Wahlkampf am Vatertag

Der Wahlkampf auf Facebook zwischen den beiden mutmaßlich aussichtsreichsten Bürgermeisterkandidaten für Bickenbach hat recht flott Fahrt aufgenommen.

Keine Frage, als Bickenbacher hat Markus Hennemann (SPD) sehr gute Aussichten, den Kampf ums Rathaus für sich zu entscheiden. Der Heimvorteil kommt ihm auch auf Facebook zugute.

Noch hat René Kirch, der Kandidat der CDU mehr Fans auf Facebook (270 vs. 195 von Markus Hennemann). Allerdings hat er sicher nicht die meisten Fans aus Bickenbach – und zudem ist seine Seite schon länger am Netz. Aber auf die Bickenbacher kommt es schließlich an, wenn am 24. September der Nachfolger von Günter Martini (CDU) gewählt wird.

Kirch gibt sich zusammen mit seinen Unterstützern und Parteifreunden der CDU in Bickenbach große Mühe, sich bekannt zu machen und die Kommune besser kennen zu lernen. Das dokumentiert er auch ausführlich auf Facebook. Spaziergang durch die Kommune, Fotoshooting an Bickenbacher Orten, Besuch des Repaircafés, Lob der Arbeit der Feuerwehr. Ein bunter Strauß an Themen, die zeigen, dass Kirch sich intensiv mit „seiner“ Kommune auseinandersetzt. Das ganze wirkt aber noch nicht sehr befreit. Aber es ist ja noch Zeit, um dieser Beziehung mehr Wärme und Echtheit zu verleihen.

Markus Hennemann hingegen wirkt derzeit etwas authentischer – klar, er ist Bickenbacher und mit den neuralgischen Punkten und Fragen, die Bickenbach und die Bickenbacher beschäftigen, bestens vertraut. Er hat dem Bahnhof einen Besuch abgestattet und einige Worte zum Umbau der Bahnsteige verloren. Er spricht über die Aufwertung der Pfungstädter Straße durch die Eisdiele „Da Massimo“ und die Bäckerei Liebig (übrigens zwei Pfungstadt-Exporte) und setzt eine Bildergalerie in Facebook, die ihn Eis essend im Kreise seiner SPD-Freunde zeigt.

An Christi Himmelfahrt, vulgo Vatertag, haben beide Kandidaten die Gelegenheit genutzt, sich als Vater und Familienmensch zu präsentieren. Gemeinsame Aktivitäten bzw. das Verbringen von Zeit mit der Familie/den Kindern stand hier im Fokus. Das wirkt auf mich insgesamt ganz sympathisch. Klar, ich arbeite mit Vätern, bin selber Vater und habe klare Vorstellungen davon, was Vatersein bedeuten sollte.

Interessant sind die unterschiedlichen Herangehensweisen. Während Hennemann (2 Kinder) sich zusammen mit Frau und Kindern gut erkennbar zeigt – gibt es bei Kirch (4 Kinder) die Kinder nur von hinten zu sehen. Ob sich das die ganze Zeit so durchhalten lässt?

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Wahlkampf in Bickenbach gestartet

Das ist doch ein Anlass wieder in meinem Blog tätig zu werden: In unserem beschaulichen südhessischen Dorf namens Bickenbach stehen Bürgermeisterwahlen an – und zwar am Tag der Bundestagswahl, am 24. September 2017.

Die Kandidaten heißen, Stand heute:

  • Patrik Ebbers (unabhängig)
  • Markus Hennemann (SPD)
  • René Kirch (CDU)

Ich werde die Wahl hier ein wenig begleiten, mit einem besonderen Fokus auf den Social-Media-Wahlkampf.

Ein erster Eindruck: René Kirch startet auf Facebook schon zu Beginn richtig durch. Zudem verfügt er über einen Twitter-AccountMarkus Hennemann und dessen Team hat erkannt, dass Rene Kirch die sozialen Medien intensiv nutzt und jetzt auch damit begonnen, Fans für die Kandidaten-Page auf Facebook zu generieren.

Gelegentlich werde ich mich mit den Inhalten auf den Seiten auseinandersetzen. Zudem ist geplant, Interviews mit den Kandidaten zu ihren Wahlkampfaktivitäten in den sozialen Netzwerken zu führen.

Als Hashtag für die sozialen Netzwerke schlage ich vor: #bgmfuerbickenbach

 

 

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Wenn die Schulturnhalle zur Aufnahmestelle für Flüchtlinge wird

Mit diesem Beitrag kehre ich mal wieder auf meine Scholle zurück.

