Quelle am Ende

Eine Erkenntnis bleibt: Die Millionen der Steuerzahler hätte man lieber in die Bildung – anstatt der maroden Quelle den Druck des wohl letzten dicken Katalogs zu finanzieren. Das Traditionsunternehmen wird abgewickelt. Das hat der Insolvenzverwalter von Arcandor gestern mitgeteilt.

Der Anfang vom Ende war der Zusammenschluss von Karstadt und Quelle. Ein wichtigen Sargnagel in die Ruhestätten der Handels-Titanen Quelle und Karstadt hat Thomas Middelhoff mit seiner Unternehmensführung eingeschlagen. Jetzt heißt es für Tausende Abschied nehmen von ihrem sinnstiftenden Arbeitgeber. Die Kunden müssen sich andere Versender aussuchen – sollte tatsächlich Neckermann.de nun noch eine Daseins-Berechtigung haben?

Quelle wird nun in irgendeiner Form zerteilt. Die Leichenfledderer dürften schon warten – so günstig wir jetzt sind einzelne Teile sonst nicht zu haben. Zum einen sind da die Marken wie Universum und Privileg, die es als Eigenmarken des Versenders zu einem beachtlichen Bekanntheitsgrad gebracht haben. Dann steht in Leipzig ein turbomodernes Logistikzentrum für die Abwicklung des Versandhandelsgeschäft. Das müsste doch auch auf Interesse stoßen.

Quelle wird es so also nicht mehr geben. Bei manchen Unternehmen kann man sich irgendwie gar nicht vorstellen, dass sie so einfach von der Bildfläche verschwinden. Nur: Quelle bleibt da wahrscheinlich nicht der einzige Name. Auch in anderen Bereichen wird es – wie man so schön euphemistisch sagt – zu einer Marktbereinigung kommen.

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Das Tal ist tief, breit und lang

Vor einigen Tagen habe ich mit dem Vorstandschef eines Modefilialisten in der Schweiz gesprochen. Es ging natürlich um die Wirtschaftskrise. Er war gut gelaunt und ist froh darüber, dass sein Unternehmen im Branchendurchschnitt besser dasteht als andere. Wir haben auch die Antwort auf die große Frage gesucht, wann es denn wohl wieder aufwärts gehen mag. Er sagte: „Frühestens in 18 Monaten. Das ist aber meine persönliche Meinung.“

Ich teile diese Einschätzung, vorausgesetzt es passieren nicht noch irgendwelche Katastrophen. Vor einigen Monaten gingen realistische Prognosen davon aus, dass es im Herbst 2010 so weit sein könnte. Die Entwicklung in den USA ziehen wir hier etwa ebenfalls 18 Monate später nach. Die Frage ist dabei: Ist in den USA die Talsohle schon durchschritten. Wahrscheinlich nicht.

Es wird zwar immer wieder im Einzelhandel beteuert, dass die Krise beim Konsum noch nicht angekommen ist. Irgendwie traut man dem Braten aber nicht. Zudem: Vielleicht wäre es besser, wenn man sie schon spüren würde, dann wäre vielleicht auch der Aufschwung näher.

Die Lufthansa kam gestern aus der Deckung und hat deutlich gemacht, dass man jetzt die Kosten ins Visier nehmen müsse. Flugzeuge werden stillgelegt, es werden keine neuen gekauft, die Mitarbeiter müssen sich auf Einschnitte einstellen. Diese Meldungen werden nicht abreißen in den kommenden Monaten. Leider.

Interessantes gibt es auch bei Arcandor. Denen ist der Generalbevollmächtigte Piepenburg abhanden gekommen. Er sah bei Sal. Oppenheim keine Bereitschaft, ins Risiko zu gehen. Da hat er jetzt auch keine Lust mehr, den Konzern auf eine Insolvenz in Eigenverwaltung vorzubereiten. Das ist ein schlechtes Signal aus und für Essen.

Alles zusammengenommen: Das Tal ist tief, breit und lang.

