Gelesen 7

Für 2,95 Euro habe ich das Buch „Aus Doktor Klimkes Perspektive“ von Hakan Nesser auf einem Grabbeltisch in Wohlfahrt’s Buchladen in Berlin gekauft. Das war ein absoluter Glücksgriff.

Die Bahn hat mir an diesem Tag wieder einmal gezeigt, dass sie nicht nur ein komplexes Geschäft in den Griff bekommen muss, sondern manchmal eben auch aus eigenem Verschulden die Leute verärgert. Zum Glück konnte ich an diesem Abend das gerade günstig erstandene Buch aufschlagen und es weitgehend durchlesen.

Von Nesser habe ich bereits mindestens fünf Krimis gelesen. Allesamt sehr gute Bücher mit einer absolut tolerierbaren Qualitätsspanne. In diesem Buch sind nun sechs kürzere Texte versammelt. Drei Short Stories stehen neben drei etwas längeren Erzählungen.

Erstmals fällt mir hier an Nesser auf, dass er hervorragend lakonisch bitterböse Dinge erzählen kann. So ein Stil unterhält mich sehr. Der Erzählstil ist unaufgeregt und erzeugt doch eine ungeheure Spannung. Nessers Figuren wandeln oft auf der Grenze zum Wahn entlang – und doch kann man viele der Gefühle und Gedanken sehr gut nachvollziehen.

Sehr gut zum Anlesen eignet sich die Kurzgeschichte „Das unerträgliche Weiß zu Weihnachten“. Hauptfigur ist ein Mädchen, das sich zu Weihnachten ein Hundebaby wünscht. Sie ahnt schon, das Mutti das nicht will. So plant sie eben einen Mord aus Rache. Ihre Mutter soll an Rattengift elendiglich verrecken.

Hakan Nessers „Aus Doktor Klimkes Perspektive“ ist ein guter Einstieg in das Werk des Schweden. Meine Wertung: 9 von 10 Punkten.

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Gelesen 6

Aravind Adiga ist mit „Der weiße Tiger“ ein sensationelles Debüt gelungen. Das war in diesem Jahr mit eines meiner ersten Bücher. Ich bin nicht die Ober-Leseratte, brauche also entsprechend Zeit, um Bücher zu lesen. „Der weiße Tiger“ war allerdings ziemlich flott durchgelesen. Es war einfach genial unterhaltsam.

Kürzlich ist nun „Zwischen den Attentaten“ erschienen. Hierbei handelt es sich mehr um einen Episodenroman, in dem eine ganze Reihe von Protagonisten vorkommen. Es werden zwölf unterschiedliche Personen mit unterschiedlichen Schicksalen vorgestellt. Es handelt sich in der Regel um Loser der Gesellschaft. Einige wissen, dass es so ist, andere denken das Gegenteil.

Adiga räumt auf mit irgendwelchen Vorurteilen von einem Indien, in dem Friede, Freude, Eierkuchen angesagt ist. Das Kastenwesen ist brutal. Moslems und Christen haben es extrem schwer. Die Lebensbedingungen sind übel, für den Großteil der Bevölkerung hat der Begriff Schwellenland und dessen Implikationen keine Bedeutung. Es herrscht Unterdrückung, Korruption ist an der Tagesordnung.

Adiga zeichnet ein unverstelltes Bild von Indien, das keinen verklärten Blick zulässt. Im Vorübergehen lernt man erneut sehr viel über das Land und die Verhältnisse, die dort herrschen.

„Zwischen den Attentaten“ ist zeitlich vor „Der weiße Tiger“ entstanden. Es wirkt auch nicht ganz so ausgereift wie das Erstlingswerk. Diesem Buch fehlen auch die realsatirischen Passagen. Das fehlt mir als Leser. Ich mag es, wenn mir das Lachen im Halse stecken bleibt. Hier bleibt eher Empörung und Entsetzen zurück. Aber nicht auf eine sehr belastende Weise, so dass es sich lohnt, auch dieses Buch zu lesen. Wer die Wahl hat, sollte vielleicht besser zu „Der weiße Tiger“ greifen.

„Zwischen den Attentaten“ erhält von mir 7 von 10 möglichen Punkten. Es ist bei C.H. Beck erschienen und kostete 19,90 Euro.