Unser großer Sohn besucht Klasse 6 der kooperativen Gesamtschule Schuldorf Bergstraße in Seeheim-Jugenheim. Am Freitag sickerte langsam, aber in der Rezeption umso heftiger ausfallend, durch, dass zwei von drei Schulsporthallen ab sofort nicht mehr für den Schulbetrieb genutzt werden können, weil sie als Notunterkünfte für die Erstaufnahme von Flüchtlingen („Überlaufeinrichtung“) genutzt werden müssen. So hat es der Landkreis Darmstadt-Dieburg verfügt.

Die Erstinformation erfolgte über die Schulleiterin. Ab sofort, so heißt es in dem Schreiben, werden sich die Klassen 1 bis 9 (es ist am Schuldorf auch eine Grundschule vorhanden) zum Sportunterricht am Klassenraum mit ihrer Sportlehrkraft treffen, um dann die Entscheidung entgegenzunehmen, wie der Schulsport an diesem Tag stattfindet. Auch die Oberstufenschülerinnen und -schüler treffen sich zunächst, um über das weitere Vorgehen an dem entsprechenden Tag zu entscheiden. Viele der Sport-AGs, die an der Schule mit einem Sportschwerpunkt angeboten werden, entfallen ab sofort ersatzlos. Die Turnhallen werden mit einem Bauzaun von der Umwelt abgeschottet. Ein Sicherheitsdienst werde engagiert, um das Gelände zu sichern.

Das sind die Fakten, die die Schulgemeinde erreicht hat. Der zugehörige Beitrag in der regionalen Tageszeitung Darmstädter Echo (auch online verfügbar) liest sich da ein wenig anders. Dort wird der Landrat zitiert, dass vorerst zwei andere auserwählte Sporthallen im Landkreis belegt werden. Bei Bedarf werden dann auch die Hallen im Schuldorf Bergstraße vorbereitet und belegt. Die beiden Hallen werden bis auf Weiteres vom Schulsport nutzbar sein, heißt es dort.

Wieder einmal stellt sich die Frage, wie es zu solch unterschiedlichen Aussagen kommen kann. Ganz anschaulich zeigt sich hier die Überforderung von Politik und Verwaltung. Die Schulleitung hat mit Sicherheit nur das weitergegeben, was ihr aufgetragen wurde. Nun ist die Frage, ob der Landrat zu einem späteren Zeitpunkt die Presse mit bewusst anderen Informationen versorgt hat, oder ob sich innerhalb von Stunden oder Tagen die Planung tatsächlich geändert hat. In beiden Fällen ist Kritik angebracht. Gelungene Informationspolitik sieht anders aus.

Selbstverständlich handelt es sich hier nämlich um ein extrem sensibles Thema, das mehr als kontrovers diskutiert wird. Das zeigt sich in den noch spärlichen Kommentaren unter dem Beitrag auf echo-online.de, aber noch deutlicher ist es auf Facebook (was zu erwarten ist).

Um noch einige konstruktiv-kritische Anmerkungen hinzuzufügen: Auch der Beitrag in der Zeitung hat mit Qualitätsjournalismus nur wenig zu tun. Nur ein Bürgermeister wurde gehört, obwohl zwei Kommunen betroffen sind. Die Schulleitungen hätten zu Wort kommen sollen – und vielleicht auch Schüler- und Elternvertreter. Mir diesem ungaren Artikel sorgt auch das Darmstädter Echo nur für unvollständige Informationen, wobei gerade hier besonders genau berichtet werden sollte, um Gerüchten nicht noch weitere Nahrung zu geben.

Das Thema wird den Landkreis weiter beschäftigen, die Stimmung spannt sich an – wie an vielen anderen Stellen des Landes auch, an denen bereits ähnliche Entwicklungen vollzogen wurden. Mein Appell: Politik und Medien, nehmt die Menschen mit. Sorgt für eine optimale Kommunikationsstrategie. Die Kommentar-Threads auf Facebook sollten nicht die einzige Informationsquelle der Menschen vor Ort sein.

Update vom 13. Oktober 2015: Das Darmstädter Echo hat die Geschichte ein wenig weitergedreht, hat den Fokus aber stark auf die betroffenen Sportvereine gelenkt. Ein bisschen Stellungnahme einer Schulleitung dazu – und schon soll ein vernünftiger journalistischer Text fertig sein. Aus meiner Sicht fehlen immer noch Stimmen der Elternvertretungen, der Schüler.

Und wenn wirklich stimmt, was in dem Text steht, habe ich noch einen Tipp: Sportverbände, Ihr solltet jetzt auch langsam auf den Trichter kommen, dass Ihr Regeln für den Fall braucht, dass Wettkämpfe wegen der Flüchltingsunterbringung in Sporthallen nicht stattfinden können. Es kann wohl kaum sein, dass Sportvereine dafür bestraft werden, wenn Sie einen Wettkampf aufgrund der besonderen Situation nicht ausrichten können.

