Ein Wunderweib für die Mädels

Der Bauer-Verlag hat einen großen Schritt gemacht. Er hat die Internet-Angebote seiner Frauen-Titel wie Bella und InStyle gebündelt und unter der Marke Wunderweib an den Start gebracht. Der Name ist aus meiner Sicht nur wenig sympathisch. Lässt sich daraus wirklich eine Marke machen?

Im Gespräch mit dem Online-Mediendienst turi2.de betont Eva-Maria Bauch, Vize-Geschäftsleiterin der Bauer Digital KG, dass der Name einen Wohlklang hat. Das müssen jetzt die Nutzerinnen auch noch so empfinden. „Du hast Du das auch gelesen, auf Wunderweib.de?“ – das ist nur schwer vorstellbar.

Aber so ist das eben, wenn man etwas verspätet an den Markt kommt. Die guten Domains sind schon weg.

Und das Modell? Es ist sicher richtig, die Kompetenz eines Hauses auf einem Portal zu bündeln. Damit verabschiedet man sich natürlich von den untergeordneten Marken. Ist das schlimm? Ich glaube, dass die Nachhaltigkeit von Marken an Bedeutung verlieren wird. In der Mode ist das ganz gut zu beobachten. Da verhält es sich wie mit der Halbwertszeit von Stars. Chris Anderson erläutert in seinem Werk „The Long Tail“ ja ganz schön, dass die Zeit der großen Stars und großen Hits vorbei sind. Das wird auch die Marken – Zeitschriften wie Mode – mehr und mehr Gültigkeit haben.

Also Wunderweib.de – wann wird die nächste Domain durchs Dorf getrieben.

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Orientierung in der Medienwelt

Die Medienrevolution ist in vollem Gange. Die Antworten der Verlage und Journalisten auf die Veränderungen sind unbefriedigend. Der Riss zwischen Traditionalisten und Visionären des Medienkonsums geht mitten durch die Gesellschaft. Zweifelsohne hat diese Grenze etwas mit dem Alter zu tun – die Digital Natives wachsen rasch heran.

Die Traditionalisten sagen oft mit weinerlicher Stimme, in ihren romantischen Gedanken und Gefühlen verhaftet, dass die Zeitung doch niemals von der Bildflächen verschwinden wird, ja darf. Es handele sich doch um ein Kulturgut. Die Arbeit von professionellen Journalisten gebe Halt und Orientierung. Die Filterfunktion sei so wichtig, notwendig und wertvoll, darüberhinaus spare sie Zeit.

Filterfunktion und Qualitätsjournalismus sind auf dem Rückzug. Die klassischen Medien, allen voran die Printmedien, befinden sich in einer Todesspirale. Ihre Geschäftsmodelle funktionieren weitgehend nicht mehr bzw. es ist absehbar, dass es damit dem Ende zugeht. Das Internet wird beschimpft, es sei schuld an der Malaise, da die Kultur, dass Inhalte kostenlos verfügbar sind, geistiger Arbeit den Garaus macht. Die Vorwürfe bringen aber niemanden weiter. Besser wäre es, seine Kraft zusammenzunehmen und seinen Platz in der neuen Welt zu suchen.

Statt dessen werden Medien unglaubwürdiger, weil sie immer abhängiger von Anzeigenkunden werden. Man stelle sich in einer Regionalzeitung kritische Stimmen über unfähigen Einzelhandel oder Konsumterror vor. Wenn sich dann Aldi, Lidl, Schlecker und ein paar örtliche Einzelhändler als Inserenten zurückziehen würden, ginge in den Redaktionen nach wenigen Monaten das Licht aus.

Noch schlimmer ist die Abhängigkeit der Redaktionen von Pressestellen und PR-Agenturen. Seitdem der Journalismus Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen ist, beschäftigt man sich mit der Frage, wieviel Prozent des redaktionellen Contents auf Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen, Gebietskörperschaften, Verbänden, Vereinen und NGO zurückgeht. Die Werte sind erschreckend – und die Abhängigkeit wird immer größer. Immer kleinere Redaktionen müssen Platz und Zeit füllen. Da ist es doch viel einfacher auf das Vorgegebene zurückzugreifen, als selbst Themen zu identifizieren. Auch dieser Tatsache sind sich informierte Mediennutzer bewusst. Wieso soll er sich also nicht die Darstellung und die Kommentierung von verschiedenen Bloggern zur Meinungsbildung heranziehen? Es gibt wirklich nur sehr, sehr wenige Argumente, die dagegen sprechen.

