Eine Mediengeschichte zum Jahresstart

Die Causa Wulff ist von Beginn an auch eine Mediengeschichte gewesen. Nicht in dem Sinne, wie es einige Politiker dargestellt haben. Die Medien sind nicht Schuld am Verhalten des Bundespräsidenten. Den Schuh muss einzig und allein er sich anziehen. Mittlerweile ist wohl klar, dass seine Tage gezählt sind. Wenn selbst die Freunde nicht mehr zu einem halten, dann ist wohl alles vorbei.

Wie so oft bei den ganz großen Scoops spielt die Bild-Zeitung eine ganz wichtige Rolle (es ist übrigens ganz lustig wie der Spiegel darstellt, dass seine investigativen Kräfte auch an der Geschichte mit dem Privatkredit dran gewesen sind). Ein Geschenk des Himmels war es dann am Ende noch, dass Wulff – nicht mehr ganz Herr seiner Emotionen – einen Wutanruf auf der Mobilbox von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann hinterlassen hat.

Aber nochmal der Reihe nach. Am 13. Dezember hat sich die Welle in Bewegung gesetzt. Zu Anfang gab es noch reichlich Rückendeckung für den Bundespräsidenten. Nicht nur bei den Politikern. Auch in der Bevölkerung war alles noch ganz in Ordnung. Die Salamitaktik, das Rausschmeißen seines Sprechers und die unvollständige Transparenz haben die Skepsis und die Kritik angefeuert. Dass der letzte Kreditvertrag zu Normal-Mensch-Konditionen dann doch erst kurz vor Weihnachten unterzeichnet wurde, hat das Fass bis an den Rand der vollständigen Füllung gebracht. Sowohl die klassischen Medien als auch die Netzgemeinde waren zu diesem Zeitpunkt eher klar und sachlich. Für viele steht sowieso schon lange fest, das Christian Wulff nicht in seinem Amt bleiben kann. Das wurde auch unverblümt so dargestellt. Doch blieb die Häme weitgehend außen vor.

Doch dann kam es zur Instrumentalisierung von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und der Süddeutschen Zeitung durch die Bild-Zeitung. Am Wochenende wurde also bekannt, dass Wulff Diekmann angerufen hat, um ihm Drohungen auf das digitale Band zu diktieren. Seine Meinung zur Pressefreiheit hat Wulff implizit damit auch kundgetan. Das war eine nachhaltige Dummheit. Die Bild-Zeitung hat die Geschichte ausnahmsweise nicht selbst gebracht, sondern so genannte Qualitätsmedien mit der Information versorgt. Ein Geniestreich von Diekmann.

Spätestens jetzt war auch die Netzgemeinde in höchstem Maße aktiviert. Neben sachlicher Auseinandersetzung mit dem Thema kam nun noch ein riesiger Schwall Häme hinzu (dafür steht beispielhaft das hashtag #wulffilme auf Twitter). Das macht deutlich, dass das Amt beschädigt ist, der Respekt ist dahin – und es darf bezweifelt werden, das Christian Wulff der Mann ist, der diesen Respekt als Person und Amtsträger wieder herstellen kann.

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Dann wandern Sie doch aus, Frau Weiguny!

Ich finde es wirklich großartig, wenn sich Akademiker dafür entscheiden, auch mal mehr als ein oder gar zwei Kinder in die Welt zu setzen. Ich finde es auch großartig, dass Bettina Weiguny von der FAS drei Kinder hat. Gefallen kann mir nicht, dass die FAZ seit Monaten, ja eigentlich seit Jahren, gegen das Elterngeld wettert.

Frau Weiguny lässt sich darüber aus, dass es Leute gibt, die sich mit den 3600 Euro (in einzelnen Fällen kommen übrigens noch Zulagen hinzu) zwei Monate Urlaub in weit entfernten Destinationen gönnen. Ich finde das auch nicht sinnhaft, allerdings hätte ich mir solche Eskapaden auch nicht leisten können. Normal verdienende Menschen mit einem spießigen Leben wie ich, müssen nämlich Rücklagen bilden. Dazu kommen noch die Gehaltseinbußen durch Reduzierung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld (falls vorhanden). Dem zu versteuernden Einkommen wird das Elterngeld auch noch hinzugerechnet, Frau Weiguny. Dann ist die Belastung für die armen Steuerzahler, die die Familien an dieser Stelle unterstützen, auch nicht mehr ganz so arg.

