Autojammer

Noch profitieren einige Autohersteller von der Abwrackprämie – von den deutschen Herstellern sind es wohl nur Opel und VW -, und trotzdem fängt schon jetzt das öffentliche Gejammer an, dass die Abwrackprämie unter dem Strich keine große Hilfe für die Autobauer sein dürfte.

Ist ja toll: Experten haben von Anfang an auf die Problematik hingewiesen, dass eine künstliche Nachfrage generiert wird, die zu einer Enthaltsamkeit der Autokäufer in den kommenden Jahren führen wird. Das hätten Politik und Wirtschaft also schon früher in ihre Überlegungen mit einbeziehen können.

Ja, die Abwrackprämie ist keine große, nachhaltige Hilfe für die Autobauer. Beim einzelnen bleibt die Erkenntnis zurück, dass er dem Nachbarn mit seinen Steuergeldern die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs finanziert hat. Ist ja wirklich toll.

Wirtschaftskrise hin oder her: Die Automobilbranche hat ein strukturelles Problem. Der Lauf der Dinge sieht vor, dass dieser Industriezweig weiter schrumpfen muss. Wenn Staaten keine Hilfen mehr ausspucken wollen oder können, ist es vorbei für den einen oder anderen Hersteller von Autos. Das müssen leider auch die Beschäftigten in diesem Wirtschaftszweig verstehen. Schließlich ist diese Branche nicht die einzige, die vor heftigen Umwälzungen steht.

Spannend bleibt die Frage, wer sich schließlich durchsetzen wird. Die Geschichte von Industrie und Technik zeigt, dass sich nicht immer die besten Produkte durchsetzen. Finanzkraft spielt neben anderen Dingen sicher ein große Rolle. Aber vielleicht – und das wäre zu hoffen – haben doch innovative Ansätze wie alternativen Antriebstechniken am Ende das zeug dazu, sich gegen schiere Größe durchzusetzen. Da sind Unternehmer und mutige Investoren gefragt. Dann haben vielleicht die Hersteller mit mutmaßlich zu geringen Stückzahlen doch noch eine Chance sich gegen die Großen der Branche durchzusetzen.

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Rote Erosion

Ein lokales Beispiel zeigt ganz gut, wie es um die SPD im Vorfeld der Bundestagswahl bestellt ist. In „Schilda“ Darmstadt hat bis gerade eben noch eine Ampelkoalition regiert. Vorgestern habe die Grünen die ganze Sache platzen lassen. Sie wollten nicht mehr dem Koalitionszwang gehorchen und die Hand für das äußerst umstrittene Projekt Nordostumgehung heben.

Jetzt gibt es Schuldzuweiseungen – das typische politische Spielchen eben. Aber darum geht es gar nicht. Für die Presse und die Bürger ist das ein Zukleisterthema. Tatsächlich bringt man sich mit dem Platzenlassen der Koalition in Position. Das hat die FDP in den vergangenen Monaten im Stadtparlament gemacht. Jetzt machen es die Grünen – die übrigens bei der Europawahl stärkste Kraft in der südhessischen Stadt geworden sind. Beide Koalitionspartner haben versucht, Profil zu gewinnen – und damit der SPD heftig geschadet.

Die Sozialdemokraten geben in Darmstadt den von anderen politischen Ebenen bekannten Hühnerhaufen ab, dem starke Persönlichkeiten fehlen. Darmstadt ist eigentlich sozialdemokratisch rot. Aber die Tendenz ins Grüne hat mittlerweile auch schon Tradition.

Jetzt ist man drauf und dran auch in der einstigen Hochburg seine Felle den Darmbach davon schwimmen zu sehen. Die Partei ist profillos geworden. Wichtige Themen auf kommunaler Ebene hat man mit OB Walter Hoffmann an der Spitze nicht in den Griff bekommen. Die Kommunalwahlen stehen 2011 an. Bis dahin könnte die SPD auf den dritten Rang – oder für die Genossen noch schlimmer – auf den vierten Rang in Darmstadt zurückfallen.

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Quelle von Strudel bedroht

Nach zähem Ringen hat sich die Politik nun doch dazu durchgerungen, dem Versandhaus Quelle einen Massekredit zu gewähren. Die 50 Millionen Euro seien notwendig gewesen, um den sofortigen Exitus zu verhindern, heißt es. Die EU hat dem Ganzen stattgegeben.