Früher hat man gern das Schlagwort Lost in Cyberspace in den Mund genommen. All jene, die sich seinerzeit erst kurz mit dem Internet beschäftigt haben, haben geklagt, man würde sich schlecht im Netz zurechtfinden. Das Geklicke habe einen in die Tiefen der Hypertext-Strukturen gezerrt. Nicht zuletzt intelligente Such-Techonolgien haben dieses Thema deutlich aus dem Fokus verdrängt. Digital Natives bewegen sich ganz intuitiv durch die digitale Welt. Es dürfte keine Frage unbeantwortet, keine Suche erfolglos bleiben.

Dazu kommt noch, dass die Digital Natives sehr genau wissen, was sie suchen und damit auch Techniken entwickeln, das Gesuchte effizient zu finden. Tatsächlich suchen die Menschen heute viel mehr Informationen, als die klassischen Medien in der Lage sind vernünftig aufzuarbeiten. Wie heißt es so schon im Medienjargon? Special Interest Titel. Zu special dürfen die Interessen dann aber auch nicht sein. Das Leben wird feiner, Details werden wichtiger, spitze Informationen sind mehr gefragt denn je.

Der Long Tail ist wesentlicher Bestandteil des Lebens. Damit trifft das auch auf Hobbys und Interessen zu. Die dezentralen Informationen des weltumspannenden Netzwerks unterstützen sogar das Ausprägen von Themen, wie es früher gar nicht möglich gewesen wäre.

Unter dem Strich gibt es also eine Reihe von Entwicklungen, die gegen die klassischen Medien – allen voran Print – sprechen. Am dramatischsten ist, dass eben die Argumente, die für die Nutzung von Zeitungen und Zeitschriften angeführt werden, immer mehr an Bedeutung verlieren. Dieser Trend ist kaum aufzuhalten. Die Auflagenzahlen gehen runter, im Moment bleiben die Anzeigenkunden aus, Redaktionen werden verkleinert, Qualität ist Anspruch aber nicht immer Wirklichkeit, der Leser merkt dies und die Auflagenzahlen schwinden weiter. Und schon geht das Ganze von vorne los – und dann kommt noch die disruptive Wirkung des Internets hinzu. Die Lage ist mehr als ernst.

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Darmstadt ist nicht Coburg

Darmstadt ist größer als Coburg. Am Darmstädter Hauptbahnhof werden weit mehr Passagiere gezählt als in der fränkischen Kleinstadt. Und dennoch: Coburg erhält angeblich die Bypass-Lösung und damit eine direkte Anbindung an das Fernverkehrsnetz. Das hat das Darmstädter Echo gut recherchiert und wird damit seinem Anspruch gerecht eine heimatverbundene Zeitung zu sein.

Die Darmstädter werden diesen neuen Aspekt in der Diskussion um die Anbindung Darmstadts an das ICE-Netz der Bahn begrüßen. Insgesamt ist da doch sehr viel Emotionalität im Spiel.

Darmstadt ist halt nicht Coburg. Coburg liegt in einer strukturschwachen Region, weit ab von allen Ballungszentren. Darmstadt gehört quasi gleich zu zweien. Die Fernverkehrsbahnhöfe Frankfurt und Mannheim sind bestens zu erreichen. Das Potenzial für einen massenhaften Ansturm von Fernreisenden, die möglichst schnell von A nach B kommen wollen ist schließlich doch überschaubar. Die Erreichbarkeit der Innenstadt von einem noch zu bauenden Bahnhof West ist annähernd identisch wie die Erreichbarkeit der Innenstadt vom jetzigen Hauptbahnhof.

Der Regionalzeitung bleibt es an dieser Stelle unbenommen, Stimmung für eine andere Lösung zu machen und Oberbürgermeister und Parlament bei ihrer Arbeit auf die Finger zu schauen. In der Sache ist die Anbindung des Darmstädter Hauptbahnhofs an das ICE-Netz falsch.

