Quelle am Ende

Eine Erkenntnis bleibt: Die Millionen der Steuerzahler hätte man lieber in die Bildung – anstatt der maroden Quelle den Druck des wohl letzten dicken Katalogs zu finanzieren. Das Traditionsunternehmen wird abgewickelt. Das hat der Insolvenzverwalter von Arcandor gestern mitgeteilt.

Der Anfang vom Ende war der Zusammenschluss von Karstadt und Quelle. Ein wichtigen Sargnagel in die Ruhestätten der Handels-Titanen Quelle und Karstadt hat Thomas Middelhoff mit seiner Unternehmensführung eingeschlagen. Jetzt heißt es für Tausende Abschied nehmen von ihrem sinnstiftenden Arbeitgeber. Die Kunden müssen sich andere Versender aussuchen – sollte tatsächlich Neckermann.de nun noch eine Daseins-Berechtigung haben?

Quelle wird nun in irgendeiner Form zerteilt. Die Leichenfledderer dürften schon warten – so günstig wir jetzt sind einzelne Teile sonst nicht zu haben. Zum einen sind da die Marken wie Universum und Privileg, die es als Eigenmarken des Versenders zu einem beachtlichen Bekanntheitsgrad gebracht haben. Dann steht in Leipzig ein turbomodernes Logistikzentrum für die Abwicklung des Versandhandelsgeschäft. Das müsste doch auch auf Interesse stoßen.

Quelle wird es so also nicht mehr geben. Bei manchen Unternehmen kann man sich irgendwie gar nicht vorstellen, dass sie so einfach von der Bildfläche verschwinden. Nur: Quelle bleibt da wahrscheinlich nicht der einzige Name. Auch in anderen Bereichen wird es – wie man so schön euphemistisch sagt – zu einer Marktbereinigung kommen.

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Quelle von Strudel bedroht

Nach zähem Ringen hat sich die Politik nun doch dazu durchgerungen, dem Versandhaus Quelle einen Massekredit zu gewähren. Die 50 Millionen Euro seien notwendig gewesen, um den sofortigen Exitus zu verhindern, heißt es. Die EU hat dem Ganzen stattgegeben.

Okay, das rasche Ende ist verhindert – aber wie nachhaltig kann die Hilfe sein? Der Universalversand ist in der Krise. Das ist gar kein neues Phänomen. Alles unter einem Dach ist bei den Warenhäusern passé und bei den Versendern wahrscheinlich auch. Neckermann.de, schon vor geraumer Zeit aus dem Arcandor-Konzern faktisch herausgeschält, dümpelt vor sich hin. Überraschend war die Meldung, dass schon im nächsten Jahr schwarze Zahlen geschrieben werden sollen. Und jetzt Quelle.

Nennenswert ist in diesem Kanon eigentlich nur noch Otto. Die Otto-Gruppe steht vergleichsweise gut da. Mit dem Universalversand unter der Marke Otto hat das am wenigsten zu tun. Diversifikation ist eines der Stichworte. Der Konzern schreckt vor stationären Geschäften nicht zurück, geht Joint Ventures (in der Vergangenheit unter andere mit Zara) ein. Das Internet wird aktiv beackert. Zahllos sind die E-Commerce-Unternehmen, die zur Otto-Gruppe gehören. Entweder man macht es selbst (Yalook) oder man kauft hinzu (Limango ). Ebenfalls ein Schritt in eine erfolgversprechende Zukunft ist der Aufbau von Logistik-Dienstleistern unter der Dachmarke Hermes. So kann der Konzern auch davon profitieren, dass im E-Commerce andere erfolgreich – und vielleicht sogar erfolgreicher als die eigenen Töchter – sind. Das gilt für das Lagergeschäft wie für den Versand.

Universalversand und der Long Tail schließen sich quasi aus. Man versucht, sich als allumfassende Plattform zu etablieren, auf der auch andere ihren Waren anbieten können. Augenscheinlich funktioniert das nicht – und gefragt ist es vermutlich auch nicht. Vielmehr sind es die vielen Spezialisten mit ihren Spezial-Shops im Netz, die ihre Kundschaft finden und richtig ansprechen. Die Mega-Tanker aus der alten Welt, denen das Drucken der Kataloge so wichtig ist, haben nicht die richtigen Rezepte parat. Es fehlt auch an der richtigen Denke.

