Gezwitscher im Namen des Herrn

Twitter ist ein Hype. Keiner weiß so genau, wie nachhaltig sich das Microblogging im Alltag verankern wird. Es gibt Stimmen, die in Twitter die Killer-Applikation des Web 2.0 sehen. Diese Entschätzung hat was. Schließlich ist Twitter der SMS entlehnt, die sich unerwartet zur Killer-Applikation des Mobilfunks entwickelt hat.

Twitter ist aber auch ein Medienthema. Jetzt wird es nach dem Twitter-Skandal bei der Wahl des Bundespräsidenten zum Politikum. Mitglieder von Wahlkommission und Bundesversammlung haben das Ergebnis herausgetwittert noch bevor es offiziell bekanntgegeben wurde. Nun wird sich der Bundestag mit dem Vorfall beschäftigen.

In den USA wird heftig in Gottesdiensten getwittert. Eine Reihe von Predigern unterstützt das göttliche Gezwitscher. Aus deren Sicht sollen die Menschen ruhig immer dann twittern, wenn der Geist in sie hineinfährt, um die frohe Botschaft digital zu verbreiten. Einige Prediger lassen sich von den Kurzbotschaften sogar während ihrer Vorträge via Leinwände unterstützen. Und sie twittern selbst.

Jetzt stelle ich mir die Umsetzung bei den großen Glaubensgemeinschaften in Deutschland vor. Besonders bei den Katholiken in barocken Gotteshäusern dürfte es doch ein interessantes Bild sein, wenn die Gläubigen mit ihren Macs und Netbooks auf den harten Kirchenbänken sitzen und ihre göttlichen Eingebungen live in das Netz jagen. Modern ist es allemal. Nun ist die Frage, wie modern die Kirchen wirklich sein wollen. Manchmal ist es ja besser, der Tradition verhaftet zu bleiben.

Kennt eigentlich jemand einen katholischen, twitternden Priester? Oder liest diese Zeilen gar ein katholischer, twitternder Pfarrer? In beiden Fällen und darüberhinaus würde mich interessieren, wie so etwas aussehen kann und was Ihr darüber denkt. (Das ist mal wieder ein Hinweis darauf, dass ich mich über die Nutzung der Kommentarfunktion freuen würde. Also, nur zu.)

Flattr this!

Netbook

Seit gut einer Woche bin ich nun Besitzer eines Netbooks. Ich habe mich lange gewunden – und schließlich doch zugeschlagen. Es sollte ein 10-Zoll-Display, eine Festplatte (160 GB) und Windows XP haben. Bislang waren mit die Mini-Rechner in dieser Konfiguration noch zu teuer. Jetzt allerdings gibt es beispielsweise das Acer Aspire One 150 D mit dem Standardakku für rund 300 Euro unter anderm bei Amazon oder auch Discount 24.

Bislang habe ich die Anschaffung nicht bereut. Der Mobilitätsgewinn ist großartig. Ein dickes Notebook funktioniert unterwegs auf dem Weg zur Arbeit nicht. Wer ein Device für das mobile Leben und die normale Nutzung wie ein bisschen Textverarbeitung und Internet braucht, ist mit einem Netbook gut bedient.

Natürlich gibt es Grenzen. Bildbearbeitung geht nicht wirklich. Bildbetrachtung gerade so. Wer aber Zeit im Zug für Dinge nutzen will, die einen sonst länger an den heimischen PC binden, hat viel Spaß. Ich denke, dass ein Großteil meiner Blogbeiträge an diesem Gerät entstehen werden.

Unterwegs online gehen, mit Breitband und so, ist mir zu teuer. Die Flatrate-Angebote variieren zwischen 20 und 40 Euro, was mit den verfügbaren Bandbreiten und dem Moment der Verlangsamung der Datenübertragung zu tun hat. Bei den Volumentarifen herrscht Chaos. Man merkt den Mobilfunk-Unternehmen an, dass die Kunden verwirren wollen, um sie schließlich mit einem unpassenden Tarif abzuzocken. Das haben sie bei der Gestaltung der Mobilfunktarife schon vor Jahren gelernt.

In jedem Fall ist es wichtig das Kleingedruckte zu lesen. Dort erfährt man nämlich, ab wann die Unternehmen keinen Bock mehr haben, einem die volle Freiheit einer Flatrate zu gewähren. Das können 2 GB,5 GB oder 10 GB sein. Je höher der Wert, umso tiefer muss man in die Tasche greifen.