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Schulstreit, und was die Zeitung daraus macht

Heute lohnt sich die Lektüre meiner Zeitung wieder einmal. Ich lese die Zeitung von hinten – aber nicht von ganz hinten. Zuerst nehme ich das letzte Buch – Schwerpunkt Sport. Da bin ich immer am schnellsten durch. Als zweites kommt der Landkreis-Teil dran. Der interessiert mich, nur befriedigen mich die Inhalte leider selten. Mein erstes Thema fand ich auf der Aufschlagseite dieses Zeitungsteils.

Es gibt seit Jahrzehnten einen Streit zwischen dem Landkreis Darmstadt-Dieburg und der kreisfreien Stadt Darmstadt. In der Regel werden viele Schüler aus dem Kreis von den Darmstädter Gymnasien abgewiesen. Dann sind mal wieder die Eltern sauer, die die Stadtluft meiden, die Vorzüge der Stadt aber genießen wollen. Wenn Politiker unter den Eltern sind, dann wird auch auf dieser Ebene Stimmung gemacht. Das Darmstädter Echo hat da immer etwas zu schreiben. Das freut die Redaktion.

Bei der Lektüre sind mir zwei Dinge negativ aufgefallen: Der Autor hat eine reißerische Überschrift, das Zitat „Schalten Sie doch zuerst Ihr Hirn ein“ gewählt. Das reizt zum Lesen. Es geht im Text um eine Debatte mit Abstimmung im Kreistag. Das Zitat jedoch findet sich in anderer Form im Text wieder. „Sie hätten besser zuerst Ihr Gehirn eingeschaltet!“ Man darf Zitate schon einmal abwandeln, finde ich. Man kann etwas weglassen, auch Wörter darf man schon einmal vertauschen, wenn es der grammatikalischen Richtigkeit dient. Aber den Ton darf man nicht verändern. Das ist dem Autor gelungen, nur damit das Zitat in die Überschrift passt. Schwach. (Schwach ist auch, dass gerade kurz vor dem verfälschten Zitat ein Fehler ist, der das ganze noch unverständlicher macht: ‚Harth rief den Antragsschreiben zu‘, es muss Antragsschreibern heißen).

Dazu kommt dann leider noch ein inhaltlicher Fehler, der den Text für Unwissende unverständlich macht. Der Darmstadt-Dieburger Schuldezernent Christel Fleischmann wird zum Darmstädter Schuldezernenten, der derzeit gemeinsam mit dem Darmstädter Schuldezernenten Dierk Molter einen Schulentwicklungsplan zweier benachbarter Schulträger erarbeitet. Auch das ist schwach. Soviel zum Thema Qualtitätsjournalismus und Qualitätsmedien. Das Darmstädter Echo hat übrigens Anfang Juli Abo-Preise und die Preise im Einzelverkauf erhöht.

Fehler können passieren. Aber wenn es inhaltlich so große Relevanz hat, hört der Spaß auf.

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Ausbildung und dann?

„Bringen Sie Farbe in Ihre Karriere und füllen Sie den Bewerberbogen aus“: Das steht in der Anzeige, die für ein Volontariat bei den G+J Wirtschaftsmedien wirbt. G+J Wirtschaftsmedien? Das ist doch der Zusammenschluss von FTD, Capital, Impulse und Börse Online? Zentralredaktion? Stellenabbau? Ganz richtig, auf die Volo-Ausbildung will man also nicht verzichten. Löblich, könnte man meinen. Es gibt zudem sicher schlechtere Ausbildungsbetriebe für Wirtschaftsjournalisten/-redakteure.

Aber was geschieht nach der Ausbildung? Der Beruf des Journalisten ist wie kaum ein zweiter Beruf von der disruptiven Wirkung des Internets betroffen. Der Journalismus befindet sich in einer Sinnkrise – jeder einzelne Journalist, wenn er ehrlich ist, ebenso. Kann man jungen Leuten den Schritt in den professionell betriebenen Journalismus guten Gewissens empfehlen?

