Es ist kein Geheimnis: Ich bin ein großer Fan der Besidos aus Darmstadt. Feine Musik, ungewöhnlich, mit Tiefgang und unterhaltsam. Balkan-Gypsy-Groove-Pop – was auch immer: Jeder soll sich selbst ein Bild machen – und wer offen an die besidos herangeht, wird seinen Spaß haben. Davon bin ich überzeugt. Und wer die Buben einmal live erleben will, hat am 23. Oktober die Gelegeneheit hierzu. In Darmstadt, in der Bessunger Knabenschule. Als Support für den Top-Act Kolektif Istanbul aus der Türkei. Es handelt sich um einen Benefiz-Veranstaltung – das verbindet das Unterhaltsame mit dem Wohltätigen. Einige Hintergründe zu dem Gig findet Ihr in folgender Pressemitteilung der Besidos:
„From Gezi With Love“: Soli-Konzert mit Kolektif Istanbul + Support: Besidos Als „Capulcu“ übersetzt: Nichtsnutze, Störenfriede verunglimpfte der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan die Demonstranten im Istanbuler Gezi Park am Taksim Platz. Sein Ziel, sie damit verbal vom Rest der türkischen Gesellschaft auszugrenzen, verkehrte sich jedoch ins Gegenteil. Immer mehr Istanbuler solidarisierten sich mit den „Störenfrieden“, auf Facebook wurde „Capulcu“ für viele zum mit Stolz getragenen zweiten Vornamen. Das Besondere für die türkische Gesellschaft: Statt des alltäglichen Nebeneinander – Lebens von westlich orientierten Türken auf der einen und islamisch geprägten Türken auf der anderen Seite wurde das Miteinander kultiviert: Plötzlich ging das Atatürk verehrende ältere Ehepaar zusammen mit der gläubigen Muslima neben dem Architekturstudenten und vielen Musikern und Künstlern auf die Straße, um zusammen für Meinungs-und Pressefreiheit sowie gegen die völlig übertriebene Härte der türkischen Polizei zu protestieren. Auch die Musiker des Kolektif Istanbul protestierten mit – auf musizierende Weise und gemeinsam mit anderen Istanbuler Musikerkollegen: Als marching band namens „Gezi Bandosu“ zog man mit Pauken, Klarinetten, Dudelsäcken, Tuba und Trompeten durch die Straßen von Taksim und Beyoglu. Wie den Demonstranten geht es auch der fünfköpfigen Band um das friedliche und entspannte Miteinander verschiedener Kulturen: „Ebenso abwechslungsreich und bunt gemischt [wie das Publikum] ist die Musik von Kolektif Istanbul. Der Mix enthält türkische Folklore und moderne Popelemente, aber auch funkige und jazzige Klänge. Der Hörer spürt, wie hier der energetische Groove des Balkans und die Tiefe traditioneller anatolischer Melodien zusammenfließen – kurzum: Die Musik ist ein ebensolcher Schmelztiegel wie die Heimatstadt von Kolektif Istanbul. Und sie ist in jedem Ton tanzbar“, so Anna Novák in „die Welt“ zum Auftritt der Band in Hamburg (am 18. Juli 2011). Auf ihrer kleinen Deutschland-Tournee beehrt das Kollektiv um Frontmann Richard Laniepce, einem bretonischen Wahl-Istanbuler, auch die Knabenschule in Darmstadt für ein einmaliges Solidaritäts-Konzert: Die gesamte Organisation des Abends ist ehrenamtlich, der Eintritt frei, Spenden jedoch ausdrücklich erwünscht. Die Spenden gehen ohne Abzüge an das Kolektif Istanbul und das Projekt „Calikusu“ zur Unterstützung sozial benachteiligter Kinder in der Türkei (mit Sitz im Istanbuler Stadtteil Kadiköy). Als Vorgruppe treten die Darmstädter Experten in Sachen Gypsy-Balkan-Groove, die Besidos, auf. Bei einem ihrer zahlreichen Auftritte in der Metropole am Bosporus hatten sie das Kolektif Istanbul kennengelernt – und damals schon herzlich nach Darmstadt eingeladen.
