Gelesen 17

Dieter Moor: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht
Dieter Moor: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Eine Liebeserklärung an Brandenburg, das platte Land, die Provinz. Das ist das Buch „Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht – Geschichten aus der arschlochfreien Zone“ von Dieter Moor, sagen wir einmal bekannt aus Film und Fernsehen.

Moor nimmt den Leser mit auf die Reise nach Amerika, in ein Dorf im Brandenburgischen. Dorthin zieht er mit Frau und Viechern. Er lässt die schweizerische Modelleisenbahn-Landschaft inklusive des zu klein gewordenen Hofes hinter sich. Auch der kleine Schweizer in ihm wird im Verlauf des Buches immer leiser.

Am Anfang dachte ich noch: Eigentlich handelt es sich um ein Buch, das kein Mensch wirklich braucht. Da erzählt einer, den noch nicht einmal wahnsinnig viele Menschen kennen dürften, von seinem Umzug und dem Beginn eines neuen Lebens – relativ – fern der Heimat. Aber eben nicht in New York, Sydney, Tokio oder Hongkong, sondern in einem 200-Seelen-Nest im Osten Deutschlands.

Nach anfänglichen Bedenken nimmt das Buch aber recht schnell und ordentlich Fahrt auf. Dieter Moor hat zwar bisher noch kein Buch geschrieben. Wer allerdings seine pointierte und wortgewandte Art aus dem Fernsehen kennt, kann erahnen, dass die Kombination funktionieren muss. Ich schätze ihn schon seit „Canale Grande“-Tagen. So híeß das einzige wirklich großartige Medienmagazin im deutschen Fernsehen, was leider auf Vox sein Dasein fristen musste und so einer breiteren Seherschaft verborgen blieb. Jetzt moderiert er „Titel, Thesen, Temperamente“ in der ARD in Tagesrandlage.

Dieter und Sonja Moor verdingen sich unter anderem als Biobauern. Zuerst werden sie von den Ureinwohnern Amerikas noch skeptisch beäugt. Schnell aber zollen sie den Neuankömmlingen Respekt. Davor liegt aber ein Zeit des Hoffens und Bangens, dass sich die ersten Eindrücke nur nicht bestätigen werden. Moors Frau Sonja hat den Hof selbstständig ausgesucht – und zuerst sieht alles nach einem katastrophalen Fehlkauf aus. Nach und nach bauen beide Seiten – Zugezogene und Einheimische – ihre Vorurteile ab. Gemeinsam gehen sie in eine rosige Zukunft voller Hilfsbereitschaft und Vertrauen.

Besonders hängen geblieben sind die Episoden rund um das Fällen einer Tanne auf dem Grundstück in Gebäudenähe und die Story, als Moor mit seinen neuen Freunden Neonazis vom Feuerwehrfest vertreiben.

„Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht – Geschichten aus der arschlochfreien Zone“ ist ein wunderbar kurzweiliges und mit viel Wortwitz durchsetztes Buch. Absolute Leseempfehlung. 8 von 10 Punkten hat es allemal verdient – an zwei oder drei Stellen sind mir Charakterisierung von Typen und die Schilderung bestimmter Ereignisse zu ausführlich geraten.

Dieter Moor, Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht – Geschichten aus der arschlochfreien Zone, 2009, RoRoRo, 304 Seiten, 8,95 Euro

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Gelesen 9

Die Deutsche Knigge-Gesellschaft ist im Moment wohl auf der Suche nach dem korrekten Wort für den weiblichen Ober. Hier ist eben nicht klar, wie man sich am ehesten seiner Bestellung nähert, wenn die weibliche Bedienung in einem Lokal die eigene Anwesenheit übersieht. „Hallo“, „Entschuldigung“, „Frau Oberin“: Das sind sämtlich No-Gos. Nur die richtige Anrede haben wir noch nicht gefunden.

Bei den Österreichern ist das anders. Dort heißt es „Herr Ober“ und „Fräulein“. Andere Begriffe werden nicht akzeptiert und im geringsten Fall mit Missachtung der eigenen Person bestraft. Ich habe das während meines einjährigen Aufenthaltes in Wien deutlich gespürt. Und jetzt kann man dies und viele andere Dinge, die man über Österreich wissen sollte in einem unterhaltsam Buch nachlesen. Es heißt „50 einfache Dinge, die Sie über Österreich und die Österreicher wissen sollten“. Geschrieben wurde es von einem Journalisten namens Harald Schume.

In dem Buch mit seinen 50 Kapiteln geht es um Sport (Ski, Formel 1 und Fußball) aber auch um Kultur, Opernball, Salzburg, Falco. Der Österreicher Schume greift alle Klischees auf, die aber tatsächlich so oder so ihre Entsprechung im wahren Leben haben. Mein Wienaufenthalt liegt nun schon einige Jahre zurück – aber an sehr vieles, was mir jetzt in dem Buch wieder begegnet ist, kann ich mich noch sehr genau erinnern.

Schume widmet auch jedem Bundesland ein eigenes, kurzes Kapitel. In wenigen Zeilen schafft er es, die vielfältigen Eigenarten der Menschen in den unterschiedlichen Regionen herauszuarbeiten. Es gelingt ihm, sich gleichzeitig lustig zu machen und trotzdem nicht respektlos zu sein. Das ist bewundernswert.

Das Buch ist sehr gut geschrieben, aber natürlich keine hohe literarische Kunst. Kurzweile ist angesagt. Für Leute, die sich erstmals mit Österreich und den Österreichern beschäftigen wollen (gibt es die Newcomer wirklich?) ist das Buch eine gute Vorbereitung auf das Aufeinandertreffen mit den Einheimischen. Es kann einen auch davor bewahren Fehler zu machen (s.o.). Österreich-Kenner dürfen einfach nur Spaß mit der literarischen Begegnung mit Land und Leuten haben.

Das Buch bekommt von mir 10 von 10 Punkten, weil man ein solches Buch einfach nicht besser schreiben kann.

Harald Schume, 50 einfache Dinge, die Sie über Österreich und die Österreicher wissen sollten, Westend Verlag, Frankfurt, 227 Seiten, 14,95 Euro

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