlichen Sanierung erbracht und auf Lohn verzichtet. Jetzt erhalten sie jene Quittung, die andere hätten erhalten müssen.

Karl-Gerhard Eick, derzeitiger Konzernlenker, kann natürlich am wenigsten für den Scherbenhaufen, vor dem er mit seiner gesamten Belegschaft steht. Die Hauptaktionäre haben sicher anderes erhofft, als sie ihn auf den Chefsessel hoben. Als ehemaliger Telekom-Mann hat er beste Beziehungen nach Berlin. Der ehemalige Staatskonzern hat eine eigene Stabsabteilung für Lobby-Arbeit an der politischen Front. Seine Beziehungen konnte er offensichtlich nicht ausspielen in dem Kampf um Staatsknete.

Jetzt wird ein Planinsolvenzverfahren angestrebt. So soll der Laden tüchtig aufgeräumt werden. Die Mitarbeiter werden jetzt drei Monate vom Staat bezahlt. Der Steuerzahler mussalso in jedem Fall bluten. Bei Karstadt müssen Stellen gestrichenwerden. Bei Quelle wird es auch nicht ganz glimpflich ablaufen. Ob Thomas Cook und die mutmaßlich profitablen Spezialversender und HSE24 verkauft werden können, ist noch nicht ganz klar. Wie werden nun Kaufhof und Otto als potenzielle Übernehmer der Geschäft von Karstadt und Quelle reagieren? Füße stillhalte oder vielleicht doch zu einem guten Preis zuschlagen.

Ein Kapitel ist abgeschlossen – aber die Story ist noch lange nicht zu Ende.

Flattr this!

Rot ist tot

Es ist tatsächlich so: Die Deutschen trauen der SPD nicht zu, die richtigen Lösungen für ihr Land zu entwickeln. Die Sozialdemokraten wurden bei der Europawahl mit Missachtung bestraft. Es ist schwer zu sagen, ob die Haltung der SPD bei den Diskussionen um Staatshilfen für Opel und Arcandor mit ausschlaggebend waren. Möglicherweise haben vielleicht einfach auch die SPD-Anhänger noch nicht einmal mehr Lust auf ihre Genossen.

Frank-Walter Steinmeier ist wahrscheinlich zudem der falsche Mann für die Kanzlerkandidatur. Gerade im Wahlkampf kommt er besonders unglaubwürdig rüber. Die emotionalisierenden Sozi-Reden nimmt man ihm nicht ab. Dazu kommt noch für die etwas anders gepolten Sozialdemokraten, denen das Genossen-Gerede sowieso schon zu viel ist, und dennoch ihrer Partei die Stange halten, dass Steinmeier offensichtlich noch Nachholbedarf bei den Themen BWL und VWL hat. Das kommt in Zeiten wie diesen gar nicht gut.

Franz Müntefering muss sagen, dass die Wahlschlappe noch nicht zur Hochrechnung für die Bundestagswahl taugt. Er weiß selbst, dass das nicht stimmt. Die SPD wird sich von der Regierungsbank verabschieden. Das ist klar. In Deutschland wird Schwarz-Gelb das Ruder übernehmen.

Die Liberalen gehen gestärkt aus den Europawahlen hervor, obwohl sich ihre Spitzenkandidatin Silvana Koch-Mehrin ziemlich starkem Gegenwind wegen ihres mutmaßlichem Fernbleibens von Parlaments-Sitzungen und Auschuss-Treffen ausgesetzt sah. Gerichtliche Verfügungen haben Schlechtrednern die Grenzen aufgezeigt. Sie wird nun aber sicher unter genauerer Beobachtung stehen. Den Wählern war das Ganze aber augenscheinlich egal.

Auch die Grünen gehören zu den großen Gewinnern in Deutschland und manch anderen EU-Staaten. Tragisch: In vielen Ländern haben Rechtsradikale und -extreme den Einzug ins Europäische Parlament geschafft. Oft handelt es sich um EU-Gegner. Das wird die Arbeit im Abgeordnetenhaus sicher nicht leichter machen.

Insgesamt ist es für die Sozialdemokraten nicht so gut gelaufen. Aber das deutsche Ergebnis ist schon sehr speziell und zukunftweisend. Was soll der taumelnde Boxer SPD nun machen? Die Zeit ist knapp. Steinmeier hat vor allem in der Wirtschaft seinen Kredit verspielt. Müntefering wird einige schlaflose Nächte verbringen. Wie fühlt es sich an, wenn man mehr oder weniger tatenlos zusehen muss, dass die Niederlage naht, einen niederschmettern wird? Welches Wunder kann helfen? Nur etwas völlig Unvorhergesehenes kann der SPD noch helfen.

Erinnert sich eigentlich noch jemand an Andrea Ypsilanti und ihre peinlichen Gehversuche auf der großen politischen Bühne?

Flattr this!

Mitleidstour

Eigentlich würde ich gern auch wieder über etwas anderes schreiben. Aber der Fall Arcandor lässt mich nicht los. In allen politischen Reden kommt Arcandor vor. Angela Merkel hat bei einer Wahlkampfrede gestern nochmal betont, dass man sehr genau prüfen müsse, welche Unternehmen Geld aus dem Staatsfonds erhalten und damit dem Steuerzahler auf der Tasche liegen. Im Prinzip hat Arcandor schlechte Karten. Auch in den anderen Parteien, ausgenommen der mutmaßlich sozialen, ist man nur wenig von der Hilfsbedürftigkeit aufgrund der Wirtschaftskrise überzeugt.

Ein Arcandor-Sprecher hat schon einmal angekündigt, dass man wohl Insolvenz anmelden muss. Vielleicht schneller als gedacht. Auch Ex-Chef Thomas Middelhoff zieht wieder die Aufmerksamkeit auf sich. Er sieht sich einer Reihe von Vorwürfen ausgetzt. Vom Immobiliendeal könnte er mit seiner Frau profitiert haben. Auch das Thema Insolvenzverschleppung könnte ihn irgendwann noch einholen.

Jetzt wird erstmal auf die Tränendrüse gedrückt, während die Politik sehr richtig (sic!) darauf hinweist, dass der Konzern noch Potenzial hat, die Situation selbst zu verbessern. Zur Not muss man eben versuchen, Thomas Cook zu versilbern und das Handelgeschäft neu zu organisieren.

In der CDU hat man übrigens tatsächlich schon erkannt, das Karl-Theodor zu Guttenberg ein für die Partei nützlicher Wirtschaftsexperte ist. Nun bleibt anzuwarten, inwieweit CSU und Schwester das honorieren – konkreter: mit welchem Posten.

Flattr this!