Heute waren im Frankfurter Hauptbahnhof andere Plakate zu sehen, wahrscheinlich turnusmäßig ausgetauscht. Trotzdem gut, dass die anderen Botschaften weg sind.
Autor: clip
Böse Botschaft
Ich bin nun wirklich kein Moralapostel. Wenn man allerdings die Geschehnisse der Woche noch verarbeiten muss (Winnenden), dann ist es schockierend, wenn einem am Bahnhof gleich mehrfach ein Werbeplakat für einen Thriller von RoRoRo den Spruch „Heute ist der Tag, an dem Du stirbst…“ entgegenwirft. (Das Foto habe ich am Freitag schnell mit dem Foto-Handy gemacht.)
Das Plakat muss weg. Ich finde, dass man umgehend hätte reagieren müssen – sowohl von Seiten des Verlages, aber auch von Seiten des Außenwerbers. Man kann nur hoffen, dass keines der Opfer von dem Amoklauf am Mittwoch dieses Plakat am Tag der Tat gesehen hat. Auch die Angehörigen sollten eigentlich vor dieser Werbebotschaft geschützt werden.
Neue Welt
Irgendwie ist es einigermaßen befremdlich, dass nach dem Amoklauf von Winnenden im Moment das wichtigste Thema die vermeintliche Ankündigung der Tat in einem Chat gewesen ist. Der Polizei wird vorgehalten, sie habe einen Ermittlungsfehler begangen, indem sie einen Chat-Eintrag ohne ausreichende Validierung für bare Münze genommen hat.
Tatsächlich werden die Ermittlungen von allen versierten Internet-Nutzern getrieben. Ist es nämlich ein Surfer, der zuerst die Indizien und Informationen im Netz findet, ist die Polizei ein Verein von Losern. Sitzt sie einem Fake auf, ist sie es auch. In modernen Zeiten muss eben alles sehr schnell gehen. Es gibt viele Hobby-Ermittler da draußen. An dieser Stelle bringt es nicht, der Polizei irgendeine virtuelle Schuld in die Schuhe zu schieben.
An vorderster Front kämpfen die Journalisten, die sich durch das mächtige Internet auch ganz weit vorn wähnen. Lustig sind nun die gegenseitigen Anschuldigungen, das eine oder das andere Medium hätte zu früh irgendwelche zu einem bestimmten Zeitpunkt noch ungesicherte Informationen rausgehauen. Sie zeigen mit Fingern aufeinander – und sitzen doch alle in demselben Boot.
Fakt ist: Wir – nicht nur die Polizei und die Medien – leben eben in einer neuen Welt. Sie bietet viel Fortschritt aber auch Gefahren und Fallstricke. Alle Beteiligten müssen sich noch daran gewöhnen.
Befremdlich ist in einer Situation wie dieser, dass doch vielmehr das Gedenken an die Opfer und ihre Angehörigen im Mittelpunkt stehen muss. Dass man sie in ihrer Trauer und ihrem Schmerz allein lässt, ist gut und richtig. Das Medienereignis davon abzukoppeln ist falsch. Die skurrilen Diskussionen darüber zu führen, dass man eben bei der Recherche im Netz aufpassen muss, ziehen das Ganze ins Lächerlich. Jene Fortschritts-Feinde, die nun triumphieren, weil sie schon immer gesagt haben, das Internet sein Teufelszeug, werden sich noch umschauen.
Ein offener Umgang mit dem Hier und Jetzt ist wichtig, damit unsere Gesellschaft die Herausforderungen der Zukunft angehen kann.
Winnenden
Viel schreiben kann man dazu eigentlich nicht. Ein junger Mann hat 16 Menschen – zehn Schüler, drei Lehrer und drei Passanten – erschossen. In der Schießerei, die er sich mit der Polizei in Waiblingen lieferte, wurde er selbst getötet. Die Medien berichten, dass der junge Mann unauffällig gewesen sei. Sein Vater ist im Schützenverein und offensichtlich ein Waffennarr. Denn auch ein Mitglied eines Schützenvereins braucht sicher keine 16 oder 18 Waffen, wie es in den unterschiedlichen Medien kolportiert wird.