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Einmal blitzdingsen, bitte

Könnte mal jemand die Menschen blitzdingsen. Damit sie wieder bei Null beginnen und den ganzen verquasten Kram, der in deren Köpfen herumspukt einmal vergessen. Ganz besonders von der Löschung der Erinnerung sollten die Teile des Gehirns betroffen sein, in denen sich politische Gedanken befinden, in denen sich der politische Speicher lokalisieren lässt. Einmal blitzdingsen, bitte. Dann von vorne anfangen. Alle Vetternwirtschaft abschalten. Günstlingskram vergessen. Nullpunkt setzen. Aufhören sich in Machtstrukturen zu bewegen, von denen diese Leute gar nicht mehr wissen, dass sie darin verstrickt sind.

Koalitionsverhandlung, große Koalition: Ich kann es nicht mehr hören. In den Gesprächen über Menschen werden die Menschen vergessen, weil sich die Politikerkaste ausschließlich um sich selbst bewegt, um ihre Ideologien, um ihre Machtansprüche. Bodenhaftung? Fehlanzeige. Es wird geredet und geredet. Dann werden die bösen (oder vielleicht eher blöden?) Medien instrumentalisiert. In die Öffentlichkeit gelangen Aussagen, die die Gegenpartei und auch die in den Verhandlungen gar nicht beteiligten Gruppen aufscheuchen sollen. Unruhestiftung nennt man das. Eigentlich ein verpöntes Vorgehen. Aber wenn angesehene (sic!) Politiker sich entsprechender Mittel bedienen, ist es ja in Ordnung. Das spürt man.

Glaubt eigentlich irgendjemand der Damen und Herren Unterhändler, dass die Menschen sich in diesem Moment von ihnen vertreten fühlen? Glauben sie es wirklich? Mehr Schein als Sein. Falsch. Nur Schein, kein Sein.

Lustig auch wie die Sozialdemokraten versuchen, die parlamentarische Demokratie auszuhebeln, indem sie die Entscheidung für oder gegen die Koalition von der Basis abhängig machen wollen. Was haben die Wähler eigentlich gewählt? Und überhaupt. Wer glaubt wirklich daran, dass die Masse der Menschen in einzelnen Punkten in der Lage ist, bessere Entscheidungen zu treffen, als wahre Mandatare, die diesen Namen auch verdienen? Unsere Demokratie funktioniert anders, es handelt sich nicht um eine direkte Demokratie und das ist auch richtig und stimmig. Wir brauchen keine Volksabstimmungen. Agitatoren und Populisten warten nur auf die Chance, sich und ihre Ideen zu profilieren. Der Beweis ist nicht geführt, dass es allen besser geht, wenn alle über Dinge entscheiden, die alle angehen.

Es wäre ganz gut, wenn ein Blitzdingsen wie im Film möglich wäre. Dann könnte man sich noch einmal die Erfahrungen aus der Weltgeschichte vergegenwärtigen, ohne nur an parteipolitische Interessen und Machterhalt und/oder -ausbau zu denken. Das ist der grundsätzliche Gedanke, leider eine Vision.

Konkret können nur Neuwahlen die Politiker und die Menschen aufrütteln. Die Gefahr und gleichzeitig Teil des Aufrüttelungsprogramms: Populistsiche Parteien wie die AfD kämen in den Bundestag und bekämen eine Bühne, die ihnen in einem geblitzdingsten Land niemals zustehen würde. Sie hätten auch niemals eine Chance, wenn Politik wirklich und wahrhaftig für die Menschen da wäre. Das ist das Ziel, dort müssen wir hin.

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Stoppt die Ökonomisierung von Kindern und Familien!

In diesen Wochen und Monaten ist viel Schwachsinn über Familienpolitik, vor allem in ihrer vermeintlich modernen Form, zu lesen und zu hören. Die Modernen meinen, dass Familienpolitik nur dann gut ist, wenn Eltern möglichst wenig Zeit mit ihren Kindern verbringen und dafür umso mehr Zeit haben, der Volkswirtschaft etwas Gutes zu tun. Wir hören davon, dass professionelle Kindererzieher besser für unsere Kinder sind als wir Eltern. Den schlechten Familienpolitikern wird an Stellen vorgeworfen, dass sie schlecht sind, an denen sie gerade noch gut sind und tatsächlich Politik für Familien machen. Dabei geht es um finanzielle Zuwendungen, die der Staat übrigens mehrfach verzinst wieder bekommt. Ohne Familien übrigens wäre unser Sozialsystem tot, Generationenverträge wären hinfällig.