Okay, das rasche Ende ist verhindert – aber wie nachhaltig kann die Hilfe sein? Der Universalversand ist in der Krise. Das ist gar kein neues Phänomen. Alles unter einem Dach ist bei den Warenhäusern passé und bei den Versendern wahrscheinlich auch. Neckermann.de, schon vor geraumer Zeit aus dem Arcandor-Konzern faktisch herausgeschält, dümpelt vor sich hin. Überraschend war die Meldung, dass schon im nächsten Jahr schwarze Zahlen geschrieben werden sollen. Und jetzt Quelle.

Nennenswert ist in diesem Kanon eigentlich nur noch Otto. Die Otto-Gruppe steht vergleichsweise gut da. Mit dem Universalversand unter der Marke Otto hat das am wenigsten zu tun. Diversifikation ist eines der Stichworte. Der Konzern schreckt vor stationären Geschäften nicht zurück, geht Joint Ventures (in der Vergangenheit unter andere mit Zara) ein. Das Internet wird aktiv beackert. Zahllos sind die E-Commerce-Unternehmen, die zur Otto-Gruppe gehören. Entweder man macht es selbst (Yalook) oder man kauft hinzu (Limango ). Ebenfalls ein Schritt in eine erfolgversprechende Zukunft ist der Aufbau von Logistik-Dienstleistern unter der Dachmarke Hermes. So kann der Konzern auch davon profitieren, dass im E-Commerce andere erfolgreich – und vielleicht sogar erfolgreicher als die eigenen Töchter – sind. Das gilt für das Lagergeschäft wie für den Versand.

Universalversand und der Long Tail schließen sich quasi aus. Man versucht, sich als allumfassende Plattform zu etablieren, auf der auch andere ihren Waren anbieten können. Augenscheinlich funktioniert das nicht – und gefragt ist es vermutlich auch nicht. Vielmehr sind es die vielen Spezialisten mit ihren Spezial-Shops im Netz, die ihre Kundschaft finden und richtig ansprechen. Die Mega-Tanker aus der alten Welt, denen das Drucken der Kataloge so wichtig ist, haben nicht die richtigen Rezepte parat. Es fehlt auch an der richtigen Denke.

Ich muss leider wieder den Vergleich zu Medienwelt ziehen. Dort ist das Problem dasselbe. Die Bedrohung allerdings ist dort weit größer, da dort geistige bzw. mutmaßlich kreative Waren verkauft werden müssen. Sie sind viel flüchtiger und reproduzierbarer als Produkte, die man anfassen kann.

Die Zeit von Großkonzernen der alten Welt ist vorbei – das gilt ganz besonders für alle Bereiche der Wirtschaft, in denen das Internet ein besondere Rolle spielt. Und das ist im Handel zweifelsohne so.

Wie soll mit diesen Vorzeichen Quelle gerettet werden? Es ist quasi nicht möglich. Es kommt nicht von ungefähr, wenn Otto-Chef Hans-Otto Schrader davon spricht, dass Quelle nicht sanierungsfähig ist. Er hat kein Interesse an einer Übernahme. Aus den sogenannten Spezialversendern, die auch zum Arcandor-Konglomerat gehören, würde er sich gern die Rosinen rauspicken. Soweit ist es aber noch nicht. Das Phänomen Long Tail hat er auf jeden Fall verinnerlicht – das ist sein Vorteil. Auf jeden Fall hat er keine Lust, sich an Quelle zu vergiften.

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Kanzlerkandidaten-Exegese

Ich bleibe dabei: Man nimmt es ihm nicht ab. Frank-Walter Steinmeier hat beim SPD-Parteitag ein kämpferische Rede gehalten, wie es die Kommentatoren in Zeitung, Funk und Fernsehen dann immer nennen. Die Zeitungen sind voll von Kanzlerkandidaten-Exegese. „Ich will Kanzler aller Deutschen werden“ wird dann als Machtanspruch gedeutet. Ach so. Da hat also die SPD tatsächlich einen Kanzlerkandidaten gekürt, der Machtanspruch hat. Entschuldigung, aber so blöd können noch nicht einmal Sozialdemokraten sein, einen Kandidaten zu küren, der keine Lust auf das angestrebte Amt hat.

