Koch und BB

Am Ende seiner Regierungszeit ließ er mit Hilfe seiner Kommunikationsstrategen noch heftig dementieren, dass er an die Spitze des Baukonzern Bilfinger Berger wechseln werde, wenn er denn die Politik hinter sich lässt. Der Bild-Zeitung gelang damals dieser Scoop – wobei man da auch vorsichtig sein muss, schließlich kann sogar das Durchsickern der Information Teil der Strategie gewesen sein.

Heute ist nun klar, das der umstrittene Machtpolitiker der Union künftig Boss und Unternehmenslenker sein wird. Ganz spontan kommt einem die Frage: Was qualifiziert einen Spitzenpolitiker für ein solches Amt, außer seinen rhetorischen Fähigkeiten und dem Netzwerk, das er während seiner politischen Laufbahn geknüpft hat? Reicht das tatsächlich schon aus, um die Geschicke eines Unternehmens mit rund 10 Mrd. Euro Jahresumsatz und 68000 Mitarbeitern zu lenken? An der Börse wurde die Nachricht nicht sehr positiv beurteilt.

Das Ganze mutet doch sehr anrüchig an. Es ist kein Geheimnis, dass Bilfinger Berger von dem mit aller Macht von der Koch-Regierung vorangetriebenen Flughafenausbau in Frankfurt profitieren wird. Schäbig ist es allerdings, dass sich vor allem die Politiker anderer etablierter Parteien empören. Schließlich sind auch die Karrieren anderer politischer Spitzenkräfte in der Wirtschaft fortgesetzt worden, nachdem sie keine Lust mehr auf die immer gleichen Machtkämpfe auf der politischen Bühne hatten.

Den Medien tut sich hier ein schönes Feld auf, um diesen Fall und künftige, ähnlich gelagerte Fälle zu beleuchten und zu analysieren. Also Qualitätsjournalismus, jetzt musst Du ran!

Vielleicht wird man allerdings zu dem Ergebnis kommen, dass das Zusammenwachsen von Politik und Wirtschaft – nicht nur durch auf den ersten Blick unsichtbaren Lobbyismus – integraler, systemimmanenter Teil unserer Gesellschaft, unserer Demokratie ist. Das mag man finden, wie man will. Möglicherweise lässt sich dieser Trend aber auch nicht stoppen. Und dann?

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Von Lecks und Flüssen

Abgesehen von den ungünstigen Umständen einzelner Lebensbereiche, war dieser Tag ganz nach meinem Geschmack. Ein schöner Nachrichtentag mit einer mutmaßlich guten Nachricht, oder vielleicht doch ein vermeintlichen guten Nachricht?

Roland Koch tritt von all seinen politischen Ämtern zurück, alles noch in diesem Jahr. Die Wochen seiner Amtszeit als hessischer Ministerpräsident sind gezählt. Ende August ist es soweit. Angela Merkel habe bereits seit einem Jahr davon gewusst, dass er sich zurückziehen will. Sehr ungewöhnlich – vor allem, dass die Medien nicht durch entsprechendes Leck davon erfahren haben.

Koch hat heute in einer Pressekonferenz erläutert, was ihn bewogen hat, diesen Schritt zu gehen. Er soll sehr gelassen und selbstbewusst aufgetreten sein. Es gebe noch eine Leben jenseits der Politik. Ein Lebensabschnitt sei vorbei. Jetzt kommt der nächste. Seine Beweggründe sind obscur. Raum für Spekulationen.

Ein Gerücht: Er wird in der Wirtschaft wieder auftauchen, wenn er seine mehrmonatige Pause hinter sich hat. Was passt zu Koch? Fraport. RWE. Irgendeine Bank. Ein guter Lobbyist wäre er allemal, egal in welcher Branche.

Nummer zwei: Er verabschiedet sich aus der Politik, bevor die staatliche Schuldenmacherei den verantwortlichen um die Ohren fliegt. Das wäre dann ein weiser Schritt.

Nummer drei: Angela Merkel ist Machtpolitikerin und duldet keine Machtpolitiker in den eigenen Reihen, die sich womöglich auch noch anschicken, ihr die Posten als Parteichefin und Bundeskanzlerin streitig zu machen. Ergo hat sie dem armen Roland solange zugesetzt, bis er sich an den heimischen Herd zurückwünschte. Alles in allem unwahrscheinlich.

Nummer vier: Es gibt persönliche Motive – außer einem angestrebten Wechsel in die Wirtschaft -, die Koch partout nicht verraten möchte. Religion, Krankheit, Ausstiegsgelüste.

Nummer fünf: Er strebt einen Wechsel in die Piratenpartei an. Vielleicht auch in die FDP. Vielleicht will er eine eigene Partei gründen (zusammen mit Schill?).

Nummer sechs und abschließend das perfideste Motiv: Er will seinem treuen Weggefährten Volker Bouffier den Vortritt lassen, diesem einmal vermitteln, was es bedeutet, Landesvater zu sein. Vielleicht will er auch nur, dass Bouffier wegen seiner umstrittenen Machenschaften, nicht nur von einem Ministerposten, sondern sogar vom Ministerpräsidentenposten zurücktreten muss. Das entspricht einem höheren Fall und sollte deshalb schmerzhafter sein.

Der letzte Punkt ist es, der den Rücktritt von Koch zu einer vermeintlich guten Nachricht machen könnte. Wenn Bouffier wirklich Nachfolger Kochs werden sollte, dann wäre das ein Grund, das Bundesland zu verlassen. Einen Politiker kann man für das mögen, was er politisch erreicht hat. man kann ihn aber auch einfach nur sympathisch finden und ihn für einen guten Typ halten, dem man vertrauen kann. Mit beidem habe ich – sehr zurückhaltend ausgedrückt – meine Schwierigkeiten. Vielleicht traut sich ja jemand, Partei für Bouffier zu ergreifen. Ich möchte schon gern jemanden kennenlernen, der den hessischen Innenminister so richtig sympathisch findet.

Medienmäßig wird nun die Aufbereitung der Causa Koch recht interessant werden. Den Scoop hat heute ja offensichtlich das ZDF gelandet. Ich denke Peter Hahn könnte Volker Bouffier sympathisch finden. Vielleicht war das ja das Leck – und ganz uneigennützig wäre ein solcher Informationsfluss ja auch nicht gewesen.

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