Shoppen in der alten und der neuen Welt

Ich war heute auf einem E-Commerce-Kongress. Kongresse und Messen sind im Moment eigentlich eher traurige Veranstaltungen. Die Wirtschaftskrise fordert ihren Tribut, die Stimmung ist meist schlecht. Wer an der nur vorgegaukelt unbeschadeteten Fassade kratzt, findet immer die gleiche Wahrheit vor: Alle Unternehmen haben es schwer.

Heute war das anders. E-Commerce ist in der schwächelnden Handelsbranche ein Wachstumsfeld. Wer sich mit dem Vertriebskanal Internet beschäftigt oder dort schon aktiv ist, ist bei diesem Thema in der Regel guter Laune. Die Dienstleister und IT-Anbieter haben auch ihren Spaß. Die Geschäfte brummen.

Klar ist aber auch, dass durch das stärker werden des Vertriebskanals Internet nicht unbedingt mehr Waren verkauft werden. Es handelt sich vielmehr um eine Verlagerung. Wer das erst mal begreift, stellt fest, das es sich hier nicht nur um irgendein neues Einkaufsverhalten handelt, sondern eine einschneidende Veränderung der Gesellschaft – beim Shoppen manifestiert sie sich genauso wie im Medienkonsum. Wir erleben eine Veränderung, die eine Welt schafft, in der nichts mehr so ist wie es einmal war.

Diese Veränderungen sind es auch, die das Ende der Warenhaus-Ära bewirken. Ich erinnere mich noch an den großen Start von Karstadt in den E-Commerce vor ungefähr zehn Jahren. Millionen wurden versenkt, um das Shopping-Portal My World einzuführen. Es ist gnadenlos gefloppt. War Karstadt etwa zu früh mit diesem Thema dran? Eigentlich nicht. Der Zeitpunkt war gut. Nur war es nicht ganz schlau, Konkurrenz beispielsweise zu den Unternehmens-Schwestern Quelle und Neckermann aufzubauen, in denen das Know-how des Distanzhandels gebündelt war. Das hat man vielleicht auch gemerkt und dann das Grab für My World geschaufelt. Millionen verbrannt? Na und!

Die großen Einzelhändler sind meiner Meinung nicht in der Lage, an dem E-Commerce-Boom zu partizipieren. Auch Galeria Kaufhof ist ja mit einem Online-Shop unterwegs. Ob das funktioniert, also rentabel ist, weiß man nicht. Möglicherweise sieht man das Ganze eher als Marketing-Maßnahme.

Fakt ist: Neben den Markenanbietern mit ihren eigenen Online-Shops sind zahlreiche neue Player auf den Markt gekommen – teilweise auch mit neuen und frischen Handels-Ideen. Die dicken Tanker der alten Offline-Shopping-Welt haben nicht die Innovationskraft, durch die Decke gehende neue Konzepte rentabel zu machen. Blockaden in Strukturen und Köpfen sind dafür verantwortlich. Auch hier gibt es übrigens wieder eine Analogie zur Verlagswelt.

Interessant ist, wie sich in dieser Gemengelage ein Versandhandelsriese wie Otto behaupten kann. Die Erfahrungen im Distanzhandel bilden eine gute Basis. Zudem sind Projekte wie der Online-Shop Yalook, der demnächst an den Start gehen wird, vielversprechend. Dieses Konzept wie auch smatch.com, das auch zur Otto Gruppe gehört, machen Hoffnung, dass dem Traditionsladen die Metamorphose gelingt.

Die Rolle des nicht- oder nur gering-filialisierten Facheinzelhandels in der neuen Shopping-Welt ist auch noch nicht endgültig definiert. Für die einen mag es sinnvoll sein, seine Marke über einen begrenzten Raum hinaus zu nutzen und Ware im Netz anzubieten. Für den anderen – und darunter dürfte der Großteil der Einzelhändler fallen – ist es wahrscheinlich sicherer, wenn er sich auf seine Kompetenzen besinnt und die Kunden in seinen Laden lotst und ihm dort das bestmögliche Einkaufserlebnis mit Beratung, Service und persönlicher Ansprache angedeihen lässt. Andererseits: Die Einstiegshürde in E-Commerce ist einigermaßen niedrig. Wer Spielgeld übrig hat, kann es versuchen und zur Not dann auch wieder einstellen.