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Quelle von Strudel bedroht

Nach zähem Ringen hat sich die Politik nun doch dazu durchgerungen, dem Versandhaus Quelle einen Massekredit zu gewähren. Die 50 Millionen Euro seien notwendig gewesen, um den sofortigen Exitus zu verhindern, heißt es. Die EU hat dem Ganzen stattgegeben.

Okay, das rasche Ende ist verhindert – aber wie nachhaltig kann die Hilfe sein? Der Universalversand ist in der Krise. Das ist gar kein neues Phänomen. Alles unter einem Dach ist bei den Warenhäusern passé und bei den Versendern wahrscheinlich auch. Neckermann.de, schon vor geraumer Zeit aus dem Arcandor-Konzern faktisch herausgeschält, dümpelt vor sich hin. Überraschend war die Meldung, dass schon im nächsten Jahr schwarze Zahlen geschrieben werden sollen. Und jetzt Quelle.

Nennenswert ist in diesem Kanon eigentlich nur noch Otto. Die Otto-Gruppe steht vergleichsweise gut da. Mit dem Universalversand unter der Marke Otto hat das am wenigsten zu tun. Diversifikation ist eines der Stichworte. Der Konzern schreckt vor stationären Geschäften nicht zurück, geht Joint Ventures (in der Vergangenheit unter andere mit Zara) ein. Das Internet wird aktiv beackert. Zahllos sind die E-Commerce-Unternehmen, die zur Otto-Gruppe gehören. Entweder man macht es selbst (Yalook) oder man kauft hinzu (Limango ). Ebenfalls ein Schritt in eine erfolgversprechende Zukunft ist der Aufbau von Logistik-Dienstleistern unter der Dachmarke Hermes. So kann der Konzern auch davon profitieren, dass im E-Commerce andere erfolgreich – und vielleicht sogar erfolgreicher als die eigenen Töchter – sind. Das gilt für das Lagergeschäft wie für den Versand.

Universalversand und der Long Tail schließen sich quasi aus. Man versucht, sich als allumfassende Plattform zu etablieren, auf der auch andere ihren Waren anbieten können. Augenscheinlich funktioniert das nicht – und gefragt ist es vermutlich auch nicht. Vielmehr sind es die vielen Spezialisten mit ihren Spezial-Shops im Netz, die ihre Kundschaft finden und richtig ansprechen. Die Mega-Tanker aus der alten Welt, denen das Drucken der Kataloge so wichtig ist, haben nicht die richtigen Rezepte parat. Es fehlt auch an der richtigen Denke.

Ich muss leider wieder den Vergleich zu Medienwelt ziehen. Dort ist das Problem dasselbe. Die Bedrohung allerdings ist dort weit größer, da dort geistige bzw. mutmaßlich kreative Waren verkauft werden müssen. Sie sind viel flüchtiger und reproduzierbarer als Produkte, die man anfassen kann.

Die Zeit von Großkonzernen der alten Welt ist vorbei – das gilt ganz besonders für alle Bereiche der Wirtschaft, in denen das Internet ein besondere Rolle spielt. Und das ist im Handel zweifelsohne so.

Wie soll mit diesen Vorzeichen Quelle gerettet werden? Es ist quasi nicht möglich. Es kommt nicht von ungefähr, wenn Otto-Chef Hans-Otto Schrader davon spricht, dass Quelle nicht sanierungsfähig ist. Er hat kein Interesse an einer Übernahme. Aus den sogenannten Spezialversendern, die auch zum Arcandor-Konglomerat gehören, würde er sich gern die Rosinen rauspicken. Soweit ist es aber noch nicht. Das Phänomen Long Tail hat er auf jeden Fall verinnerlicht – das ist sein Vorteil. Auf jeden Fall hat er keine Lust, sich an Quelle zu vergiften.

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Warenhäuser waren Häuser!?