Diese „modernen Familienpolitiker“ glauben, dass die Menschen den innigen Wunsch haben Kinder in die Welt zu setzen, um sich später nicht mehr um sie kümmern zu müssen. Tatsächlich gibt es solche Menschen. Hier werden Kinder zu Status Symbolen, Dingen, Gadgets. Hier handelt es sich zum Glück um die Minderheit. Uns soll aber vorgegaukelt werden, dass dies die Regel ist. Eine Menge Protagonisten sind hier am Start – ja, ich darf auch die Medien erwähnen. Es gibt „Eltern“-Magazine, die Tipps geben, welche Urlaubsorte sich eignen, um die Kinder den ganzen Tag nicht sehen und hören zu müssen. Die Journalisten und Medienmacher sagen uns, dass wir unbedingt Zeit ohne unsere Kinder verbringen sollten. Nur dann sind wir glücklich. Unfug.

Bei allen Diskussionen geht es in den seltensten Fällen um das Wohl der Kinder. Es geht immer nur um die Selbstverwirklichung der Erwachsenen. Und wirtschaftliche Interessen. Die Politik lässt sich von den Lobbyisten vorführen. Besonders schockierend ist das beispielhaft an den Sozialdemokraten zu beobachten. Welch ein Geschrei kommt aus ihrer Ecke. Gegen Betreuungsgeld, für die flächendeckende Betreuung von Kindern unter drei Jahren, am besten kostenlos für alle. Ganztagsschulen auch schon in der Primarstufe. Voller Durchgriff des Staates auf die Kinder. Sozialdemokratie wird hier zu Sozialismus. Ich hätte nie gedacht, dass ich diesen Satz einmal schreiben würde. Diese Geisteshaltung macht die Sozialdemokraten für jeden unwählbar, dem Freiheit und Demokratie am Herzen liegen. Allerdings ist nicht ganz klar: Ist die Sozialdemokratie der verlängerte Arm der Wirtschaft oder ist das Ziel Sozialismus, also das Einbläuen von Staatsräson in die noch jungen Kinderköpfe. Beides ist eine Katastrophe für Menschen, die aus Überzeugung sozialdemokratisch denken und handeln wollen.

Ich pfeife auf die „moderne Familienpolitik“ dieser Machart. Interessant ist auch die Beobachtung, dass „moderne Familienpolitik“ immer mit „moderner Frauenpolitik“ in einem Zuge genannt wird. Es ist aber auch Zeit für moderne Männerpolitik. Und das heißt, dass unsere verbohrte Gesellschaft endlich akzeptieren sollte, dass Männer eine Chance bekommen müssen, ihre Vaterrolle so leben zu können, wie diese es möchten. Wenn Männer mehr Väter sein dürften, dann könnten Mütter auch wieder mehr Frauen sein. Damit wäre allen gedient. In erster Linie den Kindern und dann auch Frauen und Männern. Schlimm ist, dass vor allem Männern dieser Gedanke so gut wie gar nicht in den Sinn kommt. Sie meinen immer, sich für Frauen stark machen zu müssen. Die Männer müssen noch viel lernen. In Wirklichkeit haben viele von den Mächtigen in Politik und Wirtschaft Angst, sich mit ihrer Männerrolle und vor allem Vaterrolle auseinanderzusetzen. Hier warten die Herausforderungen des Lebens. Im Beruf kann man sich schön verstecken und die Arbeit den Frauen oder noch schlimmer dem Staat überlassen, sich um die Kinder und deren Wohl zu kümmern.

Also Männer, kommt aus euren Bequemlichkeitsnischen. Setzt euch für das Wohl von Kindern und Familien ein. Ihr dürft dabei sogar an euch selber denken.

PS: An alle Kritiker dieser Zeilen: Ja, ich habe das Für und Wider für alle Aspekte, über die ich hier meine Meinung äußere, bedacht. Ja, es gibt Kinder, für deren Wohl es besser ist, nicht zu viel Zeit mit den eigenen Eltern zu verbringen. Zum Glück ist das aber noch nicht die Regel. Diesen Kindern sollen und müssen andere Möglichkeiten geboten werden. Übrigens ist das umso einfacher und zielorientierter möglich, je stärker präventive Familienbildung gefördert wird. Hierzu hört man von den selbsternannten „modernen Familienpolitikern“ nichts. Warum? Weil sie gar nicht wissen, dass es so etwas gibt. Dann wissen sie leider auch nicht, dass diese Arbeit furchtbar schlecht finanziell ausgestattet ist. Der Familienbildung fehlt leider die Lobby, auch hier gibt es noch reichlich zu tun.

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Kita-Gebühren in Bickenbach: Heute mal etwas Lokales

Kinderbetreuung und ihre Organisation und Institutionalisierung ist ein großes Thema. Die Bundespolitik und alle anderen politischen Ebenen sind damit befasst. Gerade steht das Thema auch wieder in unserer Kommune, Bickenbach an der Bergstraße, ganz oben auf der Tagesordnung. Und wie so oft geht es um das liebe Geld.