Aber es ist absehbar, dass auch da noch Spielraum nach unten ist, der sicher bald ausgeschöpft wird. Bis dahin werde ich meine Blogbeiträge beispielsweise in BlogDesk verfassen und über den nächsten Hotspot auf den Server jagen. Das geht eigentlich auch. Schnelligkeit im Netz ist schon lange nicht mehr alles.

Flattr this!

Danke FAZ

Danke FAZ, danke. Die Kritik des Metallica-Konzerts als Aufmacher des Feuilletons – das zeugt von Größe.

Ich habe schon lange nicht mehr ein so unterhaltsames Stück in der FAZ gelesen. Ähnlich virtuos und erfreulich war seinerzeit die Rezension von „Death Magnetic“ am 13. September 2008. Angefangen bei der Überschrift, über den Textaufbau bis hin zum artistischen Jonglieren mit Worten passt da alles. Auch das Foto von James Hetfield ist gut gewählt. Der Anlauf der Unterzeile („Da freut sich der Papa“) trifft auch oft auf mich zu.

Ehrlich gesagt war ich bei der Lektüre aber auch etwas überrascht, dass quasi keine negativen Aspekte angesprochen wurden. Objektiv gesehen war es einfach zu laut. Auch die Setlist war im Vergleich zu anderen Konzerten der aktuellen Tour nicht optimal – das ist allerdings wieder total subjektiv. Dass ein Kenner den Text verfasst hat, zeigt die Einschätzung von Drummer Lars Ullrich, der tatsächlich eher eine Schwachstelle ist. Aber auch Kirk Hammett hat seine Gitarre manchmal über Gebühr gequält und sich dabei manchmal selbst überholt. Aber: Wer perfekte Musiker auf der Bühne sehen will, muss sich die Wiener Philharmoniker reinziehen.

Metallica ist ein Gesamtkunstwerk – das macht auch der Artikel in der FAZ deutlich. Und Metallica ist ein äußerst geschäftstüchtiges Unternehmen. Perfekte Websites und die Möglichkeit, jedes Konzert am nächsten Tag downloaden zu können, sind Zeugen dafür. Für 10 Dollar hat man das optimale Bootleg auf der Festplatte und kann sich seine ganz persönliche Doppel-Live-CD brennen. Da kein Set mit dem anderen identisch ist, muss man für seinen Lieblingssong, der an anderer Stelle performt wurde, nochmal die Kreditkarte zücken. Das ist aber völlig in Ordnung.

Ich habe jetzt Lust auf mehr – und werde im September dann wohl auf ein Dream Theater-Konzert pilgern. Das wird sicher auch laut – aber an Metallica reicht wohl gar nichts heran.

Flattr this!

Bayern-Chaos und Digitalien

Da hat doch glatt ein Spaßvogel ein Xing-Profil von Jupp Heynckes mit seinem neuen Arbeitgeber angelegt.

Damit ist das Bayern-Chaos auch in Digitalien angekommen. Klinsmann darf zurück nach Kalifornien. In ein paar Jahren hat er dann die Bayern-Euros verbummelt und heuert wieder bei einem Bundesliga-Club an. Vielleicht wird er ja auch Assistent bei Jogi Löw, wenn dieser die TSG Hoffenheim in Liga 3 betreut.

Die Schwabenpower werden wir auf jeden Fall im deutschen Fußball nicht so schnell los.

(Das Heynckes-Profil ist übrigens schon kurz nach Erscheinen gelöscht worden – die Kontrollmechanismen der Xing-Macher scheinen zu funktionieren, aktualisiert um 14:52)

Flattr this!

Böse Botschaft

Ich bin nun wirklich kein Moralapostel. Wenn man allerdings die Geschehnisse der Woche noch verarbeiten muss (Winnenden), dann ist es schockierend, wenn einem am Bahnhof gleich mehrfach ein Werbeplakat für einen Thriller von RoRoRo den Spruch „Heute ist der Tag, an dem Du stirbst…“ entgegenwirft. (Das Foto habe ich am Freitag schnell mit dem Foto-Handy gemacht.)

Das Plakat muss weg. Ich finde, dass man umgehend hätte reagieren müssen – sowohl von Seiten des Verlages, aber auch von Seiten des Außenwerbers. Man kann nur hoffen, dass keines der Opfer von dem Amoklauf am Mittwoch dieses Plakat am Tag der Tat gesehen hat. Auch die Angehörigen sollten eigentlich vor dieser Werbebotschaft geschützt werden.