Es vergeht keine Tag ohne eine Meldung zu Arcandor. Gestern hat das Unternehmen bekannt gegeben, keine Halbjahreszahlen veröffentlichen zu wollen. Heute wurde Insolvenz für 15 weitere Töchter angemeldet, großteils Servicegesellschaften der Versandhandelstochter Primondo. Sal.Oppenheim hat die direkt gehaltenen Anteile verkauft.

Trotzdem ist es irgendwie nach dem großen Gewitter um Staatshilfen und die Insolvenz ruhiger geworden. Jetzt steht noch ein Massekredit im Raum. Der Filialleiter des Lübecker Karstadt-Hauses hat getwittert, dass er und seine Kollegen diese Woche erstmals mit Insolvenzverwalter und wahrscheinlich auch Generalbevollmächtigtem zusammentreffen.

Klar, die Hoffnung der Betroffenen in den Filialen ist groß. Die Metro hält die Füße still. Im Raum steht das Interesse an 60 Karstadt-Häusern. Leider ist nicht bekannt, welche Häuser es sind.

Bei allen Fragen rund um Unternehmen wie Arcandor/Karstadt und Metro/Galeria Kaufhof: Wie sieht es eigentlich mit der Zukunft der Warenhäuser aus? Haben sie in der bestehenden Form überhaupt eine Zukunft?

Die Waren- oder auch Kaufhäuser sind schon seit Jahrzehnten in der Krise. Dereinst machten Hertie, Horten, Kaufring und Kaufhalle schlapp. Hertie hat es sogar geschafft, nochmal Pleite zu gehen. Viele ehemalige Kaufring-Häuser sind bereits oder bald am Ende. Warum sollten es Karstadt und Kaufhof schaffen?

Die Shoppingcenter haben zunächst die Grüne Wiese belagert, in den Innenstädten sind sie aber auch schon lange angekommen. Das ist einer der Sargnägel für die Betriebsform Warenhaus. Das Angebot in den Shoppingcentern ist fast so breit wie in den Warenhäusern. Selbst die Marken sind bis auf die Handelsmarken dieselben. Die Markenflächen in den Warenhäusern unterschieden sich aus Sicht des normalen Kunden nicht. Dazu kommt noch, dass die Läden der Marken in der Regel neuer und deshalb nicht so abgewirtschaftet wie die meisten Warenhäuser sind.

„Marken“ ist überhaupt ein Stichwort. Die Warenhäuser wollten die Eigenmarken stärken und die Fremdmarken zurückdrängen. Leider haben es weder Kaufhof noch Karstadt geschafft, ihre Marken begehrenswert zu machen. Immer wenn ich in den Läden bin, sind die Eigenmarken gnadenlos runtergezeichnet – gekauft werden sie trotzdem nicht.

Der dritte Sargnagel sind die hohen Kosten, vor allem für Mieten, die den Warenhäusern den Garaus machen. Die Mietpreise für Läden in bevorzugten Lagen steigen angeblich immer noch. Die Riesenflächen der Warenhäuser fressen entsprechend Substanz auf. Die Refinanzierung ist hart – und in vielen Fällen unerreichbar.

Exkurs: Überhaupt ist es erstaunlich, welche Mieten für Ladenlokale aufgerufen werden – auch und vor allem von den Shoppingcenter-Betreibern. Da bläht sich ordentlich etwas auf. Auch diese Blase wird platzen – und dann wird es wieder jammernde und weinende Unternehmen geben. Viele Läden von Marken dienen dem Marketing, werfen aber keine Renditen ab. In den USA ist das Shoppingcenter-Sterben recht weit fortgeschritten. Aber für die Betreiber ist das kein Problem: Ich vermute spätestens nach fünf, wahrscheinlich aber schon nach drei Jahren annähernder Vollvermietung geht das Geld verdienen los. Wenn also nach zehn, 15 oder 20 Jahren das Licht ausgeht, ist die Ernte schon längst eingeholt. Weinen werden dann übrigens auch die Kommunen, die sich die Ansiedlung von Shoppingcentern so sehr wünschen. Das führt nur zu einer kurzfristigen Befriedigung der Verwaltungschefs in den Rathäusern.