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Gelesen 5

Erst so langsam schaffe ich es, die wichtigsten Bücher für die neue Welt zu lesen. Kürzlich habe ich endlich einmal „Tipping Point – Wie kleine Dinge Großes bewirken können“ von Malcolm Gladwell zur Hand genommen. Der Autor schafft es, einigermaßen theoretischen Stoff und zahlreiche hauptsächlich psychologische Studien sehr unterhaltsam zu vermitteln. Noch besser: Er schafft die Verknüpfung zum wahren Leben und echten Phänomen, abseits von psychologischen Labors.

Er beschreibt das Phänomen, dass es oftmals nur kleine Eingriffe braucht, um entscheidende und nachhaltige Veränderungen in Gang zu bringen. Seine wichtigsten Beispiele: das Eindämmen der Kriminalität in New York durch das konsequente Tilgen von Graffitis und das Verändern eines Marken-Images am Beispiel der Schuhmarke Hush Puppies. Häufig benutzt er den Begriff Epidemien und schafft damit die Parallele zu der Verbreitung von ansteckenden Krankheiten. Auch hier führt er Beispiele auf, wie aus einer ansteckenden Krankheit ein Epidemie wird.

Das Fass zum Überlaufen bringen wäre eine weitere Beschreibung für das Phänomen, das ihn umtreibt. Er identifiziert drei Regeln des Tipping Points: das Gesetz der Wenigen, den Verankerungsfaktor und die Macht der Umstände. Wenn hier alles zusammenpasst, dann kann aus einer einfachen Maßnahme eine große Sache werden.

Gladwell präsentiert hier eine Gesellschaftstheorie, die nicht zuletzt hilft, viele Phänomene unserer Zeit zu begreifen. Darüberhinaus macht das Buch Mut, auch einmal selber etwas auszuprobieren. Gerade Unternehmer sollten dieses Werk einmal lesen und sich dadurch motivieren lassen, etwas zu wagen – und damit vielleicht den großen Wurf zu machen.

Das Buch bekommt von mir 8 von möglichen 10 Punkten.

Malcolm Gladwell, Tipping Point – Wie kleine Dinge Großes bewirken, 2002 (urspr. 2000 im Original), Goldmann, 316 Seiten

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Gelesen 4

David Foster Wallace war sicherlich ein sehr schräger Typ. Er ist wohl einer der bedeutendsten Autoren seiner Zeit gewesen, kann man im Netz allenthalben lesen. Diese endete im vergangenen Jahr mit dem Freitod. Demnächst erscheint auf Deutsch posthum sein 1648-Seiten starkes Meisterstück „Unendlicher Spaß: Infinite Jest“.

Bevor man sich jedoch an dieses Werk begibt, ist es sicher sinnvoll auf eine andere Art in die Arbeit des US-Autors einzusteigen. Ich habe mir das Buck „Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich“ gekauft. Wallace hatte den Auftrag vom Harper’s Magazine, eine Story über eine siebentägige Luxus-Kreuzfahrt durch die Karibik zu schreiben. Daraus ist nicht nur eine Story, sondern gleich ein ganzes Buch geworden. Übrigens: Es handelte sich nicht um eine Pressereise. Angeblich hat der Verlag den Platz in einer Außenkabine normal gebucht und bezahlt.

Um es gleich vorweg zu sagen: Mich hat das Buch ein wenig enttäuscht, da ich niemals laut lachen musste, oder lustige Geschichten aus dem Buch weiter erzählt habe. Insofern sind die Werbetexte auf dem Cover etwas zu heftig geraten. Sind aber auch Werbetexte.

Wallace entführt uns auf das Kreuzfahrtschiff Zenith, das er eigentlich von Beginn an Nadir nennt. Der Hotel-Manager heißt Dermatis. Wallace hasst ihn vom ersten Moment an und nennt ihn Dermatitis. Klar, als man auf dem Schiff Spitz bekommt, dass Wallace einen Bericht schreiben wird, wurden alle Informationskanäle geschlossen.