„From Gezi With Love“
Konzert mit Kolektif Istanbul + Support: Besidos (Darmstadt)
Bessunger Knabenschule (Halle)
Mittwoch, 23. Oktober 2013
Einlass 20.00 Uhr
Beginn 20.30 Uhr
Eintritt frei (Spende erwünscht und geht komplett an das Kolektif Istanbul und das soziale Projekt Calikusu in der Türkei)Veranstalter (ehrenamtlich): Hüseyin Köroglu (WatzUp-Records, Phunk Mob, Besidos)und Cem Tevetoglu (P Stadtkulturmagazin)
Heute hatte ich wieder einmal richtig Spaß beim Lesen „meiner“ Zeitung (ich habe sie übrigens im Zeitungsladen gekauft). Der Darmstädter-Echo-Chefredakteur persönlich hat für die Sonntagsbeilage über das Forum Lokaljournalismus in Dortmund in die Tasten gegriffen. Das Ergebnis: Ein überheblicher und ignoranter Aufsatz über die Zukunft des Lokaljournalismus, die künftige Rolle der Lokalzeitungen, das Verhältnis von Print und Online, das Mitmach-Internet, den Bürgerjournalismus und das Ende der Blog-Ära. Der Titel: „Stochern im Nebel 4.0“
Als erstes fällt in diesem Text, aber eigentlich auch allgemein, auf, dass sich Chefredakteure immer häufiger mit der Re-Finanzierbarkeit von Journalismus beschäftigen. Das ist eigentlich klassisch das Geschäft des Verlegers. Im gleichen Atemzug wird von Qualitätsjournalismus gesprochen – das ist leider oft ein Widerspruch in sich selbst. Die Unabhängigkeit einer Redaktion garantiert Qualitätsjournalismus. Das Argument der Re-Finanzierbarkeit für das Erstellen von Medieninhalten und die Aggregation von Content macht unglaubwürdig.
Chefredakteur Jörg Riebartsch betont, dass die Teilnehmer des Kongresses neidisch nach Südhessen blicken, weil man es hier geschafft hat, re-finanzierbare Printprodukte zu lancieren. Als Beispiel führt er das einmal im Monat dem Echo beigelegte Kinderheft und das alle zwei Monate erscheinende Wirtschaftsecho, mit dem auch Vertriebserlöse erzielt werden, an. Die Eigen-PR kommt an dieser Stelle sehr unglaubwürdig rüber. Dass sich die Objekte wirklich rechnen, legt er öffentlich nicht dar. Und ich glaube, dass bei einer Vollkostenrechnung die Bilanz nicht positiv sein dürfte. Die Verlage versuchen, Line Extensions über vorhandene personelle Bordmittel zu realisieren. Würde man die Arbeitszeit korrekt verrechnen, sähe das Ganze schon anders aus. So lange aber die Mitarbeiter tendenziell zur Selbstausbeutung neigen, geht es eben noch gut.
Zweiter Punkt an dieser Stelle: Die Einsparmaßnahmen beim Medienhaus Südhessen sind vielfältig. So wurde schon vor vielen Jahren die Foto-Redaktion abgeschafft. In den Lokalredaktionen arbeiten mittlerweile auch weniger Redakteure als noch vor einigen Jahren. Es werden auf Gedeih und Verderb Volontäre beschäftigt, die oft nur wenig Aussicht auf eine Weiterbeschäftigung haben, aber zur Selbstausbeutung neigen. Die Schließung der Druckerei am Hauptsitz mit der einhergehenden Kündigung aller Mitarbeiter, die teilweise zu schlechteren Konditionen in dem neu entstehenden Druckzentrum, das gemeinsam mit Konkurrent Rhein-Main-Presse in Rüsselsheim gebaut wird, anheuern dürfen, ist ein weiteres Indiz dafür, dass die von allen beneideten Print-Produkte auch nicht helfen, die Erosion zu stoppen. Die Auflagenzahlen gehen zurück. Die Abonennten sterben weg. Es fehlt an jungen Lesern. Die im Echo erscheinenden Stellenangebote lassen sich an wenigen Händen abzählen. Der Kleinanzeigenmarkt schwächelt auch. Die Erfolgsbilanz des wirtschaftlich denkenden Chefredakteurs und seines Vorgängers ist jetzt auch nicht so beeindruckend.