Saftige – von der Politik euphemistisch als Anpassungen bezeichnete – Erhöhungen der Kita-Gebühren sind vergangene Woche vom Gemeindeparlament verabschiedet worden. Die Gemüter sind erhitzt. Eltern wettern gegen Politiker, Eltern wettern gegen Eltern.

Erstmal die Fakten: Die Krippe wird in Zukunft 400 statt 300 Euro (inklusive Essen und Windeln) kosten, der Kinderhort 210 Euro statt 145 Euro, ein Ganztagsplatz (7-17 Uhr) 200 Euro statt 135 Euro, in der Kernzeit beträgt die Gebühr ab dem 1. August 2012 80 statt 81 Euro. Auch die Gebühren für die Betreuung in der Grundschule werden angehoben. Ein Ganztagsplatz wird künftig 200 Euro statt 140 Euro kosten, ein Halbtagsplatz 125 statt 87 Euro. (Letzteres ist übrigens von der Elternschaft noch nicht so richtig wahrgenommen worden, was ich aber nur deshalb vermute, weil offiziell von Seiten der Elternschaft hier noch nichts verlautbart wurde.)

Die Gemeinde hat die Gebührenstruktur acht Jahre lang nich angefasst. Und jetzt ist der Schritt umso drastischer. Ungeschickt war die Kommunikationspolitik, um die Nachricht der aktuellen Gebührenerhöhung in die Breite zu tragen – oder eben auch sehr geschickt, je nach Blickwinkel.

Acht Jahre lang keine Gebührenerhöhung – das klingt ungewöhnlich. Aber es geht hier eben um Lokalpolitik – und da lässt sich doch einiges plausibel herleiten. Mitte des vergangenen Jahrzehnts hat man ein Neubaugebiet in Bickenbach erschlossen. Das Ziel: Anlocken junger Familien. Dazu gehört auch eine optimale Ausstattung mit einer Kita zu vernünftigen Preisen. Und davon konnte man tatsächlich sprechen. Das Ziel wurde weitgehend erreicht. Alle Grundstücke im Neubaugebiet sind bebaut. Die Spielstraße wird von kleinen Kindern bis hin zum Grundschulalter belebt. Zwei Bürgermeisterwahlen gab es zudem in den vergangenen acht Jahren. Ist ja auch ein kommunalpolitischer Aspekt.

Die Gemeinde hat die Eltern spät über die konkreten Planungen informiert. Dass eine Gebührenerhöhng im Raum steht, ist mindestens seit Jahresbeginn klar, da sich der Bürgermeister spätestens zu diesem Zeitpunkt in diese Richtung geäußert hatte. Und dann kam alles ganz plötzlich: Am 10. Mai gab es eine kurzfristig einberaumte Info-Veranstaltung für die Elternbeiräte der Kita Sonnenland zu der nur der Vorstand erschienen war, was den Bürgermeister überrascht hat, wie er zu Protokoll gegeben hat. Am 22. Mai sollte das Thema abschließend im Haushaltsausschuss behandelt werden, die Abstimmung im Gemeindeparlament stand dann am 24. Mai an. Die Krippengebühr sollte ursprünglich sogar auf 450 Euro erhöht.

In der Kürze der Zeit hat der Elternbeirat keine gemeinsame Linie formulieren können. Das Ergebnis: Einige Eltern haben sich zusammengetan, um einen Alternativvorschlag auszuarbeiten, der eine geringere Erhöhung der Gebühren für Hort- und Krippeneltern gebracht hätte und dafür eine moderate Erhöhung der Gebühren für die Kindergartenkernzeit vorgesehen hat. Aus meiner Sicht ist dieser Vorschlag nicht konsensfähig und zudem keine Lösung. Die Kernzeit hat eine herausgehobene Stellung. Es gibt Kommunen, in denen diese Kernzeit kostenlos ist und damit in noch höherem Maße subventioniert wird, als es in Bickenbach der Fall ist.

Gut 40 Eltern haben sich zu der Gemeindeparlamentssitzung eingefunden. Die Eltern haben Rederecht bekommen. Die Kommunalpolitiker haben sich in einem Punkt umstimmen lassen. Wie erwähnt steigen die Gebühren für einen Krippenplatz nicht auf 450 sondern auf 400 Euro.