Die Umwälzungen sind gigantisch. Wie schnell die Welt sich dreht, zeigt auch die neue Ausgabe des Time-Magazins, die ich nur wärmstens empfehlen kann. Die Doppelausgabe beschäftigt sich mit dem Jahr 1989. In der Rückschau wird deutlich, wieviele nachhaltige Entwicklungen damals ihren Anfang nahmen: Die Pulverisierung des Eisernen Vorhangs, die Erfindung des Internet oder das Ende der Apartheid.

In fünf oder zehn Jahren wird schon wieder vieles neu sein: Manifestieren wird sich das auch in der Art und Weise des Shoppens in der neuen Welt.

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Warenhäuser waren Häuser!?

Es vergeht keine Tag ohne eine Meldung zu Arcandor. Gestern hat das Unternehmen bekannt gegeben, keine Halbjahreszahlen veröffentlichen zu wollen. Heute wurde Insolvenz für 15 weitere Töchter angemeldet, großteils Servicegesellschaften der Versandhandelstochter Primondo. Sal.Oppenheim hat die direkt gehaltenen Anteile verkauft.

Trotzdem ist es irgendwie nach dem großen Gewitter um Staatshilfen und die Insolvenz ruhiger geworden. Jetzt steht noch ein Massekredit im Raum. Der Filialleiter des Lübecker Karstadt-Hauses hat getwittert, dass er und seine Kollegen diese Woche erstmals mit Insolvenzverwalter und wahrscheinlich auch Generalbevollmächtigtem zusammentreffen.

Klar, die Hoffnung der Betroffenen in den Filialen ist groß. Die Metro hält die Füße still. Im Raum steht das Interesse an 60 Karstadt-Häusern. Leider ist nicht bekannt, welche Häuser es sind.

Bei allen Fragen rund um Unternehmen wie Arcandor/Karstadt und Metro/Galeria Kaufhof: Wie sieht es eigentlich mit der Zukunft der Warenhäuser aus? Haben sie in der bestehenden Form überhaupt eine Zukunft?

Die Waren- oder auch Kaufhäuser sind schon seit Jahrzehnten in der Krise. Dereinst machten Hertie, Horten, Kaufring und Kaufhalle schlapp. Hertie hat es sogar geschafft, nochmal Pleite zu gehen. Viele ehemalige Kaufring-Häuser sind bereits oder bald am Ende. Warum sollten es Karstadt und Kaufhof schaffen?

Die Shoppingcenter haben zunächst die Grüne Wiese belagert, in den Innenstädten sind sie aber auch schon lange angekommen. Das ist einer der Sargnägel für die Betriebsform Warenhaus. Das Angebot in den Shoppingcentern ist fast so breit wie in den Warenhäusern. Selbst die Marken sind bis auf die Handelsmarken dieselben. Die Markenflächen in den Warenhäusern unterschieden sich aus Sicht des normalen Kunden nicht. Dazu kommt noch, dass die Läden der Marken in der Regel neuer und deshalb nicht so abgewirtschaftet wie die meisten Warenhäuser sind.

„Marken“ ist überhaupt ein Stichwort. Die Warenhäuser wollten die Eigenmarken stärken und die Fremdmarken zurückdrängen. Leider haben es weder Kaufhof noch Karstadt geschafft, ihre Marken begehrenswert zu machen. Immer wenn ich in den Läden bin, sind die Eigenmarken gnadenlos runtergezeichnet – gekauft werden sie trotzdem nicht.

Der dritte Sargnagel sind die hohen Kosten, vor allem für Mieten, die den Warenhäusern den Garaus machen. Die Mietpreise für Läden in bevorzugten Lagen steigen angeblich immer noch. Die Riesenflächen der Warenhäuser fressen entsprechend Substanz auf. Die Refinanzierung ist hart – und in vielen Fällen unerreichbar.

