Vernetztes Spielen in der digitalen Welt

Wer Bücher lesen kann, kann auch Videospiele spielen. Wer Videospiele spielen kann, kann auch lesen.

Gestern Abend habe ich eine wunderbare neue Erfahrung gemacht (und es ist mir ein bisschen peinlich, dass es so lange gedauert hat). Ich bin mit der Playstation 3 in die Welt des Multiplayer-Online-Gaming eingetaucht. Klar hat man auch schon vor Urzeiten (in der digitalen Zeitrechnung) das eine oder andere Fernduell bestritten. Aber die Konsolen der neuesten Generation haben zusammen mit dem Breitband-Internet die Tür in eine neue Dimension aufgestoßen.

Ganz frisch in den Läden ist das Jump’n’Run-Spiel Little Big Planet 2 von Sony gelandet. Dieses Spiel ist großartig – und jeder vom Hardcore Gamer bis zum Videospiele-Rookie kann sich dort hinein finden.

Weil so schön ist, verbreite ich diesen wunderbaren Trailer, der viel über das Spiel verrät auch noch hier:

Was also ist gestern passiert? Ich habe mit zwei Kollegen ganz spontan ein kooperatives Multiplayer-Game gespielt. Wir haben uns zufällig in der digitalen getroffen. Dann sind wir zusammen durch die Gegend gehüpft und haben gemeinsam in Teamwork ohne jedwede Absprache einige Levels bewältigt. Ich habe öfter lauthals gelacht – und ich denke, dass ging den anderen beiden (sie haben zusammen an einer Konsole gesessen) ähnlich.

Es gibt Spiele, die die Kommunikation via Headset ermöglichen. Wir hatten nur einen Text-Chat zur Verfügung. Zu Anfang war der Wunsch sehr groß, miteinander zu kommunizieren. Im Spielverlauf hat sich das Team gefunden. Allenfalls an ganz kniffligen Punkten kam der Wunsch nach Kommunikation auf. In diesem Moment habe ich das Handy gezückt und den einen Kollegen um seine Handynummer gebeten. Allerdings war ein Anruf nicht nötig. Der Moment, in dem man feststellt, dass man sich versteht und aufeinander vertrauen, ist großartig und bringt einem auch im Leben viel. Da muss man nicht unbedingt in Hochseilgärten umherirren.

Videospiele sind etwas Großartiges. Natürlich haben sie auch ihre Schattenseiten. Das trifft aber auch auf andere Hobbys zu. Ich bin der Meinung, das der Film, vor allem der Unterhaltungsfilm, deutlich überbewertet ist. Die Storys in einem Großteil der Spiel sind mindestens so durchdacht, verschachtelt und innovativ wie in den meisten Spielfilmen. Drehbuchschreiber von Spielen haben aus meiner Sicht noch mehr auf dem Kasten, weil die Geschichten alternative Verläufe haben können. Vor 15 Jahren haben wir im Studium über die kommende Ära des interaktiven Fernsehens philosophiert. Daraus wird nichts. Diesen Platz haben sich die Videospiele erobert. Allen Skeptikern sei gesagt: Wer sich nicht mit dem Thema Videospiele aktiv auseinandersetzt, ist zumindest so rückständig wie jemand, der noch nie im Kino war oder ein Buch (Prosa) gelesen hat.

Es gibt also einiges zu tun, um da noch vor allem in der älteren Generation Bewusstsein zu bilden. Ich habe ein kleines Blog zum Thema Videospiele gestartet, dass sich auch an die Skeptiker richtet. Ein bisschen Videospiele-Kultur möchte ich dort vermitteln – und so das Image aufpolieren.

Und hier kommt noch der offizielle Trailer zu Little Big Planet 2. Viel Spaß dabei.

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Sorgen um Nido

Nido, das Familienmagazin aus dem Hause Gruner+Jahr, macht mir Sorgen. Also, eigentlich keine echten Sorgen. Aber es ist noch ein vergleichsweise junges Pflänzchen, das an die Magazine Stern und Neon angedockt ist. Eigentlich braucht es noch Zeit. Die Frage ist nur, wie viel Zeit es noch hat.