Massiven Druck übt natürlich auch das sich ändernde Einkaufsverhalten und der E-Commerce aus. Immer wieder hört man, dass es in der Innenstadt manche Dinge wie Kurzwaren nur noch im Warenhaus gibt. Hier kommt wieder der Long Tail um die Ecke. Im Netz gibt es alles, die kleinste Nische wird bedient. Dort gibt es auch Kurzwaren. Was es dort nicht gibt, ist das haptische Einkaufen. Das mögen jene vermissen, die damit noch groß geworden sind. In spätestens 15 Jahren ist der Großteil der Kunden anderes Einkaufsverhalten gewohnt. Dazu gehört dann vielleicht eine bessere Planung, das Bestellen unterschiedlicher Artikel zur Auswahl oder auch die Bindung zum Online-Shop des Vertauens. Man mag den guten alten Zeiten mit kompetenter Beratung und face-to-face-Kontakten dann nachtrauern. Das wird den Nostalgikern nur nichts mehr nützen. Von wegen Beratung und Service: Tatsache ist doch, dass auch diese Aspekte nur noch rudimentär in den Warenhäusern vorhanden sind. Die hohe Personaldichte ist ja bereits der Krise der vergangenen 20 Jahre zum Opfer gefallen.

Umstände und häufig auch Management haben dazu beigetragen, dass die Warenhäuser am Rande des Exitus sind – von dort gibt es kein zurück mehr. Warenhäuser waren Häuser!

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Schöner shoppen in der Pleite

Arcandor hat nicht bis zum Freitag gewartet. Der Konzern hat schon heute Insolvenzantrag gestellt. Gestern hat die Regierung Geld aus dem Deutschlandfonds verweigert. Einen Notfallkredit wollte man auch nicht herausrücken. Die Hauptaktionäre hätten sich etwas mehr hineinknien sollen, meint die Regierung. Eine letzte Möglichkeit zur Nachbesserung des Angebots hat es dann noch gegeben. Aber man wollte nicht. Sal. Oppenheim und Madeleine Schickedanz wollten wohl auch nicht.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg kommt diese Entscheidung sicher recht. Bei Opel hätte er sich einen ähnlichen Verlauf gewünscht. Das wollte wiederum der Rest der Regierung nicht. Jetzt jammern die Angestellten. Das ist verständlich, schließlich ist es Missmanagement gewesen, das sie in diese missliche Situation manövriert hat. Sie haben ihren Beitrag zur vermeintlichen Sanierung erbracht und auf Lohn verzichtet. Jetzt erhalten sie jene Quittung, die andere hätten erhalten müssen.

Karl-Gerhard Eick, derzeitiger Konzernlenker, kann natürlich am wenigsten für den Scherbenhaufen, vor dem er mit seiner gesamten Belegschaft steht. Die Hauptaktionäre haben sicher anderes erhofft, als sie ihn auf den Chefsessel hoben. Als ehemaliger Telekom-Mann hat er beste Beziehungen nach Berlin. Der ehemalige Staatskonzern hat eine eigene Stabsabteilung für Lobby-Arbeit an der politischen Front. Seine Beziehungen konnte er offensichtlich nicht ausspielen in dem Kampf um Staatsknete.

Jetzt wird ein Planinsolvenzverfahren angestrebt. So soll der Laden tüchtig aufgeräumt werden. Die Mitarbeiter werden jetzt drei Monate vom Staat bezahlt. Der Steuerzahler mussalso in jedem Fall bluten. Bei Karstadt müssen Stellen gestrichenwerden. Bei Quelle wird es auch nicht ganz glimpflich ablaufen. Ob Thomas Cook und die mutmaßlich profitablen Spezialversender und HSE24 verkauft werden können, ist noch nicht ganz klar. Wie werden nun Kaufhof und Otto als potenzielle Übernehmer der Geschäft von Karstadt und Quelle reagieren? Füße stillhalte oder vielleicht doch zu einem guten Preis zuschlagen.