Das ist nun nur die eine Seite der Medaille und dieses denkwürdigen Aufsatzes. Den Löwenanteil nimmt eine Generalabrechnung mit den Aktivitäten der anderen Verlage im Internet ein. Ein Zitat: „Verunsichert, ob teuer bezahlter Journalismus überhaupt noch eine Zukunft hat, mühen sich viele Chefredakteure und Redaktionsleiter im Internet mit Blogs ab und twittern – plappern wäre die korrektere Bezeichnung – munter die Kanäle im weltweiten Web voll.“ Ich finde, das ist harter Tobak. Eigentlich ist das niveaulos für einen Chefredakteur. Der ganze Text strotzt nur so vor abqualifizierenden Äußerungen. Die Wertschätzung für die Arbeit der Kollegen nähert sich Satz für Satz dem Nullpunkt. Mich würde einmal interessieren, wie das die Angesprochenen sehen. Vielleicht liest diese Zeilen ja jemand. Deutliche Kommentare würden mich freuen.
Ganz nebenbei beerdigt Riebartsch mit der virtuellen Welt „Second Life“ auch die Blogs. Alles Dinge, die einmal kommen und schnell wieder verschwinden. So wäre es den konservativen Medienmanagern am liebsten. Tatsache ist, dass man gerade beim Darmstädter Echo Entwicklungen im Netz massiv verschlafen hat. Nach dem ernsthaften Start mit einem medienadäquaten Angebot im Internet hat es über zehn Jahre gedauert, bis man sich zu einem Relaunch durchringen konnte. Das Internet hatte beim Echo noch nie eine Chance – und das wird nach diesem Aufsatz auch so bleiben. Dann muss man sich die Frage stellen, welche Chance das Medienhaus überhaupt hat.
Riebartsch hat Angst vor dem Bürgerjournalisten. Und tatsächlich ist es ja auch so, dass Qualität dauerhaft eine Rolle bei der Verbreitung von Inhalten im Internet spielen muss. Wer sich aber so verhält, wird eben bald keine Relevanz mehr haben, weil man weder die Person noch das Medium mehr ernst nehmen kann – dann kann auch die Rolle nicht mehr gespielt werden, Dinge einzuordnen und der Wahrheit möglichst nah auf den Pelz zu rücken. Die Aktivitäten von Leuten wie Christian Lindner (@RZChefredakteur), einem der Chefredakteure der Rhein-Zeitung, tragen maßgeblich dazu bei, dass der Wert der Medienmarke Rhein-Zeitung sukzessive steigt. Personalisierung war und ist ein wesentliches Element der Leser-Blatt-Bindung. Mit Verlaub: In keiner Zeitung schreibt der Chefredakteur weniger Leitartikel als beim Darmstädter Echo. Das war aber auch schon vor 20 Jahren so, vor der Riebartsch-Ära.
Social Media ist aus Sicht von Riebartsch auch Firlefanz. Noch ein Zitat: „Richtig ist sicher, dass viele große Zeitungen so weit weg von ihren Leserinnen und Lesern sind, dass es für sie offenbar eine neue Erkenntnis ist, es sei wohl doch hilfreicher nahe am Leser dran zu sein. Kontakte in Facebook mögen da ein Hilfsmittel sein zu erfahren, was die Kundschaft, in dem Fall die Leser, wünschen. Ansonsten hilft auch einfach das gute alte persönliche Gespräch.“ Na, da scheint ja das Echo ganz weit vorn zu sein, beim Thema Lesernähe. Das kann ich leider ganz und gar nicht bestätigen. Immerhin: Eine Veränderung gab es mit Riebartsch: Das Echo veranstaltet Podiumsdiskussionen zu lokalpolitischen Themen und er oder ein Ressortleiter moderieren sie. Das ist schon mal etwas. Aber erfunden hat das Medienhaus Darmstadt diese Veranstaltungsform auch nicht.