Steinmeier ist einfach kein richtiger Sozi. Eigentlich ist er auch kein guter Redner. Am Sonntag ist er tatsächlich über seinen Schatten gesprungen. Es ist wohl sogar so, dass er frei gesprochen hat. Augenzeugen zufolge sollen die Delegierten im Saal kurzzeitig tatsächlich gedacht haben, dass die SPD mit Blick auf die Bundestagswahl noch nicht geschlagen ist. Ein Traum in Rot.

Immerhin liegt jetzt einmal ein Wahlprogramm auf den Tisch, das durchaus einige Akzente setzt. Die Union ist das noch schuldig. Angesichts der Wirtschaftskrise müssen sicher langfristige Ziele nochmals überdacht werden. Mal sehen, was am Ende dabei herauskommt.

Auch bei der FDP darf man interessiert auf das fertige Papier warten. Die Liberalen stehen wie keine andere Partei für das „weiter so wie bisher“. Umso erstaunlicher ist es, dass die Liberalen sogar in Zeiten, in denen laut nach beispielsweise einer Regulierung des Finanzwesens gerufen wird, einen Erfolg nach dem anderen feiern. Wie können Liberale auf den Zug aufspringen und auch mehr Staat fordern, wenn alle – außer vielleicht den Liberalen selbst – der Meinung sind, dass der Kapitalismus in Reinform offensichtlich nicht das Modell der Zukunft ist, sondern eher irgendeine Spielart der sozialen Marktwirtschaft? Sie werden eine Lösung finden, die Westerwelles und Niebels.

Die Linken dürften da leichtes Spiel haben und den Einzug in den Bundestag erneut schaffen. Auch die Grünen werden sicher noch weiter profitieren. Irgendwie hat man das Gefühl, Grün könnte das neue Rot werden. Ich bleibe bei der Meinung, dass die Sozialdemokraten nachhaltig in einer Krise stecken. Es kommt zu einer neuen Ordnung. Aus heutiger Sicht wird nichts an der schwarz-gelben Regierung vorbeiführen. Die Union positioniert sich wieder als Partei, die für (christ-)soziale Marktwirtschaft steht. Die mögliche Rolle der FDP ist noch nicht ganz definiert.

Die nächsten Wochen und Monate werden interessant, nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Politik – dieser Aussage kann sicher jeder zustimmen.

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Schulbücher terminiert

Der Arnie traut sich was. Das war früher so, als er als Terminator und Eraser über die Kinoleinwände zog. Und heute als Gouverneur von Kalifornien ist das genauso.

Jetzt hat er beschlossen, die gedruckten Schulbücher abzuschaffen und sie gegen elektronische Varianten auszutauschen. Die herkömmlichen Werke seien zu schwer und zu teuer. Punkt. Kalifornien ist ein Hochtechnologie-Standort, das muss man auch auf diesem Weg dokumentieren, sagt er. Schon im Herbst sollen die Lehrwerke wahrscheinlich auf einem speziellen E-Book-Reader zur Anwendung gelangen.

Wie das wohl die deutschen Schulbuchverlage sehen? Ich glaube, Schwarzenegger geht da einen richtigen und zukunftsweisenden Schritt. Mittelfristig sollte man auch bei uns über die Digitalisierung der Schulbücher nachdenken. Sicher sind die Hindernisse nirgends höher als in Deutschland – gerade wenn man an Lehrer und Eltern denkt.

Die Vorteile sind aber immens. Ständig wird beklagt, dass die Kinder zu schwere Ranzen schleppen. Ein E-Book-Reader wiegt nur den Bruchteil eines mobilen Bücherregals. Schmierereien in Büchern wären auch passé. Über interaktive Elemente könnte das digitale Schulbuch zu einem echten Arbeitsbuch werden. Auswertungsmöglichkeiten durch die Lehrkräfte wären ohne Medienbruch möglich. Mehr Transparenz, höhere Automatisierung – die Industrialisierung des Bildungsbetriebs in Bereichen, in denen es absolut Sinn macht. Die menschliche Komponente vergesse ich nicht. Sie hat im täglichen Offline-Umgang mit Kindern und Jugendlichen noch immer genug Raum.