Exkurs: Überhaupt ist es erstaunlich, welche Mieten für Ladenlokale aufgerufen werden – auch und vor allem von den Shoppingcenter-Betreibern. Da bläht sich ordentlich etwas auf. Auch diese Blase wird platzen – und dann wird es wieder jammernde und weinende Unternehmen geben. Viele Läden von Marken dienen dem Marketing, werfen aber keine Renditen ab. In den USA ist das Shoppingcenter-Sterben recht weit fortgeschritten. Aber für die Betreiber ist das kein Problem: Ich vermute spätestens nach fünf, wahrscheinlich aber schon nach drei Jahren annähernder Vollvermietung geht das Geld verdienen los. Wenn also nach zehn, 15 oder 20 Jahren das Licht ausgeht, ist die Ernte schon längst eingeholt. Weinen werden dann übrigens auch die Kommunen, die sich die Ansiedlung von Shoppingcentern so sehr wünschen. Das führt nur zu einer kurzfristigen Befriedigung der Verwaltungschefs in den Rathäusern.

Massiven Druck übt natürlich auch das sich ändernde Einkaufsverhalten und der E-Commerce aus. Immer wieder hört man, dass es in der Innenstadt manche Dinge wie Kurzwaren nur noch im Warenhaus gibt. Hier kommt wieder der Long Tail um die Ecke. Im Netz gibt es alles, die kleinste Nische wird bedient. Dort gibt es auch Kurzwaren. Was es dort nicht gibt, ist das haptische Einkaufen. Das mögen jene vermissen, die damit noch groß geworden sind. In spätestens 15 Jahren ist der Großteil der Kunden anderes Einkaufsverhalten gewohnt. Dazu gehört dann vielleicht eine bessere Planung, das Bestellen unterschiedlicher Artikel zur Auswahl oder auch die Bindung zum Online-Shop des Vertauens. Man mag den guten alten Zeiten mit kompetenter Beratung und face-to-face-Kontakten dann nachtrauern. Das wird den Nostalgikern nur nichts mehr nützen. Von wegen Beratung und Service: Tatsache ist doch, dass auch diese Aspekte nur noch rudimentär in den Warenhäusern vorhanden sind. Die hohe Personaldichte ist ja bereits der Krise der vergangenen 20 Jahre zum Opfer gefallen.

Umstände und häufig auch Management haben dazu beigetragen, dass die Warenhäuser am Rande des Exitus sind – von dort gibt es kein zurück mehr. Warenhäuser waren Häuser!

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Schöner shoppen in der Pleite

Arcandor hat nicht bis zum Freitag gewartet. Der Konzern hat schon heute Insolvenzantrag gestellt. Gestern hat die Regierung Geld aus dem Deutschlandfonds verweigert. Einen Notfallkredit wollte man auch nicht herausrücken. Die Hauptaktionäre hätten sich etwas mehr hineinknien sollen, meint die Regierung. Eine letzte Möglichkeit zur Nachbesserung des Angebots hat es dann noch gegeben. Aber man wollte nicht. Sal. Oppenheim und Madeleine Schickedanz wollten wohl auch nicht.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg kommt diese Entscheidung sicher recht. Bei Opel hätte er sich einen ähnlichen Verlauf gewünscht. Das wollte wiederum der Rest der Regierung nicht. Jetzt jammern die Angestellten. Das ist verständlich, schließlich ist es Missmanagement gewesen, das sie in diese missliche Situation manövriert hat. Sie haben ihren Beitrag zur vermeintlichen Sanierung erbracht und auf Lohn verzichtet. Jetzt erhalten sie jene Quittung, die andere hätten erhalten müssen.

Karl-Gerhard Eick, derzeitiger Konzernlenker, kann natürlich am wenigsten für den Scherbenhaufen, vor dem er mit seiner gesamten Belegschaft steht. Die Hauptaktionäre haben sicher anderes erhofft, als sie ihn auf den Chefsessel hoben. Als ehemaliger Telekom-Mann hat er beste Beziehungen nach Berlin. Der ehemalige Staatskonzern hat eine eigene Stabsabteilung für Lobby-Arbeit an der politischen Front. Seine Beziehungen konnte er offensichtlich nicht ausspielen in dem Kampf um Staatsknete.