Schuld gesprochen werden sicher wieder Gewaltvideos und Shooter, also Actionspiele für PC oder Konsole. Das ist falsch. Diese Medien liefern Verhaltensmuster, nichts mehr. Bewusstseinsverändernd sind sie sicher nicht – auch Persönlichkeitsstörungen werden nicht produziert. Diese sind schon vorher da – und da ist mit dem Täter das direkte Umfeld in der Verantwortung.
Mehr kann und will ich jetzt auch gar nicht schreiben. Ich bin in Gedanken bei den unschuldigen Opfern und ihren Angehörigen. Irgendwie schlimm…da wird auch die Wirtschaftskrise ganz klein.
Lesen – Nachtzug nach Lissabon
Ich hasse es ja, ein Buch, das ich einmal angefangen habe, nicht zu Ende zu lesen. Beim Werk „Nachtzug nach Lissabon“ von Pascal Mercier war ich bedroht. Nach dem ersten Teil des Buches habe ich entschieden, es nun doch fertig zu lesen.
Der Plot wirkt mir bis hierhin extrem konstruiert. Der Protagonist, ein 57 Jahre alter Lehrer für noch ältere Sprachen, bricht in dem Buch aus seinem Leben aus – verspätete Midlife-Crisis. Allerdings kommt er insgesamt nicht sehr authentisch rüber. Sein Problem ist klar: Er lebt in der Vergangenheit. Darauf hat er keine Lust mehr. Kann man verstehen, ist aber im Fall unseres Helden eher merkwürdig. Der Autor konstruiert das Buch so, dass die Verbindung zum alten Leben der Hauptfigur immer wieder beschworen wird aber auch stückweise bröckelt.
Der Mann ist auf der Suche nach sich selbst. Mir ist dieser selbstverliebte aber auch zutiefst verunsicherte Typ einfach nicht sympathisch. Die Episoden, die er über sein Eheleben erzählt, geben mir Sicherheit in dieser Einschätzung. Die Ehe ging vor 19 Jahren kaputt – das kann nicht weiter verwundern. Er ist zu einem eigentümlichen Eigenbrötler geworden. In dieser Rolle sieht er sich aber so gern selbst, dass dieser radikale Lebenswandel unecht wirkt. So ist es bis jetzt.
Bislang ist es zudem ein Buch mit Längen. Manchmal ertappte ich mich dabei, dass ich mich über den Mann ärgere. Vielleicht ist aber genau das der Punkt, der das Buch schon wieder gut macht. 360 Seiten später werde ich es wissen – und die Leser des Blogs auch.
I’ll be back – Hasta la vista, Baby!
Der Terminator, der es immerhin zum Gouverneur gebracht hat, hat die Gelegenheit ergriffen und ist in jenen Staat gereist, der ihm nach eigenen Angaben besonders viel bedeutet, weil er dort seine ersten Erfolge feiern konnte. Arnold Schwarzenegger kam nach Deutschland, weil der US-Bundesstaat, dem er vorsteht, Partnerland der diesjährigen Cebit in Hannover ist. Er wäre natürlich nicht gekommen, wenn wieder einmal der Busch in seiner Heimat gebrannt hätte. Aber zu dieser Jahreszeit kommt das eben nicht so häufig vor. Entsprechend reiste er an und hielt einen Vortrag, der Bundeskanzlerin Merkel ob der Mut machenden Wirkung gut gefiel, und schließlich stilecht mit einer Kombination der besten Sprüche aus Terminator (im Ranking der besten Film-Sprüche auf Platz 37) und Terminator 2 (76) beendet wurde.
Die Wirtschaftskrise hat der noch weltgrößten Computermesse einen Einbruch der Ausstellerzahlen von gut 20% beschert. Selbst wenn viele der heimischen Anbieter immer wieder betonen, das die Krise noch nicht wirklich bei ihnen angekommen ist, ist sie dennoch da. Besonders hart hat es bisher eben die USA und Asien getroffen. Das macht sich dann bei einer international ausgerichteten Messe dann doch bemerkbar.
Viel Beachtung wurde zum Auftakt der Veranstaltung einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom geschenkt. Einmal mehr wurde in diesem Zusammenhang untermauert, welch einschneidende Veränderung das Internet mit sich bringt. Bei den 14 bis 29-Jährigen fällt auf, dass in das Internet und dessen Nutzung wichtiger ist als die Beziehung zum aktuellen Partner. Mehr Personen dieser Altersgruppe können sich vorstellen auf den aktuellen Partner zu verzichten als auf das Internet.