Nicht, dass man mich falsch versteht. Das Buch ist amüsant. Allerdings kann der Autor einen nicht mit völlig abgefahrenen Begegnungen schocken. Irgendwie stellt man sich die Urlauber auf einem Kreuzfahrtschiff genauso vor – selbst wenn man vielleicht nur das Traumschiff aus dem Fernsehen kennt. Natürlich ist es cool, wenn die Leute an der Information fragen, ob man beim Schnorcheln nass wird. Auch die Begegnung mit dem Vakuum-Klo haben schon viele gehabt. Und natürlich überlegt man sich wie es wäre, wenn man mit Haut und Haar im Abwassersystem verschwinden würde. Einigermaßen gespannt habe ich die Episode über das Skeet-Schießen verfolgt. War aber jetzt auch nicht von großen Überraschungen geprägt.

Als Erzähler taugt Wallace schon. Recht lakonisch kommen seine Beschreibungen der Ereignisse daher. Gestört wird der Lesefluss durch die Vielzahl der auch manchmal zu langen Fußnoten. Nicht sehr inspiriert finde ich die chronologische Abhandlung. Das hängt wohl damit zusammen, dass Wallace nach Sichtung seiner Aufzeichnungen einigermaßen spontan entschieden hat, nicht nur einen Aufsatz im Harper’s Magazine abzusondern, sondern auch noch ein kleines Buch zu verfassen.

„Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich“ erhält von mir 5 von 10 möglichen Punkten. Ich werde wohl als nächstes einen Roman von Wallace lesen. Vielleicht hat ja jemand einen Tipp. Anregungen nehme ich gern entgegen.

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Gelesen 3

Zuletzt habe ich wirklich Pech bei der Auswahl meiner Bettlektüre. Während der „Nachtzug nach Lissabon“ ja ein totaler Reinfall war, bin ich wieder auf Krimis umgeschwenkt. Auf Empfehlung eines Kollegen habe ich es einmal mit dem norwegischen Autor Jo Nesbo versucht. Meine Wahl fiel auf den ersten Fall von Kommissar Harry Hole, „Der Fledermausmann“.

Es gab eigentlich keine Stelle in dem ganzen Buch, die mich gepackt hat. Die Komposition mit den Elementen „ich erkläre euch die welt, „ich bin zwar total schwierig aber verliebt“, „ich erinnere mich an früher“ und „ich bin trotz gelegentlicher zweifel ein verdammt guter kriminalist“ kennt man aus vielen anderen Büchern und gehört für die Lektoren dieser Welt wohl zu einem guten Skript. Mich allerdings kann dieses Buch nicht überzeugen.

Ich finde es allein schon schwierig, wenn mir ein Norweger die Kultur der Aboriginees näher bringen möchte. Klar, der Autor war einmal im Australien und war von Land und Leuten fasziniert. Er hat sich in die Geschichte des Kontinents vertieft und fand es ganz Klasse, das ganze im Rahmen eines Krimis zu verarbeiten. Mich macht das leider nicht an – aber das scheint ja eine Einzelmeinung zu sein, schließlich haben wir es mit einem Bestseller-Autor zu tun.

Nesbo schreibt einen Krimi mit Thriller-Details. Dazu gehören die grausamen Morde und die Geschichte, dass Hole jene Frau, die er liebt als Köder auslegt. An einigen Stellen finde ich das Buch zu amerikanisch. Dazu trägt vor allem die Darstellung der Beziehung von Harry und seinem australischen Kollegen Andrew bei. Auch das macht mich nicht so an. Ein skandinavischer Autor darf ruhig ein skandinavischer Autor sein.

Einzig am Schluss nimmt die Geschichte Fahrt auf. Wenig gelungen ist aus heutiger Sicht – das Buch ist vor 12 Jahren erstmals erschienen – die Beschreibung wie man ein Handy ortet. Das Thema ist heute irgendwie durch und kann leider nicht mehr faszinieren.

Das Buch „Der Fledermausmann“ erhält von mir 4 von 10 Punkten. Zum Nesbo-Fan bin ich nicht geworden und werde wohl auch kein weiteres Buch von ihm lesen.

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Free for free

Das neue Buch von Wired-Chefredakteur Chris Anderson ist ab morgen erhältlich, physisch. „Free: The future of a radical Price“ ist als Hörbuch, also als Datei kostenlos im Netz zu bekommen. Das ist konsequent. War aber auch irgendwie zu erwarten. Das Werk wird sicher ebenso zu einem Standardwerk in der neuen Welt werden wie „The Long Tail“.