Flattr this!

Neue Welt

Irgendwie ist es einigermaßen befremdlich, dass nach dem Amoklauf von Winnenden im Moment das wichtigste Thema die vermeintliche Ankündigung der Tat in einem Chat gewesen ist. Der Polizei wird vorgehalten, sie habe einen Ermittlungsfehler begangen, indem sie einen Chat-Eintrag ohne ausreichende Validierung für bare Münze genommen hat.

Tatsächlich werden die Ermittlungen von allen versierten Internet-Nutzern getrieben. Ist es nämlich ein Surfer, der zuerst die Indizien und Informationen im Netz findet, ist die Polizei ein Verein von Losern. Sitzt sie einem Fake auf, ist sie es auch. In modernen Zeiten muss eben alles sehr schnell gehen. Es gibt viele Hobby-Ermittler da draußen. An dieser Stelle bringt es nicht, der Polizei irgendeine virtuelle Schuld in die Schuhe zu schieben.

An vorderster Front kämpfen die Journalisten, die sich durch das mächtige Internet auch ganz weit vorn wähnen. Lustig sind nun die gegenseitigen Anschuldigungen, das eine oder das andere Medium hätte zu früh irgendwelche zu einem bestimmten Zeitpunkt noch ungesicherte Informationen rausgehauen. Sie zeigen mit Fingern aufeinander – und sitzen doch alle in demselben Boot.

Fakt ist: Wir – nicht nur die Polizei und die Medien – leben eben in einer neuen Welt. Sie bietet viel Fortschritt aber auch Gefahren und Fallstricke. Alle Beteiligten müssen sich noch daran gewöhnen.

Befremdlich ist in einer Situation wie dieser, dass doch vielmehr das Gedenken an die Opfer und ihre Angehörigen im Mittelpunkt stehen muss. Dass man sie in ihrer Trauer und ihrem Schmerz allein lässt, ist gut und richtig. Das Medienereignis davon abzukoppeln ist falsch. Die skurrilen Diskussionen darüber zu führen, dass man eben bei der Recherche im Netz aufpassen muss, ziehen das Ganze ins Lächerlich. Jene Fortschritts-Feinde, die nun triumphieren, weil sie schon immer gesagt haben, das Internet sein Teufelszeug, werden sich noch umschauen.

Ein offener Umgang mit dem Hier und Jetzt ist wichtig, damit unsere Gesellschaft die Herausforderungen der Zukunft angehen kann.

Flattr this!

Winnenden

Viel schreiben kann man dazu eigentlich nicht. Ein junger Mann hat 16 Menschen – zehn Schüler, drei Lehrer und drei Passanten – erschossen. In der Schießerei, die er sich mit der Polizei in Waiblingen lieferte, wurde er selbst getötet. Die Medien berichten, dass der junge Mann unauffällig gewesen sei. Sein Vater ist im Schützenverein und offensichtlich ein Waffennarr. Denn auch ein Mitglied eines Schützenvereins braucht sicher keine 16 oder 18 Waffen, wie es in den unterschiedlichen Medien kolportiert wird.

Schuld gesprochen werden sicher wieder Gewaltvideos und Shooter, also Actionspiele für PC oder Konsole. Das ist falsch. Diese Medien liefern Verhaltensmuster, nichts mehr. Bewusstseinsverändernd sind sie sicher nicht – auch Persönlichkeitsstörungen werden nicht produziert. Diese sind schon vorher da – und da ist mit dem Täter das direkte Umfeld in der Verantwortung.

Mehr kann und will ich jetzt auch gar nicht schreiben. Ich bin in Gedanken bei den unschuldigen Opfern und ihren Angehörigen. Irgendwie schlimm…da wird auch die Wirtschaftskrise ganz klein.

Flattr this!

I’ll be back – Hasta la vista, Baby!