Nun gut, sie sind ja noch jung. Dem aktuellen Partner folgt der nächste aktuelle Partner. Den finden sie dann vielleicht im Internet. Jeder zwölfte Befragte will laut Untersuchung seinen Partner bereits im Internet aufgegabelt haben. Diese Zahl erscheint mir etwas hoch – sei’s drum.
Die massive gesellschaftliche Veränderung, die das Internet mit sich bringt, wird hier in Ansätzen deutlich. Dieselbe Studie belegt auch, dass die Grenze für die ausgiebige Nutzung des Internet in allen Lebenslagen bei einem Alter von 50 Jahren die Gesellschaft teilt. Schon wird überlegt, wie man das ändern kann. Ich denke, es reicht, wenn man das die Zeit entscheiden lässt. Spätestens wenn Arnie Deutschland wieder besucht, wird sich die Altersgrenze verschoben haben.
Wohin geht es, Opel?
Die Situation ist kritisch, aber es beschleicht einen mehr und mehr das Gefühl, dass sich daran auch nicht so viel ändern wird. Mit der US-Mutter General Motors geht es immer weiter in Richtung pleite bei Opel. Das Sanierungskonzept wird eher schlechter als besser besprochen. Die Abhängigkeit von GM ist so groß, dass GM Europe – und damit auch Opel – die vollständige Trennung offensichtlich gar nicht anstreben kann.
Da stellen die Politiker zu Recht die Frage, warum Steuergelder in ein Unternehmen gepumpt werden soll, das zwar zu der Deutschen liebster Branche gehört, aber eben auch auf Grund mangelnder Masse wahrscheinlich alleine gar nicht lebensfähig wäre. Die Stückzahlen sind zu klein. Weltweit ist der Bedarf an Autos deutlich geringer als das Potenzial der Autobauer. Die Krise wird Auslöser für eine Bereinigung des Marktes sein, die eigentlich schon längst überfällig ist. Neben Opel könnte es wohl auch für Ford noch ziemlich eng werden.
Immer deutlicher wird auch, dass die Politik die Beteilgung des Staates an einem Unternehmen wie Opel ablehnt. An forderster Front stehen die Liberalen, denen jedwede Verstaatlichung ein Gräuel ist. Aber auch bei den anderen großen Parteien ist man eher der Ansicht, dass es ein wichtiges Zeichen wäre, wenn sich ein Investor aus der Wirtschaft findet, der Opel als entsprechend lohnendes Investment sieht. Der Staat tut wahrscheinlich gut daran, die Beobachterrolle weiter zu spielen und im Falle des Falles dem Unternehmen mit einem tragfähigen Konzept beizuspringen und bei einem möglichen Neustart zu helfen.
Vorerst wird die Hängepartie weitergehen – möglicherweise ist der Antrag auf ein Insolvenzverfahren der Startschuss auf den Investoren warten.
Gelesen 1
Nun ist es nicht so, dass ich nicht schon mehr Bücher gelesen hätte. Gerade in diesem Jahr hab ich schon einige Krimis und andere Romane verschlungen. Man kann sagen, dass ich das Lesen wiederentdeckt habe. Das trifft übrigens auch auf Zeitungen und Zeitschriften zu, denen es im Moment sehr dreckig geht. Leider werde ich mit meiner akuten Lesewut keinen Titel retten können. Aber ich gehe doch zumindest mit gutem Beispiel voran und tue damit auch noch etwas für meinen Geist.
Das erste Buch, das ich seit der ernsthaften Aufnahme dieses Blogs fertig gelesen habe, ist die Philosophie-Einführung „Wer bin ich und wenn ja, wie viele?“ von Richard David Precht. Tatsächlich ist es, so wie es auch die Rezensenten der Republik beschrieben haben, eine der zugänglichsten Einführungen in eine Vielzahl der wichtigsten Fragen des Lebens. Das Buch ist unterhaltsam geschrieben und verfolgt einen interdisziplinären Ansatz. Psychologie, Hirnforschung und Biologie kommen nicht zu kurz. Auf dem Klappentext steht ein Zitat von Elke Heidenreich: „Wenn Sie das Buch lesen, haben Sie den ersten Schritt auf dem Weg zum Glück schon getan.“ Diese Aussage muss aus dem Zusammenhang gerissen worden sein. So trifft die Aussage sicher nur auf die letzten drei Kapitel zu. So wie der Titel lässt auch dieses Zitat die Erwartungen in die falsche Richtung schweifen. Wir haben es hier nämlich nicht mit einem Selbsthilfe-Buch, sondern einer gut lesbaren wissenschaftlichen und dementsprechen sachlichen Abhandlung zu tun. Und weil ich mir nur Teile der Grundzüge unterschiedlicher Philosophien merken konnte, bekommt auf einer Skala von 1 (schlecht) bis 10 (sehr gut) 7 Punkte.