Es war alles andere als günstig, dass sich die Elternschaft im Gemeindeparlament nicht mit einer von allen getragenen Meinung präsentiert hat. Eine Vielzahl unglücklicher Umstände hat dazu beigetragen. Und alle Beteiligten haben Fehler gemacht. Eine Vielzahl von Personen wusste um die Pläne. In der gemeindlichen Arbeitsgruppe (von den Parteien besetzt), die das Gebührenkonzept erarbeitet hat, sind Personen mit direktem Kontakt in die Kita und an die Schule. Der Geschäftsführer der AWO family gGmbH, Träger der Einrichtung, ist Vorsitzender der Gemeindevertretung. Sein 1. Stellvertreter hat gute Kontakte zum Kita-Elternbeirats. Auch einzelne Mitglieder des Elternbeirats der Hans-Quick-Schule haben enge Verbindungen zu Mitgliedern der Gemeindevertretung. So lässt sich die Verantwortung für die konkrete Entwicklung in diesem Fall schön von hier nach dort verlagern.

Diese gesamte Gemengelage ist höchst ungünstig. Der Frieden im Dorf ist nachhaltig gestört. Diesen Vorwurf müssen sich die Gemeindeorgane absolut gefallen lassen. Aber auch die Eltern tragen ihren Teil dazu bei. Eigenverantwortung ist gefragt und auch eine gewisse Holschuld ist hier schon vorhanden. Es wäre auch nicht schlecht, wenn man nicht immer erst in die Diskussionen einsteigt, wenn es ums Geld geht.

Und überhaupt sollte mehr inhaltlich und thematisch diskutiert werden. Und alles sollte zum Wohle der Kinder geschehen. Denn eigentlich geht es hier um sie. Schließlich wollen alle nur das Beste für ihre Kinder. Es lohnt sich, sich gelegentlich darauf zu besinnen – ansonsten bleibt es hier bei Sonntagsreden (etwas, was man Politikern allzu gerne vorwirft). Wenn man darauf aufbaut, lassen sich auch respektvolle und wertschätzende Verhandlungen führen.

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Eine Mediengeschichte zum Jahresstart

Die Causa Wulff ist von Beginn an auch eine Mediengeschichte gewesen. Nicht in dem Sinne, wie es einige Politiker dargestellt haben. Die Medien sind nicht Schuld am Verhalten des Bundespräsidenten. Den Schuh muss einzig und allein er sich anziehen. Mittlerweile ist wohl klar, dass seine Tage gezählt sind. Wenn selbst die Freunde nicht mehr zu einem halten, dann ist wohl alles vorbei.

Wie so oft bei den ganz großen Scoops spielt die Bild-Zeitung eine ganz wichtige Rolle (es ist übrigens ganz lustig wie der Spiegel darstellt, dass seine investigativen Kräfte auch an der Geschichte mit dem Privatkredit dran gewesen sind). Ein Geschenk des Himmels war es dann am Ende noch, dass Wulff – nicht mehr ganz Herr seiner Emotionen – einen Wutanruf auf der Mobilbox von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann hinterlassen hat.

Aber nochmal der Reihe nach. Am 13. Dezember hat sich die Welle in Bewegung gesetzt. Zu Anfang gab es noch reichlich Rückendeckung für den Bundespräsidenten. Nicht nur bei den Politikern. Auch in der Bevölkerung war alles noch ganz in Ordnung. Die Salamitaktik, das Rausschmeißen seines Sprechers und die unvollständige Transparenz haben die Skepsis und die Kritik angefeuert. Dass der letzte Kreditvertrag zu Normal-Mensch-Konditionen dann doch erst kurz vor Weihnachten unterzeichnet wurde, hat das Fass bis an den Rand der vollständigen Füllung gebracht. Sowohl die klassischen Medien als auch die Netzgemeinde waren zu diesem Zeitpunkt eher klar und sachlich. Für viele steht sowieso schon lange fest, das Christian Wulff nicht in seinem Amt bleiben kann. Das wurde auch unverblümt so dargestellt. Doch blieb die Häme weitgehend außen vor.

Doch dann kam es zur Instrumentalisierung von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und der Süddeutschen Zeitung durch die Bild-Zeitung. Am Wochenende wurde also bekannt, dass Wulff Diekmann angerufen hat, um ihm Drohungen auf das digitale Band zu diktieren. Seine Meinung zur Pressefreiheit hat Wulff implizit damit auch kundgetan. Das war eine nachhaltige Dummheit. Die Bild-Zeitung hat die Geschichte ausnahmsweise nicht selbst gebracht, sondern so genannte Qualitätsmedien mit der Information versorgt. Ein Geniestreich von Diekmann.

Spätestens jetzt war auch die Netzgemeinde in höchstem Maße aktiviert. Neben sachlicher Auseinandersetzung mit dem Thema kam nun noch ein riesiger Schwall Häme hinzu (dafür steht beispielhaft das hashtag #wulffilme auf Twitter). Das macht deutlich, dass das Amt beschädigt ist, der Respekt ist dahin – und es darf bezweifelt werden, das Christian Wulff der Mann ist, der diesen Respekt als Person und Amtsträger wieder herstellen kann.