Diese Dienstreise also könnte sich lohnen: Kultusminister fahrt nach Kalifornien und schaut Euch die Lösung an! Entlastet die Kinder und nutzt das Potenzial!

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Schöner shoppen in der Pleite

Arcandor hat nicht bis zum Freitag gewartet. Der Konzern hat schon heute Insolvenzantrag gestellt. Gestern hat die Regierung Geld aus dem Deutschlandfonds verweigert. Einen Notfallkredit wollte man auch nicht herausrücken. Die Hauptaktionäre hätten sich etwas mehr hineinknien sollen, meint die Regierung. Eine letzte Möglichkeit zur Nachbesserung des Angebots hat es dann noch gegeben. Aber man wollte nicht. Sal. Oppenheim und Madeleine Schickedanz wollten wohl auch nicht.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg kommt diese Entscheidung sicher recht. Bei Opel hätte er sich einen ähnlichen Verlauf gewünscht. Das wollte wiederum der Rest der Regierung nicht. Jetzt jammern die Angestellten. Das ist verständlich, schließlich ist es Missmanagement gewesen, das sie in diese missliche Situation manövriert hat. Sie haben ihren Beitrag zur vermeintlichen Sanierung erbracht und auf Lohn verzichtet. Jetzt erhalten sie jene Quittung, die andere hätten erhalten müssen.

Karl-Gerhard Eick, derzeitiger Konzernlenker, kann natürlich am wenigsten für den Scherbenhaufen, vor dem er mit seiner gesamten Belegschaft steht. Die Hauptaktionäre haben sicher anderes erhofft, als sie ihn auf den Chefsessel hoben. Als ehemaliger Telekom-Mann hat er beste Beziehungen nach Berlin. Der ehemalige Staatskonzern hat eine eigene Stabsabteilung für Lobby-Arbeit an der politischen Front. Seine Beziehungen konnte er offensichtlich nicht ausspielen in dem Kampf um Staatsknete.

Jetzt wird ein Planinsolvenzverfahren angestrebt. So soll der Laden tüchtig aufgeräumt werden. Die Mitarbeiter werden jetzt drei Monate vom Staat bezahlt. Der Steuerzahler mussalso in jedem Fall bluten. Bei Karstadt müssen Stellen gestrichenwerden. Bei Quelle wird es auch nicht ganz glimpflich ablaufen. Ob Thomas Cook und die mutmaßlich profitablen Spezialversender und HSE24 verkauft werden können, ist noch nicht ganz klar. Wie werden nun Kaufhof und Otto als potenzielle Übernehmer der Geschäft von Karstadt und Quelle reagieren? Füße stillhalte oder vielleicht doch zu einem guten Preis zuschlagen.

Ein Kapitel ist abgeschlossen – aber die Story ist noch lange nicht zu Ende.

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Rot ist tot

Es ist tatsächlich so: Die Deutschen trauen der SPD nicht zu, die richtigen Lösungen für ihr Land zu entwickeln. Die Sozialdemokraten wurden bei der Europawahl mit Missachtung bestraft. Es ist schwer zu sagen, ob die Haltung der SPD bei den Diskussionen um Staatshilfen für Opel und Arcandor mit ausschlaggebend waren. Möglicherweise haben vielleicht einfach auch die SPD-Anhänger noch nicht einmal mehr Lust auf ihre Genossen.

Frank-Walter Steinmeier ist wahrscheinlich zudem der falsche Mann für die Kanzlerkandidatur. Gerade im Wahlkampf kommt er besonders unglaubwürdig rüber. Die emotionalisierenden Sozi-Reden nimmt man ihm nicht ab. Dazu kommt noch für die etwas anders gepolten Sozialdemokraten, denen das Genossen-Gerede sowieso schon zu viel ist, und dennoch ihrer Partei die Stange halten, dass Steinmeier offensichtlich noch Nachholbedarf bei den Themen BWL und VWL hat. Das kommt in Zeiten wie diesen gar nicht gut.

Franz Müntefering muss sagen, dass die Wahlschlappe noch nicht zur Hochrechnung für die Bundestagswahl taugt. Er weiß selbst, dass das nicht stimmt. Die SPD wird sich von der Regierungsbank verabschieden. Das ist klar. In Deutschland wird Schwarz-Gelb das Ruder übernehmen.