Es ist absolut richtig, das ganze Geschehen im Netz zu beobachten und zu analysieren und die Schwächen aufzudecken. Dagegen gibt es nichts einzuwenden. Allerdings Nestbeschmutzung und Publikumsbeschimpfung in einem Beitrag in einer Zeitung zusammenzubringen, das empfinde ich als starkes Stück. Wenn Jörg Riebartsch und andere gleichdenkende Chefredakteure sowie Medienmanager zeigen können, dass ihre Strategie erfolgreich ist und die Lokalzeitung auch nach deren Ära noch lebt, dann sollte mich das sehr wundern. Schade eigentlich, wenn die Lokalzeitungen ihre Bedeutung und Relevanz verlieren. Eine Konstante weniger im Leben. Sie hatten aber ihre Chance.
Das Loop5, das Shoppingcenter in Weiterstadt, hat die ersten Monate hinter sich – und ist in der Realität angekommen. Der portugiesische Shoppingcenterentwickler und -betreiber Sonae Sierra gibt sich zwar Mühe, den Erfolg des neuen Hauses hervorzuheben, allerdings gelingt es ihm nur schwer.
Unter der Woche ist wohl Totentanz angesagt. Die Öffnungszeiten wurden beschnitten – eine Öffnung der Geschäfte bis 22 Uhr ist vom Tisch (21 Uhr ist meist Schluss, H&M macht gar um 20 Uhr Feierabend). Die Grüne Wiese rund um Darmstadt hat dann doch mehr Probleme, als zunächst von mir gedacht. Die Lage an der Pendlerautobahn A5 ist aus meiner Sicht herausragend, um die Pendler zu einem Einkehrschwung zu verführen. Offensichtlich wollen die Leute doch lieber schnell zur Arbeit und vor allem wieder nach Hause kommen, ohne Konsum an einer Zwischenstation.
Im Weihnachtsgeschäft war rund um die Anschlussstelle Weiterstadt der Teufel los, auch an den Wochenenden wird die Mall weiter eine gewisse Anziehungskraft haben. Dennoch fragt man sich, wie der Einzelhandel mittelfristig an solchen Standorten froh werden kann.
Auch ohne Winterschlussverkauf sind die Innenstädte schon voll von roten Preisen gewesen – bereits vor Weihnachten. Wenn man früher die Aufkleber mit dem WSV-Schriftzug gesetzlich vorgeschrieben nur von Ende Januar an für zwei Wochen in den Schaufenstern prangen sah, sind es heute Sale-Pickerl, die das Stadtbild und die Shoppingcenter prägen. Der Preis ist und bleibt das Verkaufsargument Nummer eins.
Zurück zum Loop5 und die Auswirkungen des Centers auf Darmstadt. Ein Gedankenspiel: Dass Kaufkraft aus der Darmstädter Innenstadt abgezogen wird ist klar (dazu tragen auch die horrenden Parkhausgebühren [Q-Park sei Dank] in der City bei). Wenn nun in drei oder fünf Jahren deutlich wird, dass das Loop5 keinen nachhaltigen Erfolg hat und bis dahin Einzelhändler in der Darmstädter Innenstadt ihre Läden geschlossen haben, dann haben wir es mit zwei, eigentlich drei Arten von Losern zu tun. 1. Die Einzelhändler in der Stadt, 2. Die Einzelhändler in der Mall und 3. Die Kunden, die nun im stationären Handel keine wirkliche Vielfalt mehr vorfinden. Gewinner ist der Entwickler eines solchen Projekts. Die Mietverträge laufen über zehn Jahre. Allerdings ist zu diesem Zeitpunkt das Investment bereits mehrfach verzinst. In der Regel hat sich, wenn man Experten glauben darf, deren Engagement bereits nach fünf Jahren gelohnt.
Ich habe hier ganz klar die regionale Brille auf. Mich würde einmal interessieren, was für Erfahrungen an anderen Standorten gemacht wurden. Vielleicht liest ja auch ein Händler aus dem Loop5 diese Zeilen. Wie sieht es denn dort im Inneren aus? Über Kommentare würde ich mich freuen.
