Stoppt die Ökonomisierung von Kindern und Familien!

In diesen Wochen und Monaten ist viel Schwachsinn über Familienpolitik, vor allem in ihrer vermeintlich modernen Form, zu lesen und zu hören. Die Modernen meinen, dass Familienpolitik nur dann gut ist, wenn Eltern möglichst wenig Zeit mit ihren Kindern verbringen und dafür umso mehr Zeit haben, der Volkswirtschaft etwas Gutes zu tun. Wir hören davon, dass professionelle Kindererzieher besser für unsere Kinder sind als wir Eltern. Den schlechten Familienpolitikern wird an Stellen vorgeworfen, dass sie schlecht sind, an denen sie gerade noch gut sind und tatsächlich Politik für Familien machen. Dabei geht es um finanzielle Zuwendungen, die der Staat übrigens mehrfach verzinst wieder bekommt. Ohne Familien übrigens wäre unser Sozialsystem tot, Generationenverträge wären hinfällig.

Diese „modernen Familienpolitiker“ glauben, dass die Menschen den innigen Wunsch haben Kinder in die Welt zu setzen, um sich später nicht mehr um sie kümmern zu müssen. Tatsächlich gibt es solche Menschen. Hier werden Kinder zu Status Symbolen, Dingen, Gadgets. Hier handelt es sich zum Glück um die Minderheit. Uns soll aber vorgegaukelt werden, dass dies die Regel ist. Eine Menge Protagonisten sind hier am Start – ja, ich darf auch die Medien erwähnen. Es gibt „Eltern“-Magazine, die Tipps geben, welche Urlaubsorte sich eignen, um die Kinder den ganzen Tag nicht sehen und hören zu müssen. Die Journalisten und Medienmacher sagen uns, dass wir unbedingt Zeit ohne unsere Kinder verbringen sollten. Nur dann sind wir glücklich. Unfug.

Bei allen Diskussionen geht es in den seltensten Fällen um das Wohl der Kinder. Es geht immer nur um die Selbstverwirklichung der Erwachsenen. Und wirtschaftliche Interessen. Die Politik lässt sich von den Lobbyisten vorführen. Besonders schockierend ist das beispielhaft an den Sozialdemokraten zu beobachten. Welch ein Geschrei kommt aus ihrer Ecke. Gegen Betreuungsgeld, für die flächendeckende Betreuung von Kindern unter drei Jahren, am besten kostenlos für alle. Ganztagsschulen auch schon in der Primarstufe. Voller Durchgriff des Staates auf die Kinder. Sozialdemokratie wird hier zu Sozialismus. Ich hätte nie gedacht, dass ich diesen Satz einmal schreiben würde. Diese Geisteshaltung macht die Sozialdemokraten für jeden unwählbar, dem Freiheit und Demokratie am Herzen liegen. Allerdings ist nicht ganz klar: Ist die Sozialdemokratie der verlängerte Arm der Wirtschaft oder ist das Ziel Sozialismus, also das Einbläuen von Staatsräson in die noch jungen Kinderköpfe. Beides ist eine Katastrophe für Menschen, die aus Überzeugung sozialdemokratisch denken und handeln wollen.

Ich pfeife auf die „moderne Familienpolitik“ dieser Machart. Interessant ist auch die Beobachtung, dass „moderne Familienpolitik“ immer mit „moderner Frauenpolitik“ in einem Zuge genannt wird. Es ist aber auch Zeit für moderne Männerpolitik. Und das heißt, dass unsere verbohrte Gesellschaft endlich akzeptieren sollte, dass Männer eine Chance bekommen müssen, ihre Vaterrolle so leben zu können, wie diese es möchten. Wenn Männer mehr Väter sein dürften, dann könnten Mütter auch wieder mehr Frauen sein. Damit wäre allen gedient. In erster Linie den Kindern und dann auch Frauen und Männern. Schlimm ist, dass vor allem Männern dieser Gedanke so gut wie gar nicht in den Sinn kommt. Sie meinen immer, sich für Frauen stark machen zu müssen. Die Männer müssen noch viel lernen. In Wirklichkeit haben viele von den Mächtigen in Politik und Wirtschaft Angst, sich mit ihrer Männerrolle und vor allem Vaterrolle auseinanderzusetzen. Hier warten die Herausforderungen des Lebens. Im Beruf kann man sich schön verstecken und die Arbeit den Frauen oder noch schlimmer dem Staat überlassen, sich um die Kinder und deren Wohl zu kümmern.

Also Männer, kommt aus euren Bequemlichkeitsnischen. Setzt euch für das Wohl von Kindern und Familien ein. Ihr dürft dabei sogar an euch selber denken.