Unternehmer
Gute Ideen und Engagement führen zu Erfolg. Das ist wohl so. Ich war heute bei einem sehr interessanten Unternehmen. Im Krause-Outlet in Huchem-Stammeln finden Schnäppchenjäger, die sich gern in neue Klamotten hüllen. Alles begann mit einem Second-Hand-Laden in Düren. Später kam dem diplomierten Chemiker Erwin Krause die Idee, sich als Resteverwerter von Mode zu verdingen. Seite 33 Jahren kauft er Ware ein, die Insolvenzverwalter verscherbeln, die Unternehmer wegen Geschäftsaufgabe abstoßen und die im Handel regulär keinen Käufer mehr findet.
Seit dreieinhalb Jahren gibt es nun ein 3000 m² großes Geschäft, in dem vor allem samstags die Hölle los ist. Technische Finesse: Das Schaufenster ist dynamisch. Mehrere hundert Teile werden von einer Hängeförderanlage, direkt vor der Nase des Betrachters präsentiert. Der Clou: Es gibt die Möglichkeit, die Ware aus dem Schaufenster heraus zu kaufen. In dem Gewerbegebiet finden sich für die 24-Stunden-Einkaufsmöglichkeit noch nicht sehr viele Kunden. Eine Anwendung der Technologie auf einer Einkaufsmeile mit hoher Kundenfrequenz auch außerhalb der Öffnungszeiten könnte da schon mehr Erfolg haben. So hat Krause nun mit der Vermarktung der Idee begonnen. Auch das könnte funktionieren.
Ein echter Unternehmer lässt sich eben nicht beirren.
Doofe Lehrer?
Da kocht wieder einmal etwas hoch. Deutschland ist Bildungsnotstand-Land. Und weil es so schön einfach ist, haut man wieder einmal ein bisschen auf die Lehrer drauf – und eigentlich auch wieder nicht.
Wieder einmal ist es die Politik, die es sich besonders leicht macht. Wenn man lesen muss, dass Thomas Volk, Landesvorstand der CDU in Baden-Württemberg, fordert, dass Lehrer mindestens ein Abi-Schnitt von 2,0 benötigten, um zum Lehramtsstudium zugelassen zu werden, dann ist das in letzter Konsequenz verlogen, heuchlerisch und hohl. Lehrer sind in der Regel nicht doof, und im Schnitt sicher nicht doofer als Politiker.
Im in dieser Frage überholten und unzeitgemäßen Föderalismus sind es nämlich vor allem die Landespolitiker und -fürsten, die mit ihrem Gefolge vor allem in Form der Kultusminister für eine mutmaßlich unzureichende Schulbildung verantwortlich sind. Viele Jahre lang hat man den Lehrer-Beruf unattraktiv gemacht, in dem die Arbeitszeiten verlängert wurden und die Klassen immer weiter gewachsen sind. Zudem muss den Eltern klar gemacht werden, dass sie für den Lernfortschritt ihrer Kinder genauso verantwortlich wie die Kinder selbst. Jetzt steht man vor dem Scherbenhaufen und will sich den Schuh nicht anziehen, den man selbst gekauft hat.
Nicht jammern, sondern machen. Das gilt in dieser Frage ganz besonders und vor allem für Bildungspolitiker. Richtige Schritte wären beispielsweise die Vereinheitlichung der Lehrer-Ausbildung, Abschaffung des Föderalismus in Bildungsfragen und die Verkleinerung der Klassenstärken in allen Schulformen. Das Bildungssystem hat einen Schaden und nicht primär die Lehrerschaft. Hohles Politikergerede und -lamentieren hilft nicht. Und nur weil einige behaupten, das Image der Lehrer verbessere sich langsam, muss das noch lange nicht so sein.
Aber eines ist auch klar: Journalisten und Politiker stehen auf der Image-Skala noch schlechter als die Pädagogen da.