Jetzt wird ein Planinsolvenzverfahren angestrebt. So soll der Laden tüchtig aufgeräumt werden. Die Mitarbeiter werden jetzt drei Monate vom Staat bezahlt. Der Steuerzahler mussalso in jedem Fall bluten. Bei Karstadt müssen Stellen gestrichenwerden. Bei Quelle wird es auch nicht ganz glimpflich ablaufen. Ob Thomas Cook und die mutmaßlich profitablen Spezialversender und HSE24 verkauft werden können, ist noch nicht ganz klar. Wie werden nun Kaufhof und Otto als potenzielle Übernehmer der Geschäft von Karstadt und Quelle reagieren? Füße stillhalte oder vielleicht doch zu einem guten Preis zuschlagen.

Ein Kapitel ist abgeschlossen – aber die Story ist noch lange nicht zu Ende.

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Mitleidstour

Eigentlich würde ich gern auch wieder über etwas anderes schreiben. Aber der Fall Arcandor lässt mich nicht los. In allen politischen Reden kommt Arcandor vor. Angela Merkel hat bei einer Wahlkampfrede gestern nochmal betont, dass man sehr genau prüfen müsse, welche Unternehmen Geld aus dem Staatsfonds erhalten und damit dem Steuerzahler auf der Tasche liegen. Im Prinzip hat Arcandor schlechte Karten. Auch in den anderen Parteien, ausgenommen der mutmaßlich sozialen, ist man nur wenig von der Hilfsbedürftigkeit aufgrund der Wirtschaftskrise überzeugt.

Ein Arcandor-Sprecher hat schon einmal angekündigt, dass man wohl Insolvenz anmelden muss. Vielleicht schneller als gedacht. Auch Ex-Chef Thomas Middelhoff zieht wieder die Aufmerksamkeit auf sich. Er sieht sich einer Reihe von Vorwürfen ausgetzt. Vom Immobiliendeal könnte er mit seiner Frau profitiert haben. Auch das Thema Insolvenzverschleppung könnte ihn irgendwann noch einholen.

Jetzt wird erstmal auf die Tränendrüse gedrückt, während die Politik sehr richtig (sic!) darauf hinweist, dass der Konzern noch Potenzial hat, die Situation selbst zu verbessern. Zur Not muss man eben versuchen, Thomas Cook zu versilbern und das Handelgeschäft neu zu organisieren.

In der CDU hat man übrigens tatsächlich schon erkannt, das Karl-Theodor zu Guttenberg ein für die Partei nützlicher Wirtschaftsexperte ist. Nun bleibt anzuwarten, inwieweit CSU und Schwester das honorieren – konkreter: mit welchem Posten.

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Aus der Deckung

Die Zukunft von Arcandor hängt am seidenen Faden. Die EU-Kommission hat Hilfen aus dem Deutschlandfonds untersagt. In Berlin muss man nun wieder grübeln, wie sich der Wahlkampf in der causa Arcandor fortsetzen lässt. Tatsache ist, dass Arcandor und vor allem Karstadt bereits vor Juli 2008 in Schieflage war. Eigentlich fing die Malaise schon 1999 mit dem Zusammengehen von Karstadt und Quelle an. Allerdings: War Opel nicht auch schon vor Juli 2008 in der Krise? Durch die enge Verzahnung mit GM können das wohl selbst Experten nicht wasserdicht ergründen.

Interessanterweise kam jetzt die Metro wieder aus der Deckung. Man könne sich vorstellen, 60 Karstadt-Häuser zu übernehmen und daraus Galeria Kaufhof-Filialen machen. Eigentlich hatte man gerade das Gefühl, das sich der Handelskonzern bis zu einer endgültigen Entscheidung über eine etwaige Staatshilfe für Arcandor zurückhalten würde.

Dazu kamen noch Meldungen, dass Kreditversicherer Euler-Hermes Karstadt das Leben zusätzlich schwer machen wird. Eigentlich spricht im Moment alles gegen Karstadt – fast alles.

