Orientierung in der Medienwelt

Die Medienrevolution ist in vollem Gange. Die Antworten der Verlage und Journalisten auf die Veränderungen sind unbefriedigend. Der Riss zwischen Traditionalisten und Visionären des Medienkonsums geht mitten durch die Gesellschaft. Zweifelsohne hat diese Grenze etwas mit dem Alter zu tun – die Digital Natives wachsen rasch heran.

Die Traditionalisten sagen oft mit weinerlicher Stimme, in ihren romantischen Gedanken und Gefühlen verhaftet, dass die Zeitung doch niemals von der Bildflächen verschwinden wird, ja darf. Es handele sich doch um ein Kulturgut. Die Arbeit von professionellen Journalisten gebe Halt und Orientierung. Die Filterfunktion sei so wichtig, notwendig und wertvoll, darüberhinaus spare sie Zeit.

Filterfunktion und Qualitätsjournalismus sind auf dem Rückzug. Die klassischen Medien, allen voran die Printmedien, befinden sich in einer Todesspirale. Ihre Geschäftsmodelle funktionieren weitgehend nicht mehr bzw. es ist absehbar, dass es damit dem Ende zugeht. Das Internet wird beschimpft, es sei schuld an der Malaise, da die Kultur, dass Inhalte kostenlos verfügbar sind, geistiger Arbeit den Garaus macht. Die Vorwürfe bringen aber niemanden weiter. Besser wäre es, seine Kraft zusammenzunehmen und seinen Platz in der neuen Welt zu suchen.

Statt dessen werden Medien unglaubwürdiger, weil sie immer abhängiger von Anzeigenkunden werden. Man stelle sich in einer Regionalzeitung kritische Stimmen über unfähigen Einzelhandel oder Konsumterror vor. Wenn sich dann Aldi, Lidl, Schlecker und ein paar örtliche Einzelhändler als Inserenten zurückziehen würden, ginge in den Redaktionen nach wenigen Monaten das Licht aus.

Noch schlimmer ist die Abhängigkeit der Redaktionen von Pressestellen und PR-Agenturen. Seitdem der Journalismus Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen ist, beschäftigt man sich mit der Frage, wieviel Prozent des redaktionellen Contents auf Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen, Gebietskörperschaften, Verbänden, Vereinen und NGO zurückgeht. Die Werte sind erschreckend – und die Abhängigkeit wird immer größer. Immer kleinere Redaktionen müssen Platz und Zeit füllen. Da ist es doch viel einfacher auf das Vorgegebene zurückzugreifen, als selbst Themen zu identifizieren. Auch dieser Tatsache sind sich informierte Mediennutzer bewusst. Wieso soll er sich also nicht die Darstellung und die Kommentierung von verschiedenen Bloggern zur Meinungsbildung heranziehen? Es gibt wirklich nur sehr, sehr wenige Argumente, die dagegen sprechen.

Früher hat man gern das Schlagwort Lost in Cyberspace in den Mund genommen. All jene, die sich seinerzeit erst kurz mit dem Internet beschäftigt haben, haben geklagt, man würde sich schlecht im Netz zurechtfinden. Das Geklicke habe einen in die Tiefen der Hypertext-Strukturen gezerrt. Nicht zuletzt intelligente Such-Techonolgien haben dieses Thema deutlich aus dem Fokus verdrängt. Digital Natives bewegen sich ganz intuitiv durch die digitale Welt. Es dürfte keine Frage unbeantwortet, keine Suche erfolglos bleiben.

Dazu kommt noch, dass die Digital Natives sehr genau wissen, was sie suchen und damit auch Techniken entwickeln, das Gesuchte effizient zu finden. Tatsächlich suchen die Menschen heute viel mehr Informationen, als die klassischen Medien in der Lage sind vernünftig aufzuarbeiten. Wie heißt es so schon im Medienjargon? Special Interest Titel. Zu special dürfen die Interessen dann aber auch nicht sein. Das Leben wird feiner, Details werden wichtiger, spitze Informationen sind mehr gefragt denn je.

Der Long Tail ist wesentlicher Bestandteil des Lebens. Damit trifft das auch auf Hobbys und Interessen zu. Die dezentralen Informationen des weltumspannenden Netzwerks unterstützen sogar das Ausprägen von Themen, wie es früher gar nicht möglich gewesen wäre.

Unter dem Strich gibt es also eine Reihe von Entwicklungen, die gegen die klassischen Medien – allen voran Print – sprechen. Am dramatischsten ist, dass eben die Argumente, die für die Nutzung von Zeitungen und Zeitschriften angeführt werden, immer mehr an Bedeutung verlieren. Dieser Trend ist kaum aufzuhalten. Die Auflagenzahlen gehen runter, im Moment bleiben die Anzeigenkunden aus, Redaktionen werden verkleinert, Qualität ist Anspruch aber nicht immer Wirklichkeit, der Leser merkt dies und die Auflagenzahlen schwinden weiter. Und schon geht das Ganze von vorne los – und dann kommt noch die disruptive Wirkung des Internets hinzu. Die Lage ist mehr als ernst.

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