Der Terminator, der es immerhin zum Gouverneur gebracht hat, hat die Gelegenheit ergriffen und ist in jenen Staat gereist, der ihm nach eigenen Angaben besonders viel bedeutet, weil er dort seine ersten Erfolge feiern konnte. Arnold Schwarzenegger kam nach Deutschland, weil der US-Bundesstaat, dem er vorsteht, Partnerland der diesjährigen Cebit in Hannover ist. Er wäre natürlich nicht gekommen, wenn wieder einmal der Busch in seiner Heimat gebrannt hätte. Aber zu dieser Jahreszeit kommt das eben nicht so häufig vor. Entsprechend reiste er an und hielt einen Vortrag, der Bundeskanzlerin Merkel ob der Mut machenden Wirkung gut gefiel, und schließlich stilecht mit einer Kombination der besten Sprüche aus Terminator (im Ranking der besten Film-Sprüche auf Platz 37) und Terminator 2 (76) beendet wurde.

Die Wirtschaftskrise hat der noch weltgrößten Computermesse einen Einbruch der Ausstellerzahlen von gut 20% beschert. Selbst wenn viele der heimischen Anbieter immer wieder betonen, das die Krise noch nicht wirklich bei ihnen angekommen ist, ist sie dennoch da. Besonders hart hat es bisher eben die USA und Asien getroffen. Das macht sich dann bei einer international ausgerichteten Messe dann doch bemerkbar.

Viel Beachtung wurde zum Auftakt der Veranstaltung einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom geschenkt. Einmal mehr wurde in diesem Zusammenhang untermauert, welch einschneidende Veränderung das Internet mit sich bringt. Bei den 14 bis 29-Jährigen fällt auf, dass in das Internet und dessen Nutzung wichtiger ist als die Beziehung zum aktuellen Partner. Mehr Personen dieser Altersgruppe können sich vorstellen auf den aktuellen Partner zu verzichten als auf das Internet.

Nun gut, sie sind ja noch jung. Dem aktuellen Partner folgt der nächste aktuelle Partner. Den finden sie dann vielleicht im Internet. Jeder zwölfte Befragte will laut Untersuchung seinen Partner bereits im Internet aufgegabelt haben. Diese Zahl erscheint mir etwas hoch – sei’s drum.

Die massive gesellschaftliche Veränderung, die das Internet mit sich bringt, wird hier in Ansätzen deutlich. Dieselbe Studie belegt auch, dass die Grenze für die ausgiebige Nutzung des Internet in allen Lebenslagen bei einem Alter von 50 Jahren die Gesellschaft teilt. Schon wird überlegt, wie man das ändern kann. Ich denke, es reicht, wenn man das die Zeit entscheiden lässt. Spätestens wenn Arnie Deutschland wieder besucht, wird sich die Altersgrenze verschoben haben.

Flattr this!

Wohin geht es, Opel?

Die Situation ist kritisch, aber es beschleicht einen mehr und mehr das Gefühl, dass sich daran auch nicht so viel ändern wird. Mit der US-Mutter General Motors geht es immer weiter in Richtung pleite bei Opel. Das Sanierungskonzept wird eher schlechter als besser besprochen. Die Abhängigkeit von GM ist so groß, dass GM Europe – und damit auch Opel – die vollständige Trennung offensichtlich gar nicht anstreben kann.

Da stellen die Politiker zu Recht die Frage, warum Steuergelder in ein Unternehmen gepumpt werden soll, das zwar zu der Deutschen liebster Branche gehört, aber eben auch auf Grund mangelnder Masse wahrscheinlich alleine gar nicht lebensfähig wäre. Die Stückzahlen sind zu klein. Weltweit ist der Bedarf an Autos deutlich geringer als das Potenzial der Autobauer. Die Krise wird Auslöser für eine Bereinigung des Marktes sein, die eigentlich schon längst überfällig ist. Neben Opel könnte es wohl auch für Ford noch ziemlich eng werden.

Immer deutlicher wird auch, dass die Politik die Beteilgung des Staates an einem Unternehmen wie Opel ablehnt. An forderster Front stehen die Liberalen, denen jedwede Verstaatlichung ein Gräuel ist. Aber auch bei den anderen großen Parteien ist man eher der Ansicht, dass es ein wichtiges Zeichen wäre, wenn sich ein Investor aus der Wirtschaft findet, der Opel als entsprechend lohnendes Investment sieht. Der Staat tut wahrscheinlich gut daran, die Beobachterrolle weiter zu spielen und im Falle des Falles dem Unternehmen mit einem tragfähigen Konzept beizuspringen und bei einem möglichen Neustart zu helfen.

Vorerst wird die Hängepartie weitergehen – möglicherweise ist der Antrag auf ein Insolvenzverfahren der Startschuss auf den Investoren warten.

Flattr this!