Die Transformation

Die Hiobsbotschaften aus der Medienwelt haben noch immer Konjunktur. Jetzt hat erneut die Süddeutsche Zeitung angekündigt, Redakteure entlassen zu wollen. Die Medienkrise ist echt.

Die gesellschaftliche und mediale Transformation ist in vollem Gange. Das Nachrichten-, Informations- und Kommunikationsmonopol der klassichen Medien mit ihrem Sender-Empfänger-Modell ist am Ende. Die massenhafte Informationsverbreitung ist demokratisiert.

Interessant ist im Moment die Diskussion um Qualitätsjournalismus auf regionaler bzw. lokaler Ebene. Blogger mit journalistischem Anspruch und journalistischem Background versuchen die Lücken zu füllen, die die Regionalzeitungen an vielen Orten der Republik gerissen haben. Die herkömmliche Form des Journalismus auf dieser Ebene ist bald nicht mehr finanzierbar – in vielen Fällen ist es schon heute soweit.

Das merken die Medienmanager und versuchen, ihre Konkurrenz im Netz klein zu halten und schlecht zu reden. Das allerdings wird die Verlage von Lokal- und Regionalzeitungen nicht retten. Eine intensive Auseinandersetzung mit der neuen Situation, dem neuen Nutzerverhalten und den neuen Angeboten im Netz und darüber hinaus ist notwendig. Zu oft herrschen Angst und Mutlosigkeit bei den Medienmanagern vor.

Zum Glück gibt es positive Beispiele. Diese will ich künftig an dieser Stelle im einzelnen vorstellen. Wenn einer der Leser weitere Beispiele aus seiner Region kennt oder selber ein Protagonist in diesem Feld ist, möge er sich doch bitte melden.

Sehr umtriebig ist in diesem Zusammenhang der Südkurier aus Konstanz. Jetzt ist das Medienhaus mit einer iPhone-Applikation gestartet, die sich durch einen absolut richtigen Ansatz auszeichnet. Der Südkurier bekennt sich hier klar zur Region, zu seinem gesamten Verbreitungsgebiet bis in den kleinsten Winkel. Ganz vorne stehen die Meldungen aus der Region. Das ist das wichtigste Asset einer Lokalzeitung. Dort muss sie gut sein und Präsenz zeigen, auf allen Kanälen. Ein Ausdünnen der Redaktionen auf dem platten Land ist der Anfang von Ende.

Beim Start der App kann die Ortung gestartet werden. Es kann aber auch manuell festgelegt werden, für welche Kommune man sich besonders interessiert. Ein Branchenverzeichnis berücksichtigt den eigenen Standort. Wer beispielsweise nach einem Elektronikmarkt sucht, der kann sich auch die Route berechnen lassen. Übrige Nachrichten, die sonst auch jeder hat, und sich die Nutzer in der Regel von anderen Quellen ziehen, treten klar in den Hintergrund.

Wie groß der wirtschaftliche Erfolg einer solchen Geschichte ist, vermag ich jetzt noch nicht zu beurteilen. Tatsache ist aber: Wer sich mit neuen Angeboten für das Netz oder mobile Endgeräte beschäftigt, bekommt einen anderen Blick auf die Dinge, die man schon seit Ewigkeiten betreibt. Die Transformation kann von dem Besitzstand nicht ferngehalten werden. Die Transformation findet statt, selbst wenn man denkt, man müsse nicht daran teilnehmen.

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Die Brigitte setzt an und kämpft

Deutschlands noch beliebteste Frauenzeitschrift Brigitte will die Magermodels aus dem Heft verbannen. Die Begründung der PR-Abteilung ist doch klar: Man wolle dem Schlankheitswahn, der Bulemie, der Anorexie keinen Vorschub mehr leisten. Das klingt für Frauenbewegte, Gutmenschen und/oder Frauenversteher ja wirklich gut – ist das aber die Wahrheit?

Wenn Schlankheitswahn vermarktbar ist, dann erhält er auch ein Podium. Das scheint nun bei der Brigitte nicht mehr der Fall zu sein.

Sehen wir es doch realistisch. Zwei Gründe liegen doch auf der Hand, warum man leichten Herzens die Fotoshooting mit dürren Damen aufgibt.

1. Die Leserinnenschaft der Brigitte schrumpft kontinuierlich fast schon auf dramatischem Niveau. Und warum? Die jungen Leserinnen bleiben aus, die jungen Frauen mit Konfektionsgröße 34. Die Brigitte altert mit ihren Leserinnen. Diese haben keinen Bock darauf, Mädels präsentiert zu bekommen, deren Maße schon lange nicht mehr mit dem normalen Leben kompatibel sind. So gesehen ist eine Kapitulation von Gruner + Jahr und Brigitte. Die Jungen wurden aufgegeben. Jetzt kann man noch froh sein, wenn man sich in der Lebensmitte behaupten kann und um solche Geschichten wie „Mein Leben als Oma“ herumkommt. Mal sehen, ob die Stories für Silver Ager zunehmen.

2. Mit der Ankündigung, jetzt doch auf den Modestrecken lieber Frauen mit den Konfektionsgrößen 38 bis 42 ablichten zu wollen, hat man auch vermeldet, die Leserinnen mehr ins Blatt bekommen zu wollen. Was steckt dahinter? Leserinnen-Blatt-Bindung und ein Senken der Kosten für die Shootings. Irgendwie haben es die Macher kapiert, dass teure Fotostrecken nichts nutzen, wenn es die Leserinnen frustiert, sowieso nicht so gut aussehen zu können wie die Profimodels.