Eines meiner Lieblingsthemen ist ja die Beobachtung der regionalen Presse. Meine Zeitung ist das Darmstädter Echo – noch.
Heute sind wieder einige ungewollt komische und ungekonnte Beiträge im Blatt, die auch die Provinzialität von Darmstadt und der einzigen ernst zu nehmenden Tageszeitung am Ort zeigt.
Als Anreißer auf der 1 für eine Themen-Seite steht: Das Zölibat – wenn Priester sich verlieben. Aha, wenn sich also Priester verlieben, dann nennt man das Zölibat. Sehr interessant – aber leider total hohl.
Im Lokalteil Darmstadt geht es dann darum, dass der Einzelhandel in der City die Verlängerung seiner Geschäfte in den öffentlichen Raum geregelt bekommen soll. Es soll ein einheitlicher Auftritt erreicht werden. Der Ressortleiter lässt sich zu einem provinziellen Kommentar hinreißen, mit dem er dokumentiert, dass er sich in seinem Leben noch nicht besonders weit von seiner Scholle weg bewegt hat. Eine Reihe von Kommunen hat mit solchen zugegeben bürokratischen Regelungen sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Innenstadt ist attraktiver geworden, die Leute gehen jetzt lieber in der City einkaufen. Sogar im Schwarzwaldstädtchen Nagold gibt es so etwas. Er hätte nur einmal beim Dachverband der Citymanager anrufen müssen, um sich dort ein bisschen Input zu holen. Aber er schreibt lieber einen unfundierten populistischen Kommentar. Schlecht recherchiert, nichts verstanden eben.
Auch die Leserbrief-Auswahl ist manchmal zweifelhaft – aber man kann ja schon froh sein, dass der Meinungsmonopolist überhaupt Leserstimmen zulässt.
Vor den Toren Darmstadts kündigt sich schon seit Jahren Großes an. In Weiterstadt ist ein Shopping-Center riesigen Ausmaßes entstanden. Über 50.000 m² vermietbare Fläche, mehr als 170 Ladenlokale. Die Lage ist perfekt. Das Loop5 liegt direkt an der A5. Die Autobahn dort ist vierspurig – in jede Richtung. Das zeigt, wie hoch das Verkehrsaufkommen dort ist. Die A5 ist an dieser Stelle eine Pendlerpiste. Die Geschäfte im Loop5 habe täglich bis 22 Uhr geöffnet – da wird mancher eine Schleife drehen und seine Einkäufe abends dort erledigen, für die man sonst einen Samstagvormittag opfern muss.
Leidtragende werden die Einzelhändler in Darmstadts City sein. Während die Darmstädter, wenn sich nicht gerade Frankfurt-Pendler sind, noch in die City zum Einkaufen gehen werden, wird das Loop5 Kaufkraft aus dem Umland abschöpfen. Schließlich gibt es dort – genauso wie in der Noch-Einkaufsstadt Darmstadt – alles, was das Herz begehrt. In Zeiten knapperer Kassen spielt es durchaus eine Rolle, ob man für die angefangene 3/4-Stunde in einem Parkhaus 1,50 Euro berappen muss (wie in der City) oder 0 Euro (wie am Loop5). Ein Hoffnungsschimmer: Die Verkehrssituation direkt am Loop5 wird extrem chaotisch sein, weil man zu wenig Platz hat, um die Autos vernünftig an den Einkaufstempel zu führen.
Parkhaus-Betreiber Q-Park melkt die Kuh solange bis sie ausgedörrt auf der Weide – oder besser der Grünen Wiese liegt. Die Stadtmarketing-Gesellschaft hat schlecht verhandelt, der Einzelhandel in der Stadt wird das schon merken. Schneller als ihm lieb sein dürfte.
In den vergangenen Jahren haben sich die Häuser in der Stadt nochmals herausgeputzt, die Verantwortlichen haben ordentlich investiert. Man wollte ein Zeichen gegen das Loop5 setzen. Ist zwar alles ganz nett geworden, aber rechnen werden sich die Investitionen wohl nicht mehr.