Ich habe es bei Amazon gerordert und werde mich gebührend dazu auslassen. Hier spricht aber erstmal der Meister persönlich:

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Manifest der Männerbewegung

Dieses Sammelwerk hat das Zeug zu einem Manifest der Männerbewegung. Befreiungsbewegung für Männer: Auf dem Weg zur Geschlechterdemokratie, herausgegeben von Paul-Hermann Gruner und Eckhard Kuhla, liefert eine Bestandsaufnahme, wie es um die Männerbewegung in Deutschland bestellt ist – das Fazit ist keineswegs positiv. Viel zu sehr, so Gruner in seinem Auftaktaufsatz „Männer und die Mündigkeit zur Selbstbefreiung – Das Ende des weiblichen Geschlechtermonologs“ steckt der Mann in einer sozialen Zwangsjacke fest. Er gefällt sich in der Rolle des Feministen und kommt nicht aus dem Quark. Damit ist er allgemein akzeptiert: „Der Feminist ist der erlaubte Mann“, schreibt Gruner.

Paul-Hermann Gruner        Von passionpapa

Das Buch mit seinen Aufsätzen, Analysen und Essays hat einen kämpferischen Kern – bleibt aber dem ernsthaften Anliegen entsprechend sachlich. Als Autoren fungieren nicht nur bewegte Männer, auch Frauen kommen zu Wort. Das Ziel des Buches ist eine Neubewertung der Männerrolle. Erreicht werden soll es mit zahlreichen Erkenntnissen von unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen.

Die Herausgeber warnen davor, das opulente Werk einfach nur als Rezeptbuch für das Etablieren einer Männerbewegung zu verstehen. In einer kurzen EInführung heißt es: „Die Bewegung benötigt die Analyse einzelner wichtiger Bausteine des Gebäudes, die Ausleuchtung seiner wesentlichen Funktionsdefizite und Dunkelzonen sowie das Herausarbeiten von Reparaturmöglichkeiten, das Ausdeuten von Modulen oder Aggregaten, die im Gebäude ersetzt werden müssen, um damit dessen Wohn- und Lebensqualität maßgeblich zu erhöhen.“

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, haben Gruner und Kuhla das Buch sinnhaft in vier große Kapitel gegliedert. In Teil I (Ideologiekritik und Männerperspektive(n)) zeigt Gregor Amendt „den Weg der weltanschaulichen Risiken und Nebenwirkungen auf, den der Feminismus in seiner ‚misandrischen Alltagsroutine‘ genommen hat. Karin Jäckel setzt unter anderem „die feministische Formel ‚Mein Bauch gehört mir‘ und den verfassungsrechtlich und gesetzlich abgesicherten Frauen- und Mutterschutz in Zusammenhang mit der Verherrlichung, ja Heroisierung der alleinerziehenden Mutter in unseren modernen Gesellschaften“. Karl-Heinz van Lier beschäftigt sich mit dem Phänomen und den Konsequenzen des Gender Mainstreaming, das für ihn schließlich nur ein Instrument der Diskriminierung ist. Susanne Kummer „befragt das Spannungsfeld von Psychologie und Biologie, von Natur und Kultur in Verknüpfung mit der Geschlechterfrage“. Astrid von Friesen nimmt sich der weiblichen Gefühllosigkeit gegenüber den in familienrechtlichen Streitfällen entsorgten Vätern an.

Auftakt zu Teil 2 (Macht & Ohnmacht) bildet ein Aufsatz von Arne Hoffmann, der die Mär von der Lohn- und Geschlechterungerechtigkeit am Arbeitsmarkt unter die Lupe nimmt und sie anhand zahlreicher Daten widerlegt. Im Gespräch mit Sozialforscher Klaus Hurrelmann steht die Gewaltneigung der von Benachteiligung betroffenen Jungs im Fokus. Einer seiner Lösungsansätze: Die Teilaufgabe der Koedukation und damit eine gezielte Jungen-Förderung. Beate Kricheldorf räumt mit dem Vorurteil auf, dass häusliche Gewalt einzig vom Mann ausgeht. Buchautorin Christine Bauer-Jelinek sagt im Gespräch, dass es dem Feminismus gelungen sei, sich als Weltanschauung durchzusetzen. In einem zweiten Aufsatz beschäftigt sich Arne Hoffmann mit der Verwechslung von natürlichem und grammatischem Geschlecht. Er wendet sich gegen solche scheindemokratischen Dopplungen wie Bürger und Bürgerinnen.

