Bahn-Schilda

Da war noch eine zweite Geschichte in der Zeitung. Da geht es allerdings nicht um den Journalismus, sondern um das Thema an sich.

Darmstadt hat etwas von Schilda. Das habe ich schon einmal thematisiert. Die ICE-Anbindung ist ein weiteres Beispiel. In den vergangenen Jahren wurde Darmstadt mehr und mehr vom Fernverkehr abgekoppelt. Wenige ICEs halten heute noch in dem altehrwürdigen Bahnhof, der kürzlich aufwändig restauriert wurde. Dazu kommen einige ICs, die früher Interregios waren – entsprechend sind auch die ICs eher ein Zwitter aus Nah- und Fernverkehr. Darmstadt ist ein Provinzbahnhof mit einer hohen Pendlerdichte.

Nun will die Deutsche Bahn eine Schnellbahntrasse neben der Autobahn A 5 bauen. Darmstadt wollte gern wieder in das Fernverkehrsnetz integriert werden – und schon schossen die Ideen der Kommunalpolitiker ins Kraut. Eine direkte Anbindung hätte nicht die erwünschte Beschleunigung gebracht – für die Bahn war das nie eine Lösung. Dann gab es noch die aberwitzige Idee einer Bypass-Lösung. Jetzt hat sich auch der zuvor von dieser Lösung überzeugte Oberbürgermeister davon abgewandt. Die finanziellen Risiken seien zu hoch. Außerdem hatte sich immenser Widerstand der Bevölkerung geregt. Jetzt hat die Bahn die Idee eines Haltepunktes Darmstadt-West vorgestellt. Da wären nur die Bewohner der Siedlung Tann betroffen – sind aber nicht so viele.

Rückblende: Der Hauptbahnhof wurde erst Anfang des vergangenen Jahrhunderts aus dem Stadtgebiet nach Westen verlegt. Jetzt soll es noch weiter nach Westen gehen. Es soll ein Haltepunkt wie Limburg-Süd oder Montabaur entstehen. Wer in Darmstadt umsteigen will, der müsste dann mit der Straßenbahn zum Hauptbahnhof fahren. Das klingt nicht nur mühsam, das ist es auch. Die Bahn sagt, dass die Haltehäufigkeit von der Nachfrage der Kunden abhängt. Irgendwie ist zu vermuten, dass sich die Nachfrage in Grenzen halten wird. Das Konzept der Bahn sieht vor, Bürogebäude auf der in einem Kanal verlaufenden Bahntrasse zu erstellen. Es könnte zur Nachfrage führen, wenn sich an dieser Stelle viele Firmen ansiedeln würden – nur ist der Bürofllächenmarkt nicht gerade eng.

Unter dem Strich wäre es schlauer, der ICE würde ohne Halt in Darmstadt am Odenwald entlang sausen. Das wäre für alle günstiger – und es würde die Stadt vor der Erkenntnis bewahren, dass man doch nur eine große Kleinstadt ist.

In dem Zusammenhang wundere ich mich über noch eine Sache: In Weiterstadt entsteht gerade das Shopping-Center Loop 5. Es wurde ziemlich direkt an die Autobahn gebaut. Ich kann mir nun nicht vorstellen, dass zwischen Parkhaus und Autobahn noch eine ICE-Trasse passt. Hat sich mit dem Thema schon einmal irgendjemand befasst.

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Rote Erosion

Ein lokales Beispiel zeigt ganz gut, wie es um die SPD im Vorfeld der Bundestagswahl bestellt ist. In „Schilda“ Darmstadt hat bis gerade eben noch eine Ampelkoalition regiert. Vorgestern habe die Grünen die ganze Sache platzen lassen. Sie wollten nicht mehr dem Koalitionszwang gehorchen und die Hand für das äußerst umstrittene Projekt Nordostumgehung heben.

Jetzt gibt es Schuldzuweiseungen – das typische politische Spielchen eben. Aber darum geht es gar nicht. Für die Presse und die Bürger ist das ein Zukleisterthema. Tatsächlich bringt man sich mit dem Platzenlassen der Koalition in Position. Das hat die FDP in den vergangenen Monaten im Stadtparlament gemacht. Jetzt machen es die Grünen – die übrigens bei der Europawahl stärkste Kraft in der südhessischen Stadt geworden sind. Beide Koalitionspartner haben versucht, Profil zu gewinnen – und damit der SPD heftig geschadet.

Die Sozialdemokraten geben in Darmstadt den von anderen politischen Ebenen bekannten Hühnerhaufen ab, dem starke Persönlichkeiten fehlen. Darmstadt ist eigentlich sozialdemokratisch rot. Aber die Tendenz ins Grüne hat mittlerweile auch schon Tradition.

Jetzt ist man drauf und dran auch in der einstigen Hochburg seine Felle den Darmbach davon schwimmen zu sehen. Die Partei ist profillos geworden. Wichtige Themen auf kommunaler Ebene hat man mit OB Walter Hoffmann an der Spitze nicht in den Griff bekommen. Die Kommunalwahlen stehen 2011 an. Bis dahin könnte die SPD auf den dritten Rang – oder für die Genossen noch schlimmer – auf den vierten Rang in Darmstadt zurückfallen.

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