Ein Kapitel ist abgeschlossen – aber die Story ist noch lange nicht zu Ende.

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Mitleidstour

Eigentlich würde ich gern auch wieder über etwas anderes schreiben. Aber der Fall Arcandor lässt mich nicht los. In allen politischen Reden kommt Arcandor vor. Angela Merkel hat bei einer Wahlkampfrede gestern nochmal betont, dass man sehr genau prüfen müsse, welche Unternehmen Geld aus dem Staatsfonds erhalten und damit dem Steuerzahler auf der Tasche liegen. Im Prinzip hat Arcandor schlechte Karten. Auch in den anderen Parteien, ausgenommen der mutmaßlich sozialen, ist man nur wenig von der Hilfsbedürftigkeit aufgrund der Wirtschaftskrise überzeugt.

Ein Arcandor-Sprecher hat schon einmal angekündigt, dass man wohl Insolvenz anmelden muss. Vielleicht schneller als gedacht. Auch Ex-Chef Thomas Middelhoff zieht wieder die Aufmerksamkeit auf sich. Er sieht sich einer Reihe von Vorwürfen ausgetzt. Vom Immobiliendeal könnte er mit seiner Frau profitiert haben. Auch das Thema Insolvenzverschleppung könnte ihn irgendwann noch einholen.

Jetzt wird erstmal auf die Tränendrüse gedrückt, während die Politik sehr richtig (sic!) darauf hinweist, dass der Konzern noch Potenzial hat, die Situation selbst zu verbessern. Zur Not muss man eben versuchen, Thomas Cook zu versilbern und das Handelgeschäft neu zu organisieren.

In der CDU hat man übrigens tatsächlich schon erkannt, das Karl-Theodor zu Guttenberg ein für die Partei nützlicher Wirtschaftsexperte ist. Nun bleibt anzuwarten, inwieweit CSU und Schwester das honorieren – konkreter: mit welchem Posten.

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Aus der Deckung

Die Zukunft von Arcandor hängt am seidenen Faden. Die EU-Kommission hat Hilfen aus dem Deutschlandfonds untersagt. In Berlin muss man nun wieder grübeln, wie sich der Wahlkampf in der causa Arcandor fortsetzen lässt. Tatsache ist, dass Arcandor und vor allem Karstadt bereits vor Juli 2008 in Schieflage war. Eigentlich fing die Malaise schon 1999 mit dem Zusammengehen von Karstadt und Quelle an. Allerdings: War Opel nicht auch schon vor Juli 2008 in der Krise? Durch die enge Verzahnung mit GM können das wohl selbst Experten nicht wasserdicht ergründen.

Interessanterweise kam jetzt die Metro wieder aus der Deckung. Man könne sich vorstellen, 60 Karstadt-Häuser zu übernehmen und daraus Galeria Kaufhof-Filialen machen. Eigentlich hatte man gerade das Gefühl, das sich der Handelskonzern bis zu einer endgültigen Entscheidung über eine etwaige Staatshilfe für Arcandor zurückhalten würde.

Dazu kamen noch Meldungen, dass Kreditversicherer Euler-Hermes Karstadt das Leben zusätzlich schwer machen wird. Eigentlich spricht im Moment alles gegen Karstadt – fast alles.

Der Metro-Vorstoß zeigt nochmal, dass im Hintergrund an einer Lösung gearbeitet wird, die unterschiedliche Seiten ins Risiko einbezieht. Auch Sal. Oppenheim und Madeleine Schickedanz sind offensichtlich bereit, Geld nachzuschießen.

Ein bisschen Staat, ein bisschen die anderen: So wird man es am Ende wohl schaffen, einen Teil der Arbeitsplätze zu sichern. Das Ganze ist vorerst eine Kurzfrist-Lösung. Mittelfristig muss man die Frage stellen, ob das Warenhaus in der momentanen Form überhaupt eine Zukunft hat. Auch hier wird das sicher noch zum Thema.