Die Liberalen gehen gestärkt aus den Europawahlen hervor, obwohl sich ihre Spitzenkandidatin Silvana Koch-Mehrin ziemlich starkem Gegenwind wegen ihres mutmaßlichem Fernbleibens von Parlaments-Sitzungen und Auschuss-Treffen ausgesetzt sah. Gerichtliche Verfügungen haben Schlechtrednern die Grenzen aufgezeigt. Sie wird nun aber sicher unter genauerer Beobachtung stehen. Den Wählern war das Ganze aber augenscheinlich egal.

Auch die Grünen gehören zu den großen Gewinnern in Deutschland und manch anderen EU-Staaten. Tragisch: In vielen Ländern haben Rechtsradikale und -extreme den Einzug ins Europäische Parlament geschafft. Oft handelt es sich um EU-Gegner. Das wird die Arbeit im Abgeordnetenhaus sicher nicht leichter machen.

Insgesamt ist es für die Sozialdemokraten nicht so gut gelaufen. Aber das deutsche Ergebnis ist schon sehr speziell und zukunftweisend. Was soll der taumelnde Boxer SPD nun machen? Die Zeit ist knapp. Steinmeier hat vor allem in der Wirtschaft seinen Kredit verspielt. Müntefering wird einige schlaflose Nächte verbringen. Wie fühlt es sich an, wenn man mehr oder weniger tatenlos zusehen muss, dass die Niederlage naht, einen niederschmettern wird? Welches Wunder kann helfen? Nur etwas völlig Unvorhergesehenes kann der SPD noch helfen.

Erinnert sich eigentlich noch jemand an Andrea Ypsilanti und ihre peinlichen Gehversuche auf der großen politischen Bühne?

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Mitleidstour

Eigentlich würde ich gern auch wieder über etwas anderes schreiben. Aber der Fall Arcandor lässt mich nicht los. In allen politischen Reden kommt Arcandor vor. Angela Merkel hat bei einer Wahlkampfrede gestern nochmal betont, dass man sehr genau prüfen müsse, welche Unternehmen Geld aus dem Staatsfonds erhalten und damit dem Steuerzahler auf der Tasche liegen. Im Prinzip hat Arcandor schlechte Karten. Auch in den anderen Parteien, ausgenommen der mutmaßlich sozialen, ist man nur wenig von der Hilfsbedürftigkeit aufgrund der Wirtschaftskrise überzeugt.

Ein Arcandor-Sprecher hat schon einmal angekündigt, dass man wohl Insolvenz anmelden muss. Vielleicht schneller als gedacht. Auch Ex-Chef Thomas Middelhoff zieht wieder die Aufmerksamkeit auf sich. Er sieht sich einer Reihe von Vorwürfen ausgetzt. Vom Immobiliendeal könnte er mit seiner Frau profitiert haben. Auch das Thema Insolvenzverschleppung könnte ihn irgendwann noch einholen.

Jetzt wird erstmal auf die Tränendrüse gedrückt, während die Politik sehr richtig (sic!) darauf hinweist, dass der Konzern noch Potenzial hat, die Situation selbst zu verbessern. Zur Not muss man eben versuchen, Thomas Cook zu versilbern und das Handelgeschäft neu zu organisieren.

In der CDU hat man übrigens tatsächlich schon erkannt, das Karl-Theodor zu Guttenberg ein für die Partei nützlicher Wirtschaftsexperte ist. Nun bleibt anzuwarten, inwieweit CSU und Schwester das honorieren – konkreter: mit welchem Posten.

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Aus der Deckung

Die Zukunft von Arcandor hängt am seidenen Faden. Die EU-Kommission hat Hilfen aus dem Deutschlandfonds untersagt. In Berlin muss man nun wieder grübeln, wie sich der Wahlkampf in der causa Arcandor fortsetzen lässt. Tatsache ist, dass Arcandor und vor allem Karstadt bereits vor Juli 2008 in Schieflage war. Eigentlich fing die Malaise schon 1999 mit dem Zusammengehen von Karstadt und Quelle an. Allerdings: War Opel nicht auch schon vor Juli 2008 in der Krise? Durch die enge Verzahnung mit GM können das wohl selbst Experten nicht wasserdicht ergründen.