Der Metro-Vorstoß zeigt nochmal, dass im Hintergrund an einer Lösung gearbeitet wird, die unterschiedliche Seiten ins Risiko einbezieht. Auch Sal. Oppenheim und Madeleine Schickedanz sind offensichtlich bereit, Geld nachzuschießen.

Ein bisschen Staat, ein bisschen die anderen: So wird man es am Ende wohl schaffen, einen Teil der Arbeitsplätze zu sichern. Das Ganze ist vorerst eine Kurzfrist-Lösung. Mittelfristig muss man die Frage stellen, ob das Warenhaus in der momentanen Form überhaupt eine Zukunft hat. Auch hier wird das sicher noch zum Thema.

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The new new economy

Es gibt einfach Medien, die sind genial. Es gibt auch geniale Journalisten. Manchmal treffen beide aufeinander – und schon haben wir es mit einem herausragenden und inspirierenden Ergebnis in welcher Form auch immer zu tun.

Die neue Ausgabe der Wired-Magazins ist auf dem Markt. Chris Anderson, Chefredakteur und Autor des kongenialen Buches „The Long Tail“, beschäftigt sich zusammen mit einigen Kollegen wieder einmal mit seinem Lieblingsthema.

Das Großartige an seiner Vorgehensweise ist die Darstellung von Phänomenen und die unglaublich fundierte Analyse. Interessanterweise ist die globale Wirtschaftskrise ein Katalysator der Effekte, die in „Long Tail“ beschrieben werden. In vielen Bereichen wird deutlich, dass die Zeit von Konzernen abläuft. Arbeit und Risiken werden wieder auf mehr Schultern verteilt. Konzern sind zu schwerfällig, beschäftigen sich zu viel mit sich selbst. Es mangelt an Innovationskraft. Der Mut fehlt. Das sind alles Dinge, die sich im Moment gut beobachten lassen.

Ein gefundenes Fressen ist da die Automobil-Industrie und deren Niedergang in der tradierten Form. Die Konglomerate zerfallen. Der Autor Charles C. Mann geht sogar soweit, dass er die Ingenieurs-Tradition beispielsweise für gar nicht so wichtig hält. Kleine Think Tanks seien durchaus in der Lage, die Autobauer zu befruchten. Nicht immer ist das Einverleiben von beispielsweise Zulieferern der richtige Schritt. Die Vertikalisierung – also die Kontrolle der gesamten Wertschöpfungskette – mag aus Controller-Sicht der richtige Weg sein, zur besten technische Lösung muss sie noch lange nicht führen.

Die Automobil-Industrie leidet natürlich auch unter Blasenbildung. In diesem Zusammenhang muss auf die künstliche Nachfrage durch FLotten- und Leasingunternehmen hingewiesen werden. Der Anspruch auf Dienstwagen tut auch seinen Teil dazu. Die privaten Investitionen in Fahrzeuge sind in vielen Fällen gar nicht das Problem. Ich habe einmal gehört, das Mercedes-Benz und BMW nur jeweils ein Drittel der Produktion an Privatleute verkaufen – kein Wunder, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten das Heulen und Zähneklappern laut ist. Es gibt Überkapazitäten – das ist sicher neben der Schwerfälligkeit von Konzernen ein weiteres gewichtiges Problem.

Zurück zum Beitrag von Charles C. Mann: Die Analyse ist klasse. Auto-Manager und vor allem Politiker sollten sich den Text einmal reinziehen und weit ab von aller Ideologie darüber nachdenken.

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Was bleibt?

GM ist insolvent. Der US-Motorbauer hat Gläubigerschutz beantragt. Gerade noch rechtzeitig wurde Opel von GM gelöst. Opel scheint vorerst gerettet. Dem Konzept von Magna wurde der Vorzug gegeben. Ins Risiko geht der Steuerzahler. Der Überbrückungskredit soll bis Ende des Jahres die Geschäfte von Opel am Laufen halten. Dann haben die neuen Eigner das Wort.