Die Nachrichten aus Hamburg kann man so gesehen nicht wirklich bejubeln. Mit Moral haben sie in jedem Fall nichts zu tun. Es geht für die Brigitte wie für viele andere Medien ums blanke Überleben.

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Orientierung in der Medienwelt

Die Medienrevolution ist in vollem Gange. Die Antworten der Verlage und Journalisten auf die Veränderungen sind unbefriedigend. Der Riss zwischen Traditionalisten und Visionären des Medienkonsums geht mitten durch die Gesellschaft. Zweifelsohne hat diese Grenze etwas mit dem Alter zu tun – die Digital Natives wachsen rasch heran.

Die Traditionalisten sagen oft mit weinerlicher Stimme, in ihren romantischen Gedanken und Gefühlen verhaftet, dass die Zeitung doch niemals von der Bildflächen verschwinden wird, ja darf. Es handele sich doch um ein Kulturgut. Die Arbeit von professionellen Journalisten gebe Halt und Orientierung. Die Filterfunktion sei so wichtig, notwendig und wertvoll, darüberhinaus spare sie Zeit.

Filterfunktion und Qualitätsjournalismus sind auf dem Rückzug. Die klassischen Medien, allen voran die Printmedien, befinden sich in einer Todesspirale. Ihre Geschäftsmodelle funktionieren weitgehend nicht mehr bzw. es ist absehbar, dass es damit dem Ende zugeht. Das Internet wird beschimpft, es sei schuld an der Malaise, da die Kultur, dass Inhalte kostenlos verfügbar sind, geistiger Arbeit den Garaus macht. Die Vorwürfe bringen aber niemanden weiter. Besser wäre es, seine Kraft zusammenzunehmen und seinen Platz in der neuen Welt zu suchen.

Statt dessen werden Medien unglaubwürdiger, weil sie immer abhängiger von Anzeigenkunden werden. Man stelle sich in einer Regionalzeitung kritische Stimmen über unfähigen Einzelhandel oder Konsumterror vor. Wenn sich dann Aldi, Lidl, Schlecker und ein paar örtliche Einzelhändler als Inserenten zurückziehen würden, ginge in den Redaktionen nach wenigen Monaten das Licht aus.

Noch schlimmer ist die Abhängigkeit der Redaktionen von Pressestellen und PR-Agenturen. Seitdem der Journalismus Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen ist, beschäftigt man sich mit der Frage, wieviel Prozent des redaktionellen Contents auf Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen, Gebietskörperschaften, Verbänden, Vereinen und NGO zurückgeht. Die Werte sind erschreckend – und die Abhängigkeit wird immer größer. Immer kleinere Redaktionen müssen Platz und Zeit füllen. Da ist es doch viel einfacher auf das Vorgegebene zurückzugreifen, als selbst Themen zu identifizieren. Auch dieser Tatsache sind sich informierte Mediennutzer bewusst. Wieso soll er sich also nicht die Darstellung und die Kommentierung von verschiedenen Bloggern zur Meinungsbildung heranziehen? Es gibt wirklich nur sehr, sehr wenige Argumente, die dagegen sprechen.

Früher hat man gern das Schlagwort Lost in Cyberspace in den Mund genommen. All jene, die sich seinerzeit erst kurz mit dem Internet beschäftigt haben, haben geklagt, man würde sich schlecht im Netz zurechtfinden. Das Geklicke habe einen in die Tiefen der Hypertext-Strukturen gezerrt. Nicht zuletzt intelligente Such-Techonolgien haben dieses Thema deutlich aus dem Fokus verdrängt. Digital Natives bewegen sich ganz intuitiv durch die digitale Welt. Es dürfte keine Frage unbeantwortet, keine Suche erfolglos bleiben.

Dazu kommt noch, dass die Digital Natives sehr genau wissen, was sie suchen und damit auch Techniken entwickeln, das Gesuchte effizient zu finden. Tatsächlich suchen die Menschen heute viel mehr Informationen, als die klassischen Medien in der Lage sind vernünftig aufzuarbeiten. Wie heißt es so schon im Medienjargon? Special Interest Titel. Zu special dürfen die Interessen dann aber auch nicht sein. Das Leben wird feiner, Details werden wichtiger, spitze Informationen sind mehr gefragt denn je.

Der Long Tail ist wesentlicher Bestandteil des Lebens. Damit trifft das auch auf Hobbys und Interessen zu. Die dezentralen Informationen des weltumspannenden Netzwerks unterstützen sogar das Ausprägen von Themen, wie es früher gar nicht möglich gewesen wäre.

Unter dem Strich gibt es also eine Reihe von Entwicklungen, die gegen die klassischen Medien – allen voran Print – sprechen. Am dramatischsten ist, dass eben die Argumente, die für die Nutzung von Zeitungen und Zeitschriften angeführt werden, immer mehr an Bedeutung verlieren. Dieser Trend ist kaum aufzuhalten. Die Auflagenzahlen gehen runter, im Moment bleiben die Anzeigenkunden aus, Redaktionen werden verkleinert, Qualität ist Anspruch aber nicht immer Wirklichkeit, der Leser merkt dies und die Auflagenzahlen schwinden weiter. Und schon geht das Ganze von vorne los – und dann kommt noch die disruptive Wirkung des Internets hinzu. Die Lage ist mehr als ernst.

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