Wie sieht das Ganze aus Sicht der ausbildenden Verlage aus? Volontäre sind super für die Unternehmen. Sie sind billig, einsatzbereit, meist gut vorgebildet. Sie neigen zur Selbstausbeutung – dann muss das der Arbeitgeber nicht machen. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen die Aussichten für junge Redakteure nicht gerade rosig sind, werden sie sich im Job noch mehr engagieren. Zudem können die Verlage heucheln: Wir tun doch etwas für die jungen Leute, indem wir sie ausbilden. Im Falle der ausgeschriebenen Volontariate wird das Interesse riesig sein. Also: Irgendwo sind die jungen Leute auch selbst schuld, wenn sie sich in die Sinnkrise stürzen wollen. So kann man es eben auch sehen.

Der Markt ist voll von Journalisten mit viel Erfahrung, guter Ausbildung und großem Fachwissen. Es sind viel mehr Journalisten unterwegs als benötigt werden. Ich finde, es wäre konsequent und ehrlicher, wenn die Verlage zusätzlich zu Einstellungsstopps auch Ausbildungsstopps verkünden würden. Eine Ausbildung heute kann noch so gut und umfassend sein – am Ende wird sie aber am Bedarf vorbei erfolgen. Nicht nur quantitativ gibt es ein Ungleichgewicht, auch qualitativ passt einiges nicht zusammen. So sind wir heute nur ganz vage in der Lage zu sagen, was der Durchschnitts-Journalist in fünf Jahren arbeiten wird. Klar ist: Der reine Print-Redakteur wird eine Ausnahme-Erscheinung werden. Ist es dann sinnvoll, sich zu einem Print-Journalisten ausbilden zu lassen?

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Kabelhölle

Es wird einmal Zeit ein paar Worte über den Kabelnetz-Betreiber Unitymedia zu verlieren. Hier zeigt sich wie weit entfernt vertriebsorientierte Unternehmen vom Kunden sein können.

Zum Glück gehört Fernsehen für mich nicht mehr zu den lebensnotwendigen Dingen. Die Zeit mit und für die Glotze ist beschränkt. Mit ist auch schleierhaft, wie jemand nur glücklich sein kann, wenn er die Wahl aus 300 Programmen hat. Okay, es werden viele Nischen besetzt – ist auch irgendwie Long Tail.

Ich habe einen digitalen Kabelanschluss – und stehe noch dazu. Mir sind die digitalen Programme der öffentlich-rechtlichen Sender wichtig. Überhaupt ist der Fernsehkonsum in unserem Haushalt zu 98% öffentlich-rechtlich – auch dazu stehe ich.

Nun zu Unitymedia: Im Schnitt flattern sicher fünf Werbeschreiben pro Monat dieses Unternehmens in unseren Briefkasten. Verkauft werden sollen neue digitale Programmpakete oder Telefon und Internet via Kabel. Zeitweise gab es auch Telefon-Terror. Die Vertriebsmannschaft will den Leuten Zeug aufschwätzen, das sie gar nicht wollen.

Das alles wäre noch mehr oder weniger zu verschmerzen, wenn wenigstens der Service und die Qualität der Leistung stimmen würde. Allerdings ist das Unternehmen noch nicht einmal in der Lage, Signale in die Haushalte zu bringen, die dauerhaft vernünftigen, digitalen Fernsehgenuss ermöglichen. Die Signale der Abo-Programme sind gut bis perfekt. Aber das interessiert mich nicht. Ich will schlicht und einfach, dass die Qualität des Produktes, das ich bezahle, in Ordnung ist.

Natürlich habe ich auch schon mit Call Center Agents gesprochen. Aber: Entweder man kommt nicht an die richtigen Leute, oder es passiert nichts – bis zur nächsten Programmverschiebung. Wenn man Glück hat, ist eine Verbesserung der Signalqualität inkludiert – wenn man Pech hat, wird alles noch schlimmer. Dazu kommt noch, dass der Digitalreceiver, der von Unitymedia zu Verfügung gestellt wird, eine äußerst mäßige Qualität hat. Er hängt sich ständig auf.

Wäre ich ein TV-Junkie, würde mich wahrscheinlich das gleiche Schicksal ereilen. So bleibt mir nur, bei nächster Gelegenheit auf Satellitenempfang umzuschalten.