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Was bleibt?

GM ist insolvent. Der US-Motorbauer hat Gläubigerschutz beantragt. Gerade noch rechtzeitig wurde Opel von GM gelöst. Opel scheint vorerst gerettet. Dem Konzept von Magna wurde der Vorzug gegeben. Ins Risiko geht der Steuerzahler. Der Überbrückungskredit soll bis Ende des Jahres die Geschäfte von Opel am Laufen halten. Dann haben die neuen Eigner das Wort.

Unter Dach und Fach ist noch lange nichts. Magna kommt mit dem Finanzier Sberbank und dem Juniorpartner GAZ. Letzterer, ein russischer Autobauer, steht selbst vor dem Bankrott. Die russische Sberbank ist das größte Geldinstitut des Landes, aber eben ein Geldinstitut. Mal sehen, was daraus wird.

Interessant sind die politischen Verwicklungen. Es gibt einen großen Verlierer in der Sache. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg war wohl bis zum Schluss gegen die gefundene Lösung. Ihm ist das Risiko zu groß. Kanzlerin Merkel hat ihn zurückgepfiffen. Die Äußerungen in Richtung Wirtschaftsminister lesen sich wie „Entspann Dich, halt‘ die Klappe und halte dich in Zukunft aus der Sache raus!“ Das Ergebnis dürfte sein: Ein weiterer frustrierter Minister. Opel ist zum Thema im Wahlkampf geworden – das war abzusehen. Allerdings ist zu beobachten, dass die Wähler den Staatshilfen für Opel und demnächst für Arcandor – was wirklich ein großer Fehler wäre – zum großen Teil gar nicht so gut finden.

So geht zu Guttenberg als moralischer Sieger aus den ganzen Verhandlungen hervor. Frank-Walter Steinmeier hat wohl Klientel-Politik betrieben, und vor allem mit wirtschaftlicher Inkompetenz geglänzt. Angela Merkel hat Opel zur Chefinnen-Sache gemacht – damit aber auch nicht nur Pluspunkte gesammelt.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass zu Guttenberg derzeit noch Lust auf Berlin hat. Sollte es zu einer schwarz-gelben Koalition kommen, dann könnte er sowieso nicht Wirtschaftsminster bleiben. Ein Platz auf der Regierungsbank ist künftig eher unwahrscheinlich – vorerst zumindest.

Allerdings: Als Kanzlerkandidat – mittelfristig gesehen – kann ich ihn mir schon vorstellen. Es bleibt abzuwarten, wo er die kommenden Jahre verbringen wird. In der CSU gibt es aus heutiger Sicht nur ihn, der für dieses Amt in Frage kommt.

Zu Guttenberg könnte also ein große Zukunft vor sich haben. Wie es für Opel aussieht, kann man schlecht sagen. Ein Selbstläufer wird das Ganze nicht. Sollte die Magna-Übernahme wirklich klappen, werden spätestens in zwei Jahren die nächsten Probleme auftreten. Dann wird aber sicher kein Staatsgeld zur Verfügung stehen. Im Normalfall ist dann auch kein Wahlkampf.

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Wirtschaftswoche

Durch den Feiertag nur geringfügig unterbrochen, geht eine echte Wirtschaftswoche zu Ende.

Hertie ist am Ende – das ist jetzt amtlich. 2600 Mitarbeiter können ihre Sachen packen. Der erste Akt in der großen Warenhaus-Story des Jahres 2009 ist abgeschlossen. Der Insolvenzverwalter Biner Bähr hat wahrscheinlich seinen vorerst letzten großen Auftrag gehabt.