„Männer und Männlichkeiten“ ist der dritte Teil des Buches überschrieben. Dort widmet sich Matthias Stiehler zunächst den Themen Männergesundheit und Gesundheitsrisiken von Männern. Marc Luy hat das Phänomen untersucht, dass Mönche hinter ihren Klostermauern länger leben als Männer in der freien Wildbahn des normalen Lebens. Hans-Joachim Lenz beschäftigt sich in seinem Aufsatz unter anderem mit der kulturellen Verdrängung männlicher Verletzbarkeit. Psychotherapeut Wolfgang Schmidbauer berichtet aus der Praxis, wie Ehemänner an die ihnen im Zeitverlauf fremd werdenden Einheit Frau und Kind scheitern.

Um „Initiation, Initiative&Bewegung“ geht es im vierten und letzten Teil des Werkes. US-Männerrechtler Warren Farrell sieht die Gesellschaft „in einer Transitionsphase, einer Periode des labilen Übergangs in eine Zeit, die für beide Geschlechter bessere und befriedigendere Konstruktionsmerkmale bieten muss“, wie es in der Einleitung des Buches heißt. Claudia ischer weist daraf hin, dass die für männlichen Jugendlichen Initiationsrituale besonders wichtig wären, in unserer Zeit aber nicht mehr den gebührenden Platz einnehmen. Als Ersatz können sich beispielsweise Videospiele etablieren. Markus Theunert skizziert den Weg in eine andere, Männern gerechter werdende Rollenzunft. Psychologe Martin Verlinden rückt die Vaterschaft in den Fokus. Er betont vor allem auch ihre lustvollen und witzigen Seiten. Es geht ihm auch stark um das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mitherausgeber Eckhard Kuhla liefert abschließend einen Einblick in die Niederungen des politischen Alltags. Mit seiner Idee der Frauenbeauftragten einer Kommune einen Männerbeauftragten zur Seite zu stellen erntete er nicht nur Verständnis.

Nach diesem ersten Überblick sollen in den kommenden Wochen einzelne Aspekte aus dem Buch hier noch genauer vorgestellt und dann hoffentlich auch diskutiert werden. Als nächstes steht ein Interview mit Mitherausgeber Paul-Hermann Gruner auf dem Plan.

„Befreiungsbewegung für Männer: Auf dem Weg zur Geschlechterdemokratie. Essays und Analysen.“, Paul-Hermann Gruner und Eckhard Kuhla (Hrsg.), 410 Seiten, ist im Psychosozial Verlag erschienen und kostet 29,90 Euro.

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Gelesen 1

Warum kommt gelesen 2 vor gelesen 1? Ganz einfach: Es gibt Bücher, die sind interessant und lassen sich besser lesen. Andere wiederum sind öd und sind quasi unlesbar.

Ich habe mich nun über Wochen durch Pascal Merciers (eigentlich Peter Bieri) Werk „Nachtzug nach Lissabon“ gequält. Ich hatte bereits in einem früheren Beitrag einen Zwischenstand beschrieben. Leider ist es für mich nicht besser geworden. Gern würde ich von jemandem noch genauer erklärt bekommen, warum ihm diese Werk über langweiligen Altsprachler aus der Schweiz gefallen hat. Am ermüdendsten sind die Passagen, in denen aus den Werken des Arztes und „Philosophen“ Amadeu de Prado zitiert wird.

Ich habe es durchgezogen – habe es aber auch manchmal bereut, an meinem Vorhaben festzuhalten, es fertig zu lesen. Der Protagonist ist langweilig – genauso wie sämtliche Figuren (bis auf den griechischen Augenarzt vielleicht, der mich an einen Griechen in Wien erinnerte, der mir zur Begrüßung einen feuchten Kuss auf die Stirn gegeben hat).

Um es kurz zu machen: Das Buch bekommt von mir eine 2. An der 1 kommt es nur vorbei, weil ich einräume, es vielleicht nicht verstanden zu haben.