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Der King ist tot

Ja, der King of Pop ist tot. Ja, er hat eine Phase der Geschichte der Pop-Musik mitgeprägt. Ja, er hat einige ganz unterhaltsame Pop-Songs interpretiert. Punkt.

Michael Jackson ist gestorben – und die Medien laufen Amok. 50 Jahre alt ist er nur geworden. Es war ja noch so jung. Er war doch allein für die Erziehung seiner drei Kinder verantwortlich. Es ist alles so unerwartet.

Der Mann war krank. Psychisch, körperlich. Er hat Raubbau an seinem Körper getrieben. Jetzt sprechen die „Fachleute“ von einem unerwarteten Ereignis. Herzstillstand. Zuletzt hieß es, es könnte Medikamentenmissbrauch im Spiel sein. Das sagt doch schon alles. Wahrscheinlich ist er mit dem Stress nicht klar gekommen. Schließlich wollte er ein großes Comeback auf der Bühne feiern. Daraus wird jetzt nichts – und in einem Jahr findet das ach kaum einer noch schlimm.

Am meisten widert mich an, dass jetzt ein Mythos vom alleinerziehenden fürsorglichen Vater zusammengebastelt wird. Wer’s glaubt, wird selig. Ich sage nur Neverland-Ranch und Affenliebe.

Ich hoffe, dass das Thema schnell wieder aus den Medien verschwindet. Die Radiosender sollen ein paar mehr Jacko-Songs spielen und sich das Gelaber sparen.

Gestern hat sich auch an einer anderen Geschichte der Medien-Wahnsinn gezeigt. In allen Nachrichtensendungen stand der Verlust des Weterbetitels des Dresdner Elbtals ganz oben auf der Agenda. Das ist eigentlich nicht mehr als eine Nachricht. Aber ARD und ZDF haben daraus ein Drama gemacht. Lächerlich. Ein Ziel wurde erreicht: Harte Berichte wie zur Wirtschaftskrise oder der Lage in Iran wurden zugekleistert. Soviel zum Thema Agenda Setting.

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Kanzlerkandidaten-Exegese

Ich bleibe dabei: Man nimmt es ihm nicht ab. Frank-Walter Steinmeier hat beim SPD-Parteitag ein kämpferische Rede gehalten, wie es die Kommentatoren in Zeitung, Funk und Fernsehen dann immer nennen. Die Zeitungen sind voll von Kanzlerkandidaten-Exegese. „Ich will Kanzler aller Deutschen werden“ wird dann als Machtanspruch gedeutet. Ach so. Da hat also die SPD tatsächlich einen Kanzlerkandidaten gekürt, der Machtanspruch hat. Entschuldigung, aber so blöd können noch nicht einmal Sozialdemokraten sein, einen Kandidaten zu küren, der keine Lust auf das angestrebte Amt hat.

Steinmeier ist einfach kein richtiger Sozi. Eigentlich ist er auch kein guter Redner. Am Sonntag ist er tatsächlich über seinen Schatten gesprungen. Es ist wohl sogar so, dass er frei gesprochen hat. Augenzeugen zufolge sollen die Delegierten im Saal kurzzeitig tatsächlich gedacht haben, dass die SPD mit Blick auf die Bundestagswahl noch nicht geschlagen ist. Ein Traum in Rot.

Immerhin liegt jetzt einmal ein Wahlprogramm auf den Tisch, das durchaus einige Akzente setzt. Die Union ist das noch schuldig. Angesichts der Wirtschaftskrise müssen sicher langfristige Ziele nochmals überdacht werden. Mal sehen, was am Ende dabei herauskommt.

Auch bei der FDP darf man interessiert auf das fertige Papier warten. Die Liberalen stehen wie keine andere Partei für das „weiter so wie bisher“. Umso erstaunlicher ist es, dass die Liberalen sogar in Zeiten, in denen laut nach beispielsweise einer Regulierung des Finanzwesens gerufen wird, einen Erfolg nach dem anderen feiern. Wie können Liberale auf den Zug aufspringen und auch mehr Staat fordern, wenn alle – außer vielleicht den Liberalen selbst – der Meinung sind, dass der Kapitalismus in Reinform offensichtlich nicht das Modell der Zukunft ist, sondern eher irgendeine Spielart der sozialen Marktwirtschaft? Sie werden eine Lösung finden, die Westerwelles und Niebels.