Die Kunden können durchaus von dem größeren Angebot profitieren. Allerdings findet sich in Weiterstadt auch viel, was es auch schon in der Innenstadt gibt. Filialisten werden so vielleicht den Rückzug aus der Stadt antreten – wenn im Loop5 sowieso alles besser funktioniert.
Profitieren sollte auch die Lokalzeitung am Ort. Endlich werden die P&C-Beilagen auch über das Darmstädter Echo gestreut. Druckaufträge vom Center-Management hat man sicher auch schon in der Tasche. Die Abhängigkeit der Zeitung vom Einzelhandel wird so aber noch größer. Wirklich kritische Berichterstattung dürfte ausbleiben. Die Zeiten für die Medienbranche sind zu hart, als dass man sich für Qualitätsjournalismus das Anzeigengeschäft kaputt machen würde.
In Weiterstadt, einer 25000-Einwohner-Stadt, über die viele sagen, dort möchten sie nicht tot über dem Zaun hängen, freut man sich. Das ist verständlich. Die Gewerbesteuer fließt dort ganz erklecklich. Einkaufsmöglichkeiten gibt es dort auf der Grünen Wiese reichlich. Media Markt, Segmüller, Metro uvm. haben sich schon die perfekte Verkehrssituation zu Nutze gemacht. Jetzt also auch das Loop5.
Ich sehe das Ganze nicht moralisch. Es ist der Lauf der Dinge. Tatsächlich wurde aus Sicht Darmstadts vieles falsch gemacht. Jetzt kann man nur zusehen, was aus der einst lebendigen Einkaufsstadt wird.
Kürzlich hat die IVW die Auflagenzahlen der Tageszeitungen für das zweite Quartal veröffentlicht. Die Auflagen gehen im Prinzip seit Jahren zurück, ein Bodensatz ist nicht in Sicht. Interessant ist nach der Veröffentlichung der letzten Zahlen immer, wie sich die Medien jene Zahlen heraussuchen, die ihnen am besten in den Kram passen. Die überregionalen Zeitungen hauen sich gegenseitig auf die Nasen.
Aber auch die Regionalzeitungen spielen kräftig mit beim Schönfärben. Im Darmstädter Echo vom Wochenende war zu lesen, dass die Auflagen der großen Zeitungen im Schnitt erheblich zurückgehen. In einem separaten Text darunter hieß es, dass das Echo seine Marktführerschaft in Südhessen behält.
Aha. Dort fällt kein Wort darüber, dass auch die Auflage des Echo zurückgegangen ist. Die Druckauflage am Samstag fiel in der Kernregion Darmstadt und Darmstadt-Dieburg im Vergleich zum Vorquartal von 70867 auf 70095, um einfach einmal eine Zahl zu nennen. Wenn man nun weiß, dass das Echo ein Monopol in der Kernregion hat, dann kann es nicht verwundern, wenn die Marktführerschaft erhalten wurde. Schließlich hätte schon ein Phönix aus der Asche kommen müssen, um die Nummer eins in dieser Region zu werden.
Mich stört daran, dass es gerade im Kontext mit der Meldung darüber ein offenes Wort über den Rückgang der Auflage der eigenen Zeitung sicher nicht geschadet hätte. Schließlich sind die IVW-Zahlen für jeden einsehbar. Diese Vertuschung könnte also jedem auffallen. Gerade in diesen Zeiten ist das Bedürfnis nach Ehrlichkeit von Politik, Unternehmen und Medien besonders groß. Mich wundert, dass letztere nicht über ihren eigenen Schatten springen können und mit offenen Karten ihren Leser entgegentreten. Das verlangen die Medien ja auch von Politik und Wirtschaft beispielsweise.
Und zur allgemeinen Entwicklung: Wie tief dürfen die Auflagenzahlen der einzelnen Zeitungen maximal sinken, damit noch qualitativ hochwertige Zeitungen produziert und gedruckt werden können? Oder ist in einzelnen Fällen diese Grenze bereits überschritten?
Da war noch eine zweite Geschichte in der Zeitung. Da geht es allerdings nicht um den Journalismus, sondern um das Thema an sich.