Unter Dach und Fach ist noch lange nichts. Magna kommt mit dem Finanzier Sberbank und dem Juniorpartner GAZ. Letzterer, ein russischer Autobauer, steht selbst vor dem Bankrott. Die russische Sberbank ist das größte Geldinstitut des Landes, aber eben ein Geldinstitut. Mal sehen, was daraus wird.

Interessant sind die politischen Verwicklungen. Es gibt einen großen Verlierer in der Sache. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg war wohl bis zum Schluss gegen die gefundene Lösung. Ihm ist das Risiko zu groß. Kanzlerin Merkel hat ihn zurückgepfiffen. Die Äußerungen in Richtung Wirtschaftsminister lesen sich wie „Entspann Dich, halt‘ die Klappe und halte dich in Zukunft aus der Sache raus!“ Das Ergebnis dürfte sein: Ein weiterer frustrierter Minister. Opel ist zum Thema im Wahlkampf geworden – das war abzusehen. Allerdings ist zu beobachten, dass die Wähler den Staatshilfen für Opel und demnächst für Arcandor – was wirklich ein großer Fehler wäre – zum großen Teil gar nicht so gut finden.

So geht zu Guttenberg als moralischer Sieger aus den ganzen Verhandlungen hervor. Frank-Walter Steinmeier hat wohl Klientel-Politik betrieben, und vor allem mit wirtschaftlicher Inkompetenz geglänzt. Angela Merkel hat Opel zur Chefinnen-Sache gemacht – damit aber auch nicht nur Pluspunkte gesammelt.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass zu Guttenberg derzeit noch Lust auf Berlin hat. Sollte es zu einer schwarz-gelben Koalition kommen, dann könnte er sowieso nicht Wirtschaftsminster bleiben. Ein Platz auf der Regierungsbank ist künftig eher unwahrscheinlich – vorerst zumindest.

Allerdings: Als Kanzlerkandidat – mittelfristig gesehen – kann ich ihn mir schon vorstellen. Es bleibt abzuwarten, wo er die kommenden Jahre verbringen wird. In der CSU gibt es aus heutiger Sicht nur ihn, der für dieses Amt in Frage kommt.

Zu Guttenberg könnte also ein große Zukunft vor sich haben. Wie es für Opel aussieht, kann man schlecht sagen. Ein Selbstläufer wird das Ganze nicht. Sollte die Magna-Übernahme wirklich klappen, werden spätestens in zwei Jahren die nächsten Probleme auftreten. Dann wird aber sicher kein Staatsgeld zur Verfügung stehen. Im Normalfall ist dann auch kein Wahlkampf.

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Abstieg vom Gipfel

Der guten Nachricht folgte die schlechte: GM hat Opel aus seinen Fängen entlassen. Die Werke, die Patente, die Technologien gehören wieder dem Rüsselsheimer Autobauer. Eigentlich gute Voraussetzungen für den Opel-Gipfel im Kanzleramt.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sprach nach der langen Nacht von einem skurrilen Event. Gleich zu Beginn wurde wohl deutlich, dass Opel nicht eine Finanzierungslücke von 1,5 Mrd. Euro, sondern von 1,8 Mrd. Euro hat. Da war dann sogar die Politik angefressen.

Die 300 Mill. Euro kamen nach Aussage zu Guttenberg wie Jack aus der Kiste. Den Schwarzen Peter hat GM und die US-Regierung, die angeblich nicht gerade die besten Leute geschickt haben soll. Die Bundesregierung gibt zumindest vor, hart zu verhandeln. Wenn das so wäre, dann könnte man den Damen und Herren nur gratulieren.

Klar wird jetzt taktiert. GM hat den Köder ausgeworfen und spürt, dass man dem deutschen Steuerzahler noch mehr Lasten aufbürden kann, wenn man dafür am Ende besser da steht. Der Staat ist bereit. Das wird jetzt zum Bumerang.

Fakt ist: Eine Entscheidung über die Zukunft von Opel wurde noch nicht getroffen. Ripplewood ist aus Regierungssicht draußen. Im Rennen sind noch Magna und Fiat. Die Parteistrategen werden jetzt wieder überlegen, was im Wahlkampf opportun ist. Wenn die Stimmung in der Bevölkerung weiter kippt und damit der Spaß an einer Staatsbürgschaft weiter sinken sollte, dann kommt die Opel-Insolvenz vielleicht doch noch.