Natürlich haben wir unser drittes Kind nicht wegen des Elterngeldes bekommen. Da bin ich völlig bei der Autorin des FAS-Beitrags „Elterngeld zeugt keine Kinder“. Wenn das Elterngeld aber dazu beiträgt, dass das Klima pro Kind in unserer Gesellschaft besser wird, dann lohnt es sich allemal. Es ist doch immer noch so, dass der Großteil der Arbeitgeber es nicht so gern sieht, wenn seine männliche Fachkraft um die Auszeit bittet. In der Wirtschaft, die ein Spiegelbild der Gesellschaft ist, herrscht Familien- und Kinderfeindlichkeit. Wie kann man dieses Thema denn in den Griff bekommen, FAZ, FAS und Frau Weiguny?

Und dabei sind es gerade auch Menschen mit Familie, die eine große Leistungsbereitschaft haben und sehr produktiv sind. Leider kann man das nicht in Zahlen fassen wie das Elterngeld und die Kosten, die die arme Gesellschaft zu schultern hat, um etwas wie Familie zu fördern.

Frau Weiguny ist nicht mehr bereit, den gut Verdienenden ihren Urlaub nach Niederkunft zu finanzieren. Da bleibt nur Auswandern oder weiter Stimmung gegen das Elterngeld zu machen, bis sich eine Regierung findet, die es wieder abschafft. Ich glaube, wir haben andere, dringlichere Probleme

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Schirrmachers Ängste

FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher hat sich dem Digitalen verschrieben und setzt das Verfassen von intellektuellen und zugegebenermaßen mit viel Wahrheit geschmückten, kulturkritischen Aufsätzen fort. Jetzt hat Steve Jobs das iPad vorgestellt und schon hat Schirrmacher in die Tasten gehauen und einen Aufsatz für die FAS hervorgebracht.

Eigentlich kann ich zum Thema iPad nicht mehr viel Neues beitragen. Sicher hat dieses Gadget für die größte Flut an Blog-Beiträgen seit der Etablierung des Web 2.0 gesorgt. Und doch: Schirrmacher hat mich inspiriert.

Zuerst ein Blick auf seine Haltung, die in jedem Text deutlich wird, den er über fortschreitende Digitalisierung der Welt verfasst. Nicht erst seit Payback kokettiert er mit der Tatsache, dass ihn die neue Welt überfordert. In jeder Aussage dazu steckt auch der großväterliche Ausspruch: „Früher war alles viel besser.“ An dieser Stelle fehlt mir die Bereitschaft, sich mit der Realität nach vorne blickend auseinanderzusetzen. Das passiert in seinen Aufsätzen nur vermeintlich – eben nur soweit es für kulturkritische Aussagen notwendig ist. Zahlreiche Entwicklungen sind absehbar: Die Kommunikation der Kindergeneration wird sich grundlegend ändern, die Rolle der Medien muss neu definiert werden und ja, die Gesellschaft wird in wenigen Jahren schon ganz anders funktionieren. Jetzt kann man sich hinter seinem Intellekt zurückziehen und insgeheim denken: „Nach mir die Sintflut.“ Ich verstehe unser aller Aufgabe anders. Wir müssen begreifen, was da geschieht. Wir müssen unsere Kinder auf ihrem Weg in die neue Welt begleiten. Wir dürfen uns nicht einfach so geschlagen geben.

Dann merkt man Schirrmacher auch immer wieder an, dass er eben Angst um die Rolle der klassischen Medien hat. In seinem Aufsatz über das iPad und dessen Potenzial, die Welt zu verändern, schreibt er von einer Reduzierung der Komplexität, die ihm eigentlich nicht wirklich gefällt. Andererseits sieht er schon das Ende des Bloggertums heraufziehen. Internet werde bald nur noch etwas für Freaks sein. Für die sei auch das iPad oder ein ähnliches Gerät keine Alternative zu ihren abgenutzten und traktierten Note- oder Netbooks. Die Masse werde sich aber von Browsern und ähnlichem verabschieden – viel zu kompliziert. Apps sind die Programme der Zukunft. Reduzierte Programme, die leicht zu bedienen sind – und die sich auch verkaufen lassen. Wenn da nur der Wunsch Vater des Gedanken ist, ist das zuwenig. Meinungsbildung über Blogs und von mir aus auch Bürgerjournalismus wird lange eine wichtige Rolle spielen. Wer diese Tatsache negiert, verhindert, dass die jungen Leute ernsthaft lernen mit den Medien (Blogs) umzugehen und das Wahre vom vermeintlich Wahren zu unterscheiden. Auch hier müssen wir alle unsere Aufgaben machen.

Ich finde es gut, dass Schirrmacher das Thema für sich entdeckt hat. Seine Arbeiten sind lesenswert. Nur als das letzte Wort darf man sie in keinem Fall begreifen. Das wäre fatal.

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