Darmstadt hat etwas von Schilda. Das habe ich schon einmal thematisiert. Die ICE-Anbindung ist ein weiteres Beispiel. In den vergangenen Jahren wurde Darmstadt mehr und mehr vom Fernverkehr abgekoppelt. Wenige ICEs halten heute noch in dem altehrwürdigen Bahnhof, der kürzlich aufwändig restauriert wurde. Dazu kommen einige ICs, die früher Interregios waren – entsprechend sind auch die ICs eher ein Zwitter aus Nah- und Fernverkehr. Darmstadt ist ein Provinzbahnhof mit einer hohen Pendlerdichte.
Nun will die Deutsche Bahn eine Schnellbahntrasse neben der Autobahn A 5 bauen. Darmstadt wollte gern wieder in das Fernverkehrsnetz integriert werden – und schon schossen die Ideen der Kommunalpolitiker ins Kraut. Eine direkte Anbindung hätte nicht die erwünschte Beschleunigung gebracht – für die Bahn war das nie eine Lösung. Dann gab es noch die aberwitzige Idee einer Bypass-Lösung. Jetzt hat sich auch der zuvor von dieser Lösung überzeugte Oberbürgermeister davon abgewandt. Die finanziellen Risiken seien zu hoch. Außerdem hatte sich immenser Widerstand der Bevölkerung geregt. Jetzt hat die Bahn die Idee eines Haltepunktes Darmstadt-West vorgestellt. Da wären nur die Bewohner der Siedlung Tann betroffen – sind aber nicht so viele.
Rückblende: Der Hauptbahnhof wurde erst Anfang des vergangenen Jahrhunderts aus dem Stadtgebiet nach Westen verlegt. Jetzt soll es noch weiter nach Westen gehen. Es soll ein Haltepunkt wie Limburg-Süd oder Montabaur entstehen. Wer in Darmstadt umsteigen will, der müsste dann mit der Straßenbahn zum Hauptbahnhof fahren. Das klingt nicht nur mühsam, das ist es auch. Die Bahn sagt, dass die Haltehäufigkeit von der Nachfrage der Kunden abhängt. Irgendwie ist zu vermuten, dass sich die Nachfrage in Grenzen halten wird. Das Konzept der Bahn sieht vor, Bürogebäude auf der in einem Kanal verlaufenden Bahntrasse zu erstellen. Es könnte zur Nachfrage führen, wenn sich an dieser Stelle viele Firmen ansiedeln würden – nur ist der Bürofllächenmarkt nicht gerade eng.
Unter dem Strich wäre es schlauer, der ICE würde ohne Halt in Darmstadt am Odenwald entlang sausen. Das wäre für alle günstiger – und es würde die Stadt vor der Erkenntnis bewahren, dass man doch nur eine große Kleinstadt ist.
In dem Zusammenhang wundere ich mich über noch eine Sache: In Weiterstadt entsteht gerade das Shopping-Center Loop 5. Es wurde ziemlich direkt an die Autobahn gebaut. Ich kann mir nun nicht vorstellen, dass zwischen Parkhaus und Autobahn noch eine ICE-Trasse passt. Hat sich mit dem Thema schon einmal irgendjemand befasst.
Heute lohnt sich die Lektüre meiner Zeitung wieder einmal. Ich lese die Zeitung von hinten – aber nicht von ganz hinten. Zuerst nehme ich das letzte Buch – Schwerpunkt Sport. Da bin ich immer am schnellsten durch. Als zweites kommt der Landkreis-Teil dran. Der interessiert mich, nur befriedigen mich die Inhalte leider selten. Mein erstes Thema fand ich auf der Aufschlagseite dieses Zeitungsteils.
Es gibt seit Jahrzehnten einen Streit zwischen dem Landkreis Darmstadt-Dieburg und der kreisfreien Stadt Darmstadt. In der Regel werden viele Schüler aus dem Kreis von den Darmstädter Gymnasien abgewiesen. Dann sind mal wieder die Eltern sauer, die die Stadtluft meiden, die Vorzüge der Stadt aber genießen wollen. Wenn Politiker unter den Eltern sind, dann wird auch auf dieser Ebene Stimmung gemacht. Das Darmstädter Echo hat da immer etwas zu schreiben. Das freut die Redaktion.