Arcandor und Metro werden nun versuchen, eine Deutsche Warenhaus AG auf die Beine zu stellen. Bei Arcandor-Chef Eick kam es an Christi Himmelfahrt zu einem Gesinnungswandel – dafür wäre eigentlich Pfingsten der passende Zeitpunkt gewesen. Bis zu 50 Standorte werden dann sicher geschlossen werden müssen. Rund 250 Filialen haben die Galeria Kaufhof und Karstadt im Moment etwa zusammen. Dazu kommen noch die Sporthäuser. Auch wenn die Politik sagt, es gibt kein Geld vom Staat, da Arcandor nicht durch die Wirtschaftskrise in Schieflage geraten ist, muss man das noch lange nicht glauben. An dieser Front bleibt es noch spannend.

Das gleiche gilt für die Geschehnisse um Opel. Drei Bieter stehen im Raum: Fiat, die auch Chrysler übernehmen wollen; Magna mit einem russischen Investor im Hintergrund; der Finanzinvestor Ripplewood. GM hat sich aus der Deckung gewagt und präferiert das Angebot und Konzept von Magna. Die Arbeitnehmer halten wohl die Offerte und das Konzept von Ripplewood am besten. Wer jedoch glaubt, dass die Zahl der Arbeitsplätze gehalten werden kann, ist schief gewickelt. Die Realität könnte so aussehen, dass 10000 der 28000 Opel-Stellen gestrichen werden. Da die Insolvenz von GM täglich droht, bringt sich die Regierung in Stellung, um schnell mit der Staatsbürgschaft einspringen zu können.

Dann wird noch kolportiert, dass möglicherweise nun doch Conti die in Schieflage geratene Schaeffler-Gruppe übernehmen könnte und nicht umgekehrt. Manchmal ist Wirtschaft schon verrückt. Vorher wie nachher.

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Cordes‘ Taktik

Heute hat die Metro offiziell bekannt gegeben, im Falle von Karstadt und der Übernahme von Standorten bzw. dem operativen Geschäft des Konkurrenten gesprächsbereit zu sein.

In der Vergangenheit wurde eine mögliche Fusion der beiden Warenhaus-Konzern schon öfter thematisiert. Möglicherweise hat es auch zu anderen Zeiten schon Gespräche zwischen den Protagonisten gegeben. Jetzt hat Eckhard Cordes, Metro-Chef, einen vermeintlich günstigen Zeitpunkt ausgemacht, um das Thema erneut auf den Tisch zu bringen.

Arcandor hat vergangene Woche offiziell gemacht, dass man sich um Staatsbürgschaften bemühen will. Die Metro hat noch vor diesem vorletzten Schritt von Arcandor klar gemacht, dass man das keineswegs gutheißen kann. Stets wird betont, das Galeria Kaufhof die schwersten Zeiten hinter sich hat, weil man in Optimierung von Prozessen und Geschäft investiert hat. Wie heißt es so schön: Man hat seine Hausaufgaben gemacht.

Leichter ist das Business dadurch noch lange nicht geworden. Und die Düsseldorfer, in dem Fall Kölner, wollen sicher nicht ins Hintertreffen dadurch geraten, dass der Mitbewerber möglicherweise mit Steuergeldern stark oder gar stärker als man selbst gemacht wird.

Cordes könnte Staatshilfen aber auch bald ganz gut finden, wenn er dadurch für kleines Geld an das operative Geschäft von Karstadt herankommen kann. Stellt der Staat erstmal Hilfen in Aussicht, dann könnten potenzielle Übernehmer in die Situation geraten, eine Art Handgeld zu erhalten. Cordes ist sicher ein ausgebuffter Manager – da könnten solche Überlegungen eine Rolle spielen. In einer Mitteilung hat man jetzt nochmal deutlich gemacht, dass für die Übernahme ein Konsortium aus unterschiedlichen Bereichen benötigt wird.

Auf Konzernebene haben Metro und Arcandor übrigens derzeit sehr große Ähnlichkeit: Beide Konzerne stehen vor der Zerschlagung. Cordes und Eick sind mitten in den Vorbereitungen. Vielleicht treffen sich die beiden Protagonisten ab und an auf neutralem Boden auf ein Bier und sprechen über ihre Projekte, denen man eine gewisse Verwandschaft nicht absprechen kann.

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