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Ab und auf

Der Ifo-Geschäftsklimaindex nährt die Hoffnung auf ein Ende der Talfahrt. Erstmals ist er nach einer langen Durststrecke wieder leicht nach oben gewandert. Von einer Trendwende kann man aber erst sprechen, wenn drei Monate hintereinander ein Plus erreicht wird. So weit ist es noch nicht.

Aber auch die Börse als Frühindikator hat sich recht positiv entwickelt. Ob man wirklich schon durchatmen kann, ist fraglich. Die Finanzwirtschaft steht auf wackligen Beinen und dokumentiert dies mit einer rigiden Kreditvergabepolitik. Die Wirtschaft kann nur den Vorwärtsgang einlegen, wenn sie ordentlich geschmiert wird. Die kommenden Monate sind entscheidend. Das System ist gefordert.

Für einige namhafte Unternehmen ist dieser Zeithorizont zu weit gesteckt. Für Opel dürfte morgen ein wichtiger Tag werden. Fiat und Magna haben als potenzielle Übernehmer ihre Angebote nachgebessert. Sie wollten zunächst zu viel Geld vom Staat und im Gegenzug zu viele Stellen abbauen. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg spricht laut von einer Insolvenz von Opel, die nicht nur schlecht sein muss. Das dürfte ein taktischer Schachzug sein, um General Motors unter Druck zu setzen. Branchenkenner und Frank-Walter Steinmeier halten das „Gerede“ über eine Insolvenz des Autobauers für gefährlich. Da ist er wieder, der Wahlkampf.

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Wirtschaftswoche

Durch den Feiertag nur geringfügig unterbrochen, geht eine echte Wirtschaftswoche zu Ende.

Hertie ist am Ende – das ist jetzt amtlich. 2600 Mitarbeiter können ihre Sachen packen. Der erste Akt in der großen Warenhaus-Story des Jahres 2009 ist abgeschlossen. Der Insolvenzverwalter Biner Bähr hat wahrscheinlich seinen vorerst letzten großen Auftrag gehabt.

Arcandor und Metro werden nun versuchen, eine Deutsche Warenhaus AG auf die Beine zu stellen. Bei Arcandor-Chef Eick kam es an Christi Himmelfahrt zu einem Gesinnungswandel – dafür wäre eigentlich Pfingsten der passende Zeitpunkt gewesen. Bis zu 50 Standorte werden dann sicher geschlossen werden müssen. Rund 250 Filialen haben die Galeria Kaufhof und Karstadt im Moment etwa zusammen. Dazu kommen noch die Sporthäuser. Auch wenn die Politik sagt, es gibt kein Geld vom Staat, da Arcandor nicht durch die Wirtschaftskrise in Schieflage geraten ist, muss man das noch lange nicht glauben. An dieser Front bleibt es noch spannend.

Das gleiche gilt für die Geschehnisse um Opel. Drei Bieter stehen im Raum: Fiat, die auch Chrysler übernehmen wollen; Magna mit einem russischen Investor im Hintergrund; der Finanzinvestor Ripplewood. GM hat sich aus der Deckung gewagt und präferiert das Angebot und Konzept von Magna. Die Arbeitnehmer halten wohl die Offerte und das Konzept von Ripplewood am besten. Wer jedoch glaubt, dass die Zahl der Arbeitsplätze gehalten werden kann, ist schief gewickelt. Die Realität könnte so aussehen, dass 10000 der 28000 Opel-Stellen gestrichen werden. Da die Insolvenz von GM täglich droht, bringt sich die Regierung in Stellung, um schnell mit der Staatsbürgschaft einspringen zu können.

Dann wird noch kolportiert, dass möglicherweise nun doch Conti die in Schieflage geratene Schaeffler-Gruppe übernehmen könnte und nicht umgekehrt. Manchmal ist Wirtschaft schon verrückt. Vorher wie nachher.

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