Rot ist tot

Es ist tatsächlich so: Die Deutschen trauen der SPD nicht zu, die richtigen Lösungen für ihr Land zu entwickeln. Die Sozialdemokraten wurden bei der Europawahl mit Missachtung bestraft. Es ist schwer zu sagen, ob die Haltung der SPD bei den Diskussionen um Staatshilfen für Opel und Arcandor mit ausschlaggebend waren. Möglicherweise haben vielleicht einfach auch die SPD-Anhänger noch nicht einmal mehr Lust auf ihre Genossen.

Frank-Walter Steinmeier ist wahrscheinlich zudem der falsche Mann für die Kanzlerkandidatur. Gerade im Wahlkampf kommt er besonders unglaubwürdig rüber. Die emotionalisierenden Sozi-Reden nimmt man ihm nicht ab. Dazu kommt noch für die etwas anders gepolten Sozialdemokraten, denen das Genossen-Gerede sowieso schon zu viel ist, und dennoch ihrer Partei die Stange halten, dass Steinmeier offensichtlich noch Nachholbedarf bei den Themen BWL und VWL hat. Das kommt in Zeiten wie diesen gar nicht gut.

Franz Müntefering muss sagen, dass die Wahlschlappe noch nicht zur Hochrechnung für die Bundestagswahl taugt. Er weiß selbst, dass das nicht stimmt. Die SPD wird sich von der Regierungsbank verabschieden. Das ist klar. In Deutschland wird Schwarz-Gelb das Ruder übernehmen.

Die Liberalen gehen gestärkt aus den Europawahlen hervor, obwohl sich ihre Spitzenkandidatin Silvana Koch-Mehrin ziemlich starkem Gegenwind wegen ihres mutmaßlichem Fernbleibens von Parlaments-Sitzungen und Auschuss-Treffen ausgesetzt sah. Gerichtliche Verfügungen haben Schlechtrednern die Grenzen aufgezeigt. Sie wird nun aber sicher unter genauerer Beobachtung stehen. Den Wählern war das Ganze aber augenscheinlich egal.

Auch die Grünen gehören zu den großen Gewinnern in Deutschland und manch anderen EU-Staaten. Tragisch: In vielen Ländern haben Rechtsradikale und -extreme den Einzug ins Europäische Parlament geschafft. Oft handelt es sich um EU-Gegner. Das wird die Arbeit im Abgeordnetenhaus sicher nicht leichter machen.

Insgesamt ist es für die Sozialdemokraten nicht so gut gelaufen. Aber das deutsche Ergebnis ist schon sehr speziell und zukunftweisend. Was soll der taumelnde Boxer SPD nun machen? Die Zeit ist knapp. Steinmeier hat vor allem in der Wirtschaft seinen Kredit verspielt. Müntefering wird einige schlaflose Nächte verbringen. Wie fühlt es sich an, wenn man mehr oder weniger tatenlos zusehen muss, dass die Niederlage naht, einen niederschmettern wird? Welches Wunder kann helfen? Nur etwas völlig Unvorhergesehenes kann der SPD noch helfen.

Erinnert sich eigentlich noch jemand an Andrea Ypsilanti und ihre peinlichen Gehversuche auf der großen politischen Bühne?

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Aus der Deckung

Die Zukunft von Arcandor hängt am seidenen Faden. Die EU-Kommission hat Hilfen aus dem Deutschlandfonds untersagt. In Berlin muss man nun wieder grübeln, wie sich der Wahlkampf in der causa Arcandor fortsetzen lässt. Tatsache ist, dass Arcandor und vor allem Karstadt bereits vor Juli 2008 in Schieflage war. Eigentlich fing die Malaise schon 1999 mit dem Zusammengehen von Karstadt und Quelle an. Allerdings: War Opel nicht auch schon vor Juli 2008 in der Krise? Durch die enge Verzahnung mit GM können das wohl selbst Experten nicht wasserdicht ergründen.

Interessanterweise kam jetzt die Metro wieder aus der Deckung. Man könne sich vorstellen, 60 Karstadt-Häuser zu übernehmen und daraus Galeria Kaufhof-Filialen machen. Eigentlich hatte man gerade das Gefühl, das sich der Handelskonzern bis zu einer endgültigen Entscheidung über eine etwaige Staatshilfe für Arcandor zurückhalten würde.

Dazu kamen noch Meldungen, dass Kreditversicherer Euler-Hermes Karstadt das Leben zusätzlich schwer machen wird. Eigentlich spricht im Moment alles gegen Karstadt – fast alles.

Der Metro-Vorstoß zeigt nochmal, dass im Hintergrund an einer Lösung gearbeitet wird, die unterschiedliche Seiten ins Risiko einbezieht. Auch Sal. Oppenheim und Madeleine Schickedanz sind offensichtlich bereit, Geld nachzuschießen.

Ein bisschen Staat, ein bisschen die anderen: So wird man es am Ende wohl schaffen, einen Teil der Arbeitsplätze zu sichern. Das Ganze ist vorerst eine Kurzfrist-Lösung. Mittelfristig muss man die Frage stellen, ob das Warenhaus in der momentanen Form überhaupt eine Zukunft hat. Auch hier wird das sicher noch zum Thema.

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