Bei der Lektüre sind mir zwei Dinge negativ aufgefallen: Der Autor hat eine reißerische Überschrift, das Zitat „Schalten Sie doch zuerst Ihr Hirn ein“ gewählt. Das reizt zum Lesen. Es geht im Text um eine Debatte mit Abstimmung im Kreistag. Das Zitat jedoch findet sich in anderer Form im Text wieder. „Sie hätten besser zuerst Ihr Gehirn eingeschaltet!“ Man darf Zitate schon einmal abwandeln, finde ich. Man kann etwas weglassen, auch Wörter darf man schon einmal vertauschen, wenn es der grammatikalischen Richtigkeit dient. Aber den Ton darf man nicht verändern. Das ist dem Autor gelungen, nur damit das Zitat in die Überschrift passt. Schwach. (Schwach ist auch, dass gerade kurz vor dem verfälschten Zitat ein Fehler ist, der das ganze noch unverständlicher macht: ‚Harth rief den Antragsschreiben zu‘, es muss Antragsschreibern heißen).
Dazu kommt dann leider noch ein inhaltlicher Fehler, der den Text für Unwissende unverständlich macht. Der Darmstadt-Dieburger Schuldezernent Christel Fleischmann wird zum Darmstädter Schuldezernenten, der derzeit gemeinsam mit dem Darmstädter Schuldezernenten Dierk Molter einen Schulentwicklungsplan zweier benachbarter Schulträger erarbeitet. Auch das ist schwach. Soviel zum Thema Qualtitätsjournalismus und Qualitätsmedien. Das Darmstädter Echo hat übrigens Anfang Juli Abo-Preise und die Preise im Einzelverkauf erhöht.
Fehler können passieren. Aber wenn es inhaltlich so große Relevanz hat, hört der Spaß auf.
Ein lokales Beispiel zeigt ganz gut, wie es um die SPD im Vorfeld der Bundestagswahl bestellt ist. In „Schilda“ Darmstadt hat bis gerade eben noch eine Ampelkoalition regiert. Vorgestern habe die Grünen die ganze Sache platzen lassen. Sie wollten nicht mehr dem Koalitionszwang gehorchen und die Hand für das äußerst umstrittene Projekt Nordostumgehung heben.
Jetzt gibt es Schuldzuweiseungen – das typische politische Spielchen eben. Aber darum geht es gar nicht. Für die Presse und die Bürger ist das ein Zukleisterthema. Tatsächlich bringt man sich mit dem Platzenlassen der Koalition in Position. Das hat die FDP in den vergangenen Monaten im Stadtparlament gemacht. Jetzt machen es die Grünen – die übrigens bei der Europawahl stärkste Kraft in der südhessischen Stadt geworden sind. Beide Koalitionspartner haben versucht, Profil zu gewinnen – und damit der SPD heftig geschadet.
Die Sozialdemokraten geben in Darmstadt den von anderen politischen Ebenen bekannten Hühnerhaufen ab, dem starke Persönlichkeiten fehlen. Darmstadt ist eigentlich sozialdemokratisch rot. Aber die Tendenz ins Grüne hat mittlerweile auch schon Tradition.
Jetzt ist man drauf und dran auch in der einstigen Hochburg seine Felle den Darmbach davon schwimmen zu sehen. Die Partei ist profillos geworden. Wichtige Themen auf kommunaler Ebene hat man mit OB Walter Hoffmann an der Spitze nicht in den Griff bekommen. Die Kommunalwahlen stehen 2011 an. Bis dahin könnte die SPD auf den dritten Rang – oder für die Genossen noch schlimmer – auf den vierten Rang in Darmstadt zurückfallen.
Hier kommt jetzt einmal etwas in eigener Sache. Es gibt eine neue Bildergalerie. Die B-Sides haben beim Schlossgrabenfest in Darmstadt gespielt. Hier ist die Auswahl einiger Fotos:
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