Gelesen 5

Erst so langsam schaffe ich es, die wichtigsten Bücher für die neue Welt zu lesen. Kürzlich habe ich endlich einmal „Tipping Point – Wie kleine Dinge Großes bewirken können“ von Malcolm Gladwell zur Hand genommen. Der Autor schafft es, einigermaßen theoretischen Stoff und zahlreiche hauptsächlich psychologische Studien sehr unterhaltsam zu vermitteln. Noch besser: Er schafft die Verknüpfung zum wahren Leben und echten Phänomen, abseits von psychologischen Labors.

Er beschreibt das Phänomen, dass es oftmals nur kleine Eingriffe braucht, um entscheidende und nachhaltige Veränderungen in Gang zu bringen. Seine wichtigsten Beispiele: das Eindämmen der Kriminalität in New York durch das konsequente Tilgen von Graffitis und das Verändern eines Marken-Images am Beispiel der Schuhmarke Hush Puppies. Häufig benutzt er den Begriff Epidemien und schafft damit die Parallele zu der Verbreitung von ansteckenden Krankheiten. Auch hier führt er Beispiele auf, wie aus einer ansteckenden Krankheit ein Epidemie wird.

Das Fass zum Überlaufen bringen wäre eine weitere Beschreibung für das Phänomen, das ihn umtreibt. Er identifiziert drei Regeln des Tipping Points: das Gesetz der Wenigen, den Verankerungsfaktor und die Macht der Umstände. Wenn hier alles zusammenpasst, dann kann aus einer einfachen Maßnahme eine große Sache werden.

Gladwell präsentiert hier eine Gesellschaftstheorie, die nicht zuletzt hilft, viele Phänomene unserer Zeit zu begreifen. Darüberhinaus macht das Buch Mut, auch einmal selber etwas auszuprobieren. Gerade Unternehmer sollten dieses Werk einmal lesen und sich dadurch motivieren lassen, etwas zu wagen – und damit vielleicht den großen Wurf zu machen.

Das Buch bekommt von mir 8 von möglichen 10 Punkten.

Malcolm Gladwell, Tipping Point – Wie kleine Dinge Großes bewirken, 2002 (urspr. 2000 im Original), Goldmann, 316 Seiten

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Roter Wirbel

Bei der SPD geht es nach dem Wahldebakel vom Sonntag ordentlich zur Sache. Das ist kein Wunder – und es ist wohl auch ganz richtig so. So schlecht schneidet man bei einer Bundestagswahl nicht alle Tage ab.

Steinmeier darf den Fraktionsvorsitz übernehmen, verzichtet aber auf den Parteivorsitz. Generalsekretär Hubertus Heil geht wieder auf die Jagd. Franz Müntefering kann sich in Zukunft auch wieder mehr um seine junge Freundin kümmern.

Heißester Kandidat auf das höchste Parteiamt ist jetzt der Hannoveraner Kugelblitz Sigmar Gabriel. Andrea Nahles wird als Generalsekretärin gehandelt. Gabriel muss keine schlechte Wahl sein, die Nahles-Idee kommentiere ich besser nicht. Insgesamt zeigt sich, wie dünn die Personaldecken der Parteien sind. Auch die CDU wird für die Regierungsmannschaft einige No-Names aus dem Hut zaubern müssen.

Für die SPD bricht nun aber auch die Zeit an, sich mit solchen Wahlergebnissen auf Dauer abzufinden. Die Parteienlandschaft ist segmentiert, wird es in Zukunft vielleicht sogar noch stärker werden. CDU und CSU haben eben ein Alleinstellungsmerkmal, außer der FDP kann ihnen im Moment niemand die Wähler wegfischen.

FDP ist das Stichwort. Ziemlich lächerlich finde ich die vermeintlich ernsthafte Debatte über die Englischkenntnisse von Guido Westerwelle – mit der satirischen Auseinandersetzung kann man hingegen sehr gut leben. Wie wäre es, wenn man sich inhaltlich mit der FDP und ihrem Chef beschäftigen würde. Westerwelle steht inhaltlich aus meiner Sicht für nichts. Er ist nur kompetent in Politikmachen – Fach- oder Sachkenntnisse zeichnen ihn nicht gerade aus. Im Moment kursiert wohl das Gerücht, er könnte Superminister werden, für Finanzen und Wirtschaft. Das würde uns den regelmäßigen Blick auf den peinlichen Bart Hermann-Otto Solms ersparen.

Alles in allem hat das Wahlergebnis ein bisschen Bewegung in die Politik gebracht. Das finde ich grundsätzlich gut. Es wird auch sehr spannend sein, die Geschehnisse in Berlin in den kommenden Wochen, Monate und Jahre zu beobachten und kommentieren.

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