Interessanterweise kam jetzt die Metro wieder aus der Deckung. Man könne sich vorstellen, 60 Karstadt-Häuser zu übernehmen und daraus Galeria Kaufhof-Filialen machen. Eigentlich hatte man gerade das Gefühl, das sich der Handelskonzern bis zu einer endgültigen Entscheidung über eine etwaige Staatshilfe für Arcandor zurückhalten würde.

Dazu kamen noch Meldungen, dass Kreditversicherer Euler-Hermes Karstadt das Leben zusätzlich schwer machen wird. Eigentlich spricht im Moment alles gegen Karstadt – fast alles.

Der Metro-Vorstoß zeigt nochmal, dass im Hintergrund an einer Lösung gearbeitet wird, die unterschiedliche Seiten ins Risiko einbezieht. Auch Sal. Oppenheim und Madeleine Schickedanz sind offensichtlich bereit, Geld nachzuschießen.

Ein bisschen Staat, ein bisschen die anderen: So wird man es am Ende wohl schaffen, einen Teil der Arbeitsplätze zu sichern. Das Ganze ist vorerst eine Kurzfrist-Lösung. Mittelfristig muss man die Frage stellen, ob das Warenhaus in der momentanen Form überhaupt eine Zukunft hat. Auch hier wird das sicher noch zum Thema.

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Was bleibt?

GM ist insolvent. Der US-Motorbauer hat Gläubigerschutz beantragt. Gerade noch rechtzeitig wurde Opel von GM gelöst. Opel scheint vorerst gerettet. Dem Konzept von Magna wurde der Vorzug gegeben. Ins Risiko geht der Steuerzahler. Der Überbrückungskredit soll bis Ende des Jahres die Geschäfte von Opel am Laufen halten. Dann haben die neuen Eigner das Wort.

Unter Dach und Fach ist noch lange nichts. Magna kommt mit dem Finanzier Sberbank und dem Juniorpartner GAZ. Letzterer, ein russischer Autobauer, steht selbst vor dem Bankrott. Die russische Sberbank ist das größte Geldinstitut des Landes, aber eben ein Geldinstitut. Mal sehen, was daraus wird.

Interessant sind die politischen Verwicklungen. Es gibt einen großen Verlierer in der Sache. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg war wohl bis zum Schluss gegen die gefundene Lösung. Ihm ist das Risiko zu groß. Kanzlerin Merkel hat ihn zurückgepfiffen. Die Äußerungen in Richtung Wirtschaftsminister lesen sich wie „Entspann Dich, halt‘ die Klappe und halte dich in Zukunft aus der Sache raus!“ Das Ergebnis dürfte sein: Ein weiterer frustrierter Minister. Opel ist zum Thema im Wahlkampf geworden – das war abzusehen. Allerdings ist zu beobachten, dass die Wähler den Staatshilfen für Opel und demnächst für Arcandor – was wirklich ein großer Fehler wäre – zum großen Teil gar nicht so gut finden.

So geht zu Guttenberg als moralischer Sieger aus den ganzen Verhandlungen hervor. Frank-Walter Steinmeier hat wohl Klientel-Politik betrieben, und vor allem mit wirtschaftlicher Inkompetenz geglänzt. Angela Merkel hat Opel zur Chefinnen-Sache gemacht – damit aber auch nicht nur Pluspunkte gesammelt.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass zu Guttenberg derzeit noch Lust auf Berlin hat. Sollte es zu einer schwarz-gelben Koalition kommen, dann könnte er sowieso nicht Wirtschaftsminster bleiben. Ein Platz auf der Regierungsbank ist künftig eher unwahrscheinlich – vorerst zumindest.

Allerdings: Als Kanzlerkandidat – mittelfristig gesehen – kann ich ihn mir schon vorstellen. Es bleibt abzuwarten, wo er die kommenden Jahre verbringen wird. In der CSU gibt es aus heutiger Sicht nur ihn, der für dieses Amt in Frage kommt.

Zu Guttenberg könnte also ein große Zukunft vor sich haben. Wie es für Opel aussieht, kann man schlecht sagen. Ein Selbstläufer wird das Ganze nicht. Sollte die Magna-Übernahme wirklich klappen, werden spätestens in zwei Jahren die nächsten Probleme auftreten. Dann wird aber sicher kein Staatsgeld zur Verfügung stehen. Im Normalfall ist dann auch kein Wahlkampf.

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