Ich muss leider wieder den Vergleich zu Medienwelt ziehen. Dort ist das Problem dasselbe. Die Bedrohung allerdings ist dort weit größer, da dort geistige bzw. mutmaßlich kreative Waren verkauft werden müssen. Sie sind viel flüchtiger und reproduzierbarer als Produkte, die man anfassen kann.

Die Zeit von Großkonzernen der alten Welt ist vorbei – das gilt ganz besonders für alle Bereiche der Wirtschaft, in denen das Internet ein besondere Rolle spielt. Und das ist im Handel zweifelsohne so.

Wie soll mit diesen Vorzeichen Quelle gerettet werden? Es ist quasi nicht möglich. Es kommt nicht von ungefähr, wenn Otto-Chef Hans-Otto Schrader davon spricht, dass Quelle nicht sanierungsfähig ist. Er hat kein Interesse an einer Übernahme. Aus den sogenannten Spezialversendern, die auch zum Arcandor-Konglomerat gehören, würde er sich gern die Rosinen rauspicken. Soweit ist es aber noch nicht. Das Phänomen Long Tail hat er auf jeden Fall verinnerlicht – das ist sein Vorteil. Auf jeden Fall hat er keine Lust, sich an Quelle zu vergiften.

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Schöner shoppen in der Pleite

Arcandor hat nicht bis zum Freitag gewartet. Der Konzern hat schon heute Insolvenzantrag gestellt. Gestern hat die Regierung Geld aus dem Deutschlandfonds verweigert. Einen Notfallkredit wollte man auch nicht herausrücken. Die Hauptaktionäre hätten sich etwas mehr hineinknien sollen, meint die Regierung. Eine letzte Möglichkeit zur Nachbesserung des Angebots hat es dann noch gegeben. Aber man wollte nicht. Sal. Oppenheim und Madeleine Schickedanz wollten wohl auch nicht.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg kommt diese Entscheidung sicher recht. Bei Opel hätte er sich einen ähnlichen Verlauf gewünscht. Das wollte wiederum der Rest der Regierung nicht. Jetzt jammern die Angestellten. Das ist verständlich, schließlich ist es Missmanagement gewesen, das sie in diese missliche Situation manövriert hat. Sie haben ihren Beitrag zur vermeintlichen Sanierung erbracht und auf Lohn verzichtet. Jetzt erhalten sie jene Quittung, die andere hätten erhalten müssen.

Karl-Gerhard Eick, derzeitiger Konzernlenker, kann natürlich am wenigsten für den Scherbenhaufen, vor dem er mit seiner gesamten Belegschaft steht. Die Hauptaktionäre haben sicher anderes erhofft, als sie ihn auf den Chefsessel hoben. Als ehemaliger Telekom-Mann hat er beste Beziehungen nach Berlin. Der ehemalige Staatskonzern hat eine eigene Stabsabteilung für Lobby-Arbeit an der politischen Front. Seine Beziehungen konnte er offensichtlich nicht ausspielen in dem Kampf um Staatsknete.

Jetzt wird ein Planinsolvenzverfahren angestrebt. So soll der Laden tüchtig aufgeräumt werden. Die Mitarbeiter werden jetzt drei Monate vom Staat bezahlt. Der Steuerzahler mussalso in jedem Fall bluten. Bei Karstadt müssen Stellen gestrichenwerden. Bei Quelle wird es auch nicht ganz glimpflich ablaufen. Ob Thomas Cook und die mutmaßlich profitablen Spezialversender und HSE24 verkauft werden können, ist noch nicht ganz klar. Wie werden nun Kaufhof und Otto als potenzielle Übernehmer der Geschäft von Karstadt und Quelle reagieren? Füße stillhalte oder vielleicht doch zu einem guten Preis zuschlagen.

Ein Kapitel ist abgeschlossen – aber die Story ist noch lange nicht zu Ende.

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