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Copygate und seine Folgen

Jetzt muss ich abschließend doch einmal zum Thema Copygate in die Tasten greifen. Zu Guttenberg hat nun getan, was unvermeidbar war. Er hat seinen Hut genommen. Die Ära als Verteidigungsminister ist beendet.

Natürlich kann er seine Schuld nicht eingestehen – dafür ist er zu sehr Politiker. Er war in den vergangenen Wochen schlecht beraten. Im Moment steht er wahnsinnig schlecht da – auch wenn ein Großteil der verbohrten Bevölkerung noch immer zu ihm hält. Was muss man – wenn man ganz genau darüber nachdenkt – von einer Gesellschaft halten, die ihm diesen Betrug durchgehen lassen will. Die deutsche Bevölkerung erwartet von Politiker und Staatslenkern offensichtlich nichts anderes als betrügerisches, verbrecherisches und unglaubwürdiges Verhalten. Das ist das Ende politischer Kultur. Es ist das Ende von Kultur, Gesellschaft und eigentlich allem, was eine Wertegemeinschaft, ein Gemeinwesen, einen Staat ausmacht. Eigentlich bin ich sprachlos – aber offensichtlich bin ich das nie wirklich.

Eigentlich ist nicht er schuld an den Ereignissen der vergangenen Wochen und Jahre. Es war die Mehrfachbelastung als Politiker, Familienmensch und Doktorand. Eigentlich war seine Doktorarbeit schuld. Die Familie war eines der Probleme. Und die Medien, die bösen. Die Medien sind schuld, endlich mal wieder. „Kümmert Euch doch um andere Themen, Ihr blöden Medien. Außenpolitisch ist so viel Musik drin. Lasst mich in Frieden sowie in Lug und Trug leben, Ihr blöden Medien“, hört man es rufen vom Schloss.

Leute, seid froh, dass es noch in Ansätzen so etwas wie Medien gibt, denen Kultur, Gesellschaft und Staat am Herzen liegen. Ihnen ist es zu verdanken, dass mafiöse und verbrecherische und korrupte Strukturen nicht noch mehr Raum greifen in diesem, unserem Land. Für Politikverdrossenheit und Desillusionierung sorgen Politiker schon selbst – die Medien haben hier nur teilweise ihren Anteil. Letzter Nebensatz bezieht sich auf die Bild-Zeitung und ähnliche Organe. Das muss ich leider so deutlich sagen.

Es gibt so viele Dinge in dieser Situation, die man sagen und/oder schreiben müsste. Ich will ein Thema herausheben. Angela Merkel ist so richtig froh, diesen für sie so arg gefährlichen Mann losgeworden zu sein. Sie steht jetzt noch nicht einmal als die da, die für zu Guttenbergs politische Pause gesorgt hat. damit hat sie eine reine Weste für die Zukunft gerettet. Es stimmt, dass der Ex-Verteidigungsminster ob seiner positiven Wirkung auf das Wahlvolk ein gewisses Grad an Wichtigkeit für die christlich orientierten Parteien gehabt hat. Die Bedeutung zu Guttenbergs für die anstehenden Wahlen wird jedoch deutlich überbewertet. Das politische Gedächtnis der gemeinen Bevölkerung ist extrem kurz. Sinnlose Wahlforschung – Entschuldigung, Ihr Statistiker da draußen, die Ihr zu meinem Bedauern Mittel der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten kassiert – hat zu dieser Überbewertung einen wichtigen Teil beigetragen. Merkel kann natürlich sehr gut damit leben, dass zu Guttenberg vorerst von der Bildfläche verschwunden ist. Jetzt ist die Bahn frei. Keiner kann ihr in der Union das Wasser reichen.

Zu Guttenberg-Anhänger mögen heute in Tränen ausbrechen. Ihnen rufe ich zu: Grämt Euch nicht, er wird wieder kommen. Wie gesagt, das politische Gedächtnis des Wahlpublikums ist zu nicht viel Vernünftigem zu gebrauchen. Wenn die Zeit Merkels vorbei ist, wird Karl-Theodor wieder aus der Box herausspringen. Mangels Alternativen. Nach den Ereignissen der vergangenen Stunden und Tage ist es kaum vorstellbar. Das kollektive Gedächtnis wird versagen. Das ist sicher.

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Dann wandern Sie doch aus, Frau Weiguny!

Ich finde es wirklich großartig, wenn sich Akademiker dafür entscheiden, auch mal mehr als ein oder gar zwei Kinder in die Welt zu setzen. Ich finde es auch großartig, dass Bettina Weiguny von der FAS drei Kinder hat. Gefallen kann mir nicht, dass die FAZ seit Monaten, ja eigentlich seit Jahren, gegen das Elterngeld wettert.