PS: An alle Kritiker dieser Zeilen: Ja, ich habe das Für und Wider für alle Aspekte, über die ich hier meine Meinung äußere, bedacht. Ja, es gibt Kinder, für deren Wohl es besser ist, nicht zu viel Zeit mit den eigenen Eltern zu verbringen. Zum Glück ist das aber noch nicht die Regel. Diesen Kindern sollen und müssen andere Möglichkeiten geboten werden. Übrigens ist das umso einfacher und zielorientierter möglich, je stärker präventive Familienbildung gefördert wird. Hierzu hört man von den selbsternannten „modernen Familienpolitikern“ nichts. Warum? Weil sie gar nicht wissen, dass es so etwas gibt. Dann wissen sie leider auch nicht, dass diese Arbeit furchtbar schlecht finanziell ausgestattet ist. Der Familienbildung fehlt leider die Lobby, auch hier gibt es noch reichlich zu tun.

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Lesen, Schreiben, Lesen

Nur zwei Stunden war ich auf der Buchmesse in Frankfurt unterwegs. Und es war wahnsinnig inspirierend. Großartige Bücher werden dort regelmäßig großartig präsentiert. Die Atmosphäre gefällt mir immer sehr gut. Kreative treffen auf Neugierige, die ihren Wissensdurst mit Hilfe des – noch immer meist – gedruckten Wortes befriedigen wollen. Und natürlich auf Händler, die ich hier nicht unterschlagen möchte.

Besonders viel Spaß haben mir die Kinderbuchverlage gemacht. Bücher für Kinder sind etwas Wunderbares. Heute lese ich noch sehr viel vor. In wenigen Jahren werden die wissbegierigen Kleinen hoffentlich vornehmlich Bücher (oder auch digitale Endgeräte, auf denen Buchstaben und Illustrationen weiterleben werden) nutzen, um ihre Neugier und ihren Wissensdurst zu befriedigen.

Man sagt mir innerfamiliär nach, dass ich schon immer eine Leseratte gewesen bin. Objektiv betrachtet ist das nicht ganz richtig. Es gibt sicher Menschen, die noch viel mehr lesen und gelesen haben als ich. Dennoch halte ich mich für ein recht gutes Vorbild für meine Kinder. Fast schon peinlich ist es mir, dass es jemanden in meiner näheren Verwandschaft gibt, der geradezu stolz ist, nie auch nur ein einziges Buch gelesen zu haben bzw. sich nicht mehr daran erinnern zu können. Wie ist ein solches Leben möglich?

Nun gut. Das mit den Maßstäben ist so eine Sache. Neulich habe ich aber auch anderer Stelle etwas gehört, was mich damals nachdenklich gemacht hat und nach dem Besuch der Messe wieder in mir hochgekommen ist. Es wurde in einem größeren Kreis darüber diskutiert, ob es sinnvoll ist, dass die Kinder so schreiben lernen, wie es im Moment modern ist. Also nach Gehör und mit Hilfe einer Buchstabentabelle ohne ein Korrektiv. Ein Vater sagte, dass es bei seinem größeren Sohn später nie mehr mit der Rechtschreibung geklappt habe. Die Pädagogen setzen unter anderem darauf, dass durch das Lesen Orthographie nebenbei gelernt wird. Er sagte, Lesen sei halt nicht das Ding des Jungen.

Bong, das hat gesessen und einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Das Heranführen an das Lesen, die Bücher, von mir aus auch an digitale Endgeräte ist doch in der Regel die Aufgabe der Eltern, allenfalls der Eltern in Kooperation mit der Schule und den Lehrern. Einfach die Lehrmethode zu hinterfragen und zu verurteilen, und dann noch seinen Anteil am Ganzen auszublenden, halte ich für schwierig.

Ich bin froh, wenn die Kinder den Spaß am Schreiben nicht schon in den ersten Monaten in der Schule verlieren. Ich schreibe gern, wenn das meinen Kindern genauso geht (sie müssen ja nicht gerade Schriftsteller oder Journalist werden), ist mir das sehr recht. Und lesen sollen sie auch – und zwar sollen sie mehr Zeit damit verbringen, als mit jeder anderen Indoor-Aktivität. Ich weiß, die positiven Effekte von Fernsehen, Computer/Internet und Videospielen zu schätzen. Doch den Wissensdurst stillt man immer noch am besten mit Lesen. Weitere positive Effekte nimmt man da doch gerne mit.

Also: Lesen, Schreiben, Lesen – und das mit Spaß und Begeisterung. Nur so können die Kinder auch Gefallen an Sprache und Schrift finden. Der Rest ist dann eigentlich egal.

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