Inhaltlich bietet es die Spannung zwischen Zustimmung und totaler Ablehnung. Das ist ein Grund, warum ich es ganz gern in Händen halte. Manchmal reibe ich mich an den Inhalten (bis zu einer bestimmten Grenze) und manchmal will man lesen, dass andere der gleichen Meinung sind wie man selbst.

In der aktuellen Ausgabe habe ich mit Erschrecken festgestellt, dass das Anzeigenaufkommen erschütternd ist. 17 ganzseitige und zwei halbseitige Anzeigen verlieren sich auf 140 Seiten Gesamtumfang. Nur zwei von den ganzseitigen und die beiden halbseitigen Anzeigen dürften richtig bezahlt worden sein. Vier Seiten haben Vereine bzw. die öffentliche Hand gebucht. Auf elf Seiten finden sich Eígenanzeigen. Im Mai 2010 wurde das Magazin auf eine monatliche Erscheinungsweise umgestellt. Die Druckauflage liegt bei 150000.

Ich bezweifle ja, dass sich das Ganze rechnet. Möglicherweise trägt die Eigenwerbung vor allem für die anderen Titel von Gruner+Jahr von Brigitte über Schöner Wohnen bis hin zu Art zur Abonnentengewinnung dieser Zeitschriften bei. Wenn meine Vermutung richtig ist, frage ich mich, wie man auf Dauer die Finanzierung hin bekommen will. Eigentlich würde ich mich gern noch etwas länger an den Inhalten reiben, und das Pflänzchen länger wachsen sehen.

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Gelesen 17

Dieter Moor: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht
Dieter Moor: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Eine Liebeserklärung an Brandenburg, das platte Land, die Provinz. Das ist das Buch „Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht – Geschichten aus der arschlochfreien Zone“ von Dieter Moor, sagen wir einmal bekannt aus Film und Fernsehen.

Moor nimmt den Leser mit auf die Reise nach Amerika, in ein Dorf im Brandenburgischen. Dorthin zieht er mit Frau und Viechern. Er lässt die schweizerische Modelleisenbahn-Landschaft inklusive des zu klein gewordenen Hofes hinter sich. Auch der kleine Schweizer in ihm wird im Verlauf des Buches immer leiser.

Am Anfang dachte ich noch: Eigentlich handelt es sich um ein Buch, das kein Mensch wirklich braucht. Da erzählt einer, den noch nicht einmal wahnsinnig viele Menschen kennen dürften, von seinem Umzug und dem Beginn eines neuen Lebens – relativ – fern der Heimat. Aber eben nicht in New York, Sydney, Tokio oder Hongkong, sondern in einem 200-Seelen-Nest im Osten Deutschlands.

Nach anfänglichen Bedenken nimmt das Buch aber recht schnell und ordentlich Fahrt auf. Dieter Moor hat zwar bisher noch kein Buch geschrieben. Wer allerdings seine pointierte und wortgewandte Art aus dem Fernsehen kennt, kann erahnen, dass die Kombination funktionieren muss. Ich schätze ihn schon seit „Canale Grande“-Tagen. So híeß das einzige wirklich großartige Medienmagazin im deutschen Fernsehen, was leider auf Vox sein Dasein fristen musste und so einer breiteren Seherschaft verborgen blieb. Jetzt moderiert er „Titel, Thesen, Temperamente“ in der ARD in Tagesrandlage.

Dieter und Sonja Moor verdingen sich unter anderem als Biobauern. Zuerst werden sie von den Ureinwohnern Amerikas noch skeptisch beäugt. Schnell aber zollen sie den Neuankömmlingen Respekt. Davor liegt aber ein Zeit des Hoffens und Bangens, dass sich die ersten Eindrücke nur nicht bestätigen werden. Moors Frau Sonja hat den Hof selbstständig ausgesucht – und zuerst sieht alles nach einem katastrophalen Fehlkauf aus. Nach und nach bauen beide Seiten – Zugezogene und Einheimische – ihre Vorurteile ab. Gemeinsam gehen sie in eine rosige Zukunft voller Hilfsbereitschaft und Vertrauen.

Besonders hängen geblieben sind die Episoden rund um das Fällen einer Tanne auf dem Grundstück in Gebäudenähe und die Story, als Moor mit seinen neuen Freunden Neonazis vom Feuerwehrfest vertreiben.

„Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht – Geschichten aus der arschlochfreien Zone“ ist ein wunderbar kurzweiliges und mit viel Wortwitz durchsetztes Buch. Absolute Leseempfehlung. 8 von 10 Punkten hat es allemal verdient – an zwei oder drei Stellen sind mir Charakterisierung von Typen und die Schilderung bestimmter Ereignisse zu ausführlich geraten.

Dieter Moor, Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht – Geschichten aus der arschlochfreien Zone, 2009, RoRoRo, 304 Seiten, 8,95 Euro

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Alle Kanäle und vieles anders

Mich wie viele andere der Szene umtreibt die Frage, wie der Journalismus der Zukunft aussieht. Welche herkömmlichen Medien werden die Zeiten überstehen, für wen ist kein Platz mehr? Wie ändert sich die Art der Rezeption? Was wollen die Medienkonsumenten der Zukunft? Wie heißen die Meinungsführer von morgen? Welche Möglichkeiten der Refinanzierung von Informations- und Lebenshilfeangeboten wird es geben. Ist herkömmlicher Journalismus überhaupt finanzierbar? Was ist Journalismus überhaupt? Und, und, und…

Der Prognosen gibt es viele, immer wieder muss man aber auch den Status Quo in Frage stellen und seine einmal erstellte Prognose hinterfragen. Clive Thompson hat mit seinem Beitrag in der aktuellen Wired meine Gehirnzellen angeregt. Er versucht mit dem Vorurteil aufzuräumen, das Twitter-Nachrichten und Status-Updates dafür gesorgt haben, dass die neuen Leser weder dazu bereit noch in der Lage sind, sich mit tiefgehenden und ausführlichen Texten und Analysen auseinanderzusetzen.

Er zeigt, wie sich das Microblogging auf das herkömmliche Bloggen auswirkt. Früher war es wichtig, dass der Blogger am besten mehrmals täglich eher kürzere Beiträge gepostet hat. Durchaus mit analytischem, aber nicht gerade sehr tief greifendem Ansatz. Heute sei es üblich, tiefer gehende und ausrecherchierte Beiträge zu bloggen. Die Aktualität und Frequenz spiele dabei nicht die ganz große Rolle. Für die USA sieht er diesen Prozess schon recht weit fortgeschritten. Er zitiert einen anerkannten Blogger, der ganz klar sagt, das die schnelle Nachricht/Information über Twitter raus geht. Blogbeiträge entstehen nur dann, wenn er wirklich etwas zu sagen hat. Und das muss keinesfalls täglich der Fall sein.

Ich teile diese Einschätzung. Die Nutzung aller Kanäle sind der Königsweg, heute zumindest. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Tweet von Thomas Knüwer vom 5. Januar 2010 („5 neue Volontäre an einer Journalistenschule – keiner hat ein Blog, keiner ist bei Twitter. Viel Glück – Ihr werdet es verdammt nötig haben“).

Clive Thompson bringt natürlich auch das Thema Long Tail auf den Tisch. Die Nachhaltigkeit von im Internet publizierten Beiträgen ist durchaus vorhanden. Selbst ich merke mit meinen noch bescheidenen Blog-Projekten, dass bestimmte Themen ein lange Karriere haben und immer wieder alte Beiträge über Google aufgerufen werden.

Aus seiner Sicht wären die Verlierer dieser Entwicklung die Wochenmagazine wie Time und Newsweek (und natürlich die Entsprechungen auf anderen Märkten), die versuchen in kürzester Zeit mit mitteltiefgehenden Analysen auf aktuelle Ereignisse zu reagieren. Andere – ich meine vor allem hiesige – Stimmen sagen, dass gerade diese Medien vor allem im Vergleich zur Tageszeitung eine „rosige“ Zukunft vor sich haben. Das dachte ich bislang auch. Allerdings sind die Aussagen von Thompson wirklich stichhaltig. Abschließende Analysen sind aus dessen Sicht nicht mehr nur den Buchschreibern vorbehalten. Auch im Netz ist Tiefgang möglich – auch das sehe ich genau so.

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