Frau Weiguny lässt sich darüber aus, dass es Leute gibt, die sich mit den 3600 Euro (in einzelnen Fällen kommen übrigens noch Zulagen hinzu) zwei Monate Urlaub in weit entfernten Destinationen gönnen. Ich finde das auch nicht sinnhaft, allerdings hätte ich mir solche Eskapaden auch nicht leisten können. Normal verdienende Menschen mit einem spießigen Leben wie ich, müssen nämlich Rücklagen bilden. Dazu kommen noch die Gehaltseinbußen durch Reduzierung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld (falls vorhanden). Dem zu versteuernden Einkommen wird das Elterngeld auch noch hinzugerechnet, Frau Weiguny. Dann ist die Belastung für die armen Steuerzahler, die die Familien an dieser Stelle unterstützen, auch nicht mehr ganz so arg.

Natürlich haben wir unser drittes Kind nicht wegen des Elterngeldes bekommen. Da bin ich völlig bei der Autorin des FAS-Beitrags „Elterngeld zeugt keine Kinder“. Wenn das Elterngeld aber dazu beiträgt, dass das Klima pro Kind in unserer Gesellschaft besser wird, dann lohnt es sich allemal. Es ist doch immer noch so, dass der Großteil der Arbeitgeber es nicht so gern sieht, wenn seine männliche Fachkraft um die Auszeit bittet. In der Wirtschaft, die ein Spiegelbild der Gesellschaft ist, herrscht Familien- und Kinderfeindlichkeit. Wie kann man dieses Thema denn in den Griff bekommen, FAZ, FAS und Frau Weiguny?

Und dabei sind es gerade auch Menschen mit Familie, die eine große Leistungsbereitschaft haben und sehr produktiv sind. Leider kann man das nicht in Zahlen fassen wie das Elterngeld und die Kosten, die die arme Gesellschaft zu schultern hat, um etwas wie Familie zu fördern.

Frau Weiguny ist nicht mehr bereit, den gut Verdienenden ihren Urlaub nach Niederkunft zu finanzieren. Da bleibt nur Auswandern oder weiter Stimmung gegen das Elterngeld zu machen, bis sich eine Regierung findet, die es wieder abschafft. Ich glaube, wir haben andere, dringlichere Probleme

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Koch und BB

Am Ende seiner Regierungszeit ließ er mit Hilfe seiner Kommunikationsstrategen noch heftig dementieren, dass er an die Spitze des Baukonzern Bilfinger Berger wechseln werde, wenn er denn die Politik hinter sich lässt. Der Bild-Zeitung gelang damals dieser Scoop – wobei man da auch vorsichtig sein muss, schließlich kann sogar das Durchsickern der Information Teil der Strategie gewesen sein.

Heute ist nun klar, das der umstrittene Machtpolitiker der Union künftig Boss und Unternehmenslenker sein wird. Ganz spontan kommt einem die Frage: Was qualifiziert einen Spitzenpolitiker für ein solches Amt, außer seinen rhetorischen Fähigkeiten und dem Netzwerk, das er während seiner politischen Laufbahn geknüpft hat? Reicht das tatsächlich schon aus, um die Geschicke eines Unternehmens mit rund 10 Mrd. Euro Jahresumsatz und 68000 Mitarbeitern zu lenken? An der Börse wurde die Nachricht nicht sehr positiv beurteilt.

Das Ganze mutet doch sehr anrüchig an. Es ist kein Geheimnis, dass Bilfinger Berger von dem mit aller Macht von der Koch-Regierung vorangetriebenen Flughafenausbau in Frankfurt profitieren wird. Schäbig ist es allerdings, dass sich vor allem die Politiker anderer etablierter Parteien empören. Schließlich sind auch die Karrieren anderer politischer Spitzenkräfte in der Wirtschaft fortgesetzt worden, nachdem sie keine Lust mehr auf die immer gleichen Machtkämpfe auf der politischen Bühne hatten.

Den Medien tut sich hier ein schönes Feld auf, um diesen Fall und künftige, ähnlich gelagerte Fälle zu beleuchten und zu analysieren. Also Qualitätsjournalismus, jetzt musst Du ran!

Vielleicht wird man allerdings zu dem Ergebnis kommen, dass das Zusammenwachsen von Politik und Wirtschaft – nicht nur durch auf den ersten Blick unsichtbaren Lobbyismus – integraler, systemimmanenter Teil unserer Gesellschaft, unserer Demokratie ist. Das mag man finden, wie man will. Möglicherweise lässt sich dieser Trend aber auch nicht stoppen. Und dann?

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