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Gelesen 2

Der Mann ist viel ‚rumgekommen und zweifelsohne sehr gefragt. Bernd H. Schmitt ist Professor für internationales Business an der Columbia Business School und Chef des Beratungshauses The EX. „Denken Sie endlich XXL“ knallt einem als Imperativ von dem Cover seines aktuellen Buchs entgegen. Der Autor will Managern ins Stammbuch schreiben, dass sie sich trauen, große Ideen zu entwickeln und dabei auch einmal gegen den Strom zu schwimmen. Er gibt Tipps, wie man Ideen oder auch Ideen-Cluster in Unternehmens-Strategien überträgt. XXL-Projekte schreien nach Mut, Leidenschaft und Beharrlichkeit, sagt er – und da hat er wohl recht.

Überhaupt hat er recht, wenn er den mangelnden Mut beklagt. Die Entscheider auf allen Ebenen haben da dieselbe Krankheit. Und mit ihnen auch alle anderen. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Besonders interessant in diesem weitgehend typischen Managerbuch mit typischen Floskeln und einer großen Portion Überheblichkeit sind die Ansätze, die sich auf die Weisheit der Vielen von James Surowiecki und den Long Tail von Chris Anderson beziehen. Hier sieht man, dass modernes Management die Umwälzungen, die nicht zuletzt durch das Internet ausgelöst wurden, bereits berücksichtigt. Dazu gehört auch, die Mitarbeiter – und zwar aus allen Bereichen – zur Ideen-Findung heranzuziehen und ihnen auch die Möglichkeit zu geben, Ideen zu entwickeln. Dafür ist natürlich eine entsprechende Unternehmenskultur und -philosophie notwendig. Nicht zu sprechen von kompetenten Führungskräften.

Das Buch ist klar strukturiert und gut lesbar beschrieben. Nicht alles wirkt neu, kommt aber in dem Gesamtpaket schlüssig daher. Die Anekdoten aus dem Leben ergänzen die theoretischen Überlegungen. Manches vermeintliche Erfolgsbeispiel (Second Life) zeigt, dass nicht jedes XXL-Projekt den Gipfel erklimmt. In den USA ist das Buch bereits 2007 erschienen. Die Situation heute ist eine andere als damals. Einige Ergänzungen hat Schmitt für die deutsche Version hinzugefügt – ganz optimal ist das nicht. Andererseits sollte man vielleicht gerade jetzt XXL denken.

Dieses Buch (Redline Verlag, München 2009, ISBN 978-3-86881-024-0, 24,90 Euro (D), 25,60 Euro (A), 47,50 SFR (CH)) bekommt von mir eine 7 (auf einer Skala von 1-Ausschuss bis 10-überwältigend) – vor allem für das Aufrütteln, Mut machen und Anspornen.

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Lesen – Nachtzug nach Lissabon

Ich hasse es ja, ein Buch, das ich einmal angefangen habe, nicht zu Ende zu lesen. Beim Werk „Nachtzug nach Lissabon“ von Pascal Mercier war ich bedroht. Nach dem ersten Teil des Buches habe ich entschieden, es nun doch fertig zu lesen.

Der Plot wirkt mir bis hierhin extrem konstruiert. Der Protagonist, ein 57 Jahre alter Lehrer für noch ältere Sprachen, bricht in dem Buch aus seinem Leben aus – verspätete Midlife-Crisis. Allerdings kommt er insgesamt nicht sehr authentisch rüber. Sein Problem ist klar: Er lebt in der Vergangenheit. Darauf hat er keine Lust mehr. Kann man verstehen, ist aber im Fall unseres Helden eher merkwürdig. Der Autor konstruiert das Buch so, dass die Verbindung zum alten Leben der Hauptfigur immer wieder beschworen wird aber auch stückweise bröckelt.

Der Mann ist auf der Suche nach sich selbst. Mir ist dieser selbstverliebte aber auch zutiefst verunsicherte Typ einfach nicht sympathisch. Die Episoden, die er über sein Eheleben erzählt, geben mir Sicherheit in dieser Einschätzung. Die Ehe ging vor 19 Jahren kaputt – das kann nicht weiter verwundern. Er ist zu einem eigentümlichen Eigenbrötler geworden. In dieser Rolle sieht er sich aber so gern selbst, dass dieser radikale Lebenswandel unecht wirkt. So ist es bis jetzt.

Bislang ist es zudem ein Buch mit Längen. Manchmal ertappte ich mich dabei, dass ich mich über den Mann ärgere. Vielleicht ist aber genau das der Punkt, der das Buch schon wieder gut macht. 360 Seiten später werde ich es wissen – und die Leser des Blogs auch.

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