Die Linken dürften da leichtes Spiel haben und den Einzug in den Bundestag erneut schaffen. Auch die Grünen werden sicher noch weiter profitieren. Irgendwie hat man das Gefühl, Grün könnte das neue Rot werden. Ich bleibe bei der Meinung, dass die Sozialdemokraten nachhaltig in einer Krise stecken. Es kommt zu einer neuen Ordnung. Aus heutiger Sicht wird nichts an der schwarz-gelben Regierung vorbeiführen. Die Union positioniert sich wieder als Partei, die für (christ-)soziale Marktwirtschaft steht. Die mögliche Rolle der FDP ist noch nicht ganz definiert.

Die nächsten Wochen und Monate werden interessant, nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Politik – dieser Aussage kann sicher jeder zustimmen.

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Sie ist zurück

Gar nicht verschwunden gewesen, ist sie nun mit aller Macht zurück: Die Schweinegrippe oder mexikanische Grippe – oder was auch immer.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat den Pandemie-Fall ausgerufen. Das ist eine Nachricht – und was machen die Medien. Sie kolportieren die Nachricht. Sie haben keine andere Wahl.

Wenn jetzt völlig unbegründete Panik entstehen sollte, muss man sich fragen: Wer ist daran schuld?

In der Zeit steht ein auf den ersten Blick ein sehr kompetenter Aufsatz darüber, dass die WHO gar nicht so recht weiß, was sie da vermeldet hat und vor allem warum. All die Sicherheitsvorkehrungen, auf die es in einem solchen Fall ankommt, wurden ergriffen. Die Aufmerksamkeit für das Virus ist da. Panik ist nicht angebracht – könnte aber durchaus entstehen, wenn man sieht, dass es eher selten vorkommt, dass die WHO diese höchste Warnstufe ausspricht.

Letzte Zahlen sagen, das 30000 Schweingrippe-Fälle dokumentiert sind und 130 Menschen daran gestorben sind. Noch einmal zur Erinnerung: An der Standardgrippe sterben allein in Deutschland jährlich tausende Menschen.

In jedem Fall muss die WHO überlegen, was sie eigentlich für Regeln haben möchte und was sie erreichen möchte. Im Prinzip gibt es keine neuen Erkenntnisse. Das Virus ist unterwegs – vergleichsweise harmlos – und die Menschen sind aufmerksam. Nur jetzt ist die Saat für eine wachsende Panik ausgebracht.

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Worum es wirklich geht

Warum müssen sich Frauenzeitschriften – und mittlerweile auch vermeintlich coole Familienzeitschriften – so oft des Themas Sex annehmen? Natürlich auf total intellektuell-psychologischer Ebene und nicht auf die plumpe Art der Männermagazine. Dort herrscht eher das Motto vor: Gib dem Mann die Abbildung einer nackten Frau, dann weiß er schon selbst, was er zu tun hat!

Der Familienableger des Stern, Nido , hat zum Start auch das Prinzip Sex Sells befolgt. „Guter Sex trotz kleiner Kinder – Wie auch müde Eltern mehr Spaß im Bett haben“: So eine Grütze.

Wenn Eltern warum auch immer müde sind, dann sollten sie schlafen. Sie sollten ihre Bedürfnisse befriedigen und sich nicht vorschreiben lassen, dass sie nun doch um des Familienfrieden-Willen miteinander schlafen sollen – und nicht gegeneinander.

Gegen Müdigkeit helfen nur Drogen und sicher keine Zeitschriften-Texte. Und den Konsum von Drogen sollte ein Familienmagazin wie Nido sicher nicht propagieren.

Wenn Eltern miteinander schlafen wollen, dann sollen sie es tun. Wenn sie – aus welchem Grund auch immer – keinen Bock drauf haben, dann sollen sie es lassen. Wen bringt es weiter, wenn pseudo-psychologische Ratschläge erteilt werden, die einem erst einreden, dass in der Beziehung ja wohl etwas nicht stimmen kann, wenn man körperlich gesehen gerade einmal keinen Bock aufeinander hat.

Partnerschaft und Familie besteht ja wohl aus ein bisschen mehr.

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