Erwachen in Rüsselsheim

Es ist nicht ganz so eingetroffen, wie ich es vermutet hatte – aber eigentlich doch ganz ähnlich. Der Opel-Magna-Deal ist geplatzt. GM hat keine Lust mehr, seine Europa-Tochter zu verkaufen. Jetzt ist die Enttäuschung groß. Alles schimpft auf die bösen Amis. Die Politik, allen voran Angela Merkel, steht brüskiert da.

Es mag Zufall sein, dass GM die Entscheidung so lange herausgezögert hat. Allein mir fehlt der Glaube. Einige Wochen nach der Bundestagswahl ging die Bombe nun hoch. Bitteres Erwachen in Rüsselsheim.

Ich frage mich, ob die Politik wirklich geglaubt hat, dass sie etwas mitzuentscheiden hat, was schließlich das Thema eines Konzerns ist. Auch das glaube ich nicht. Der Großteil der Opel-Belegschaft und der Bürger hat es vielleicht geglaubt – und wurde nun herb enttäuscht.

Jetzt wird weiter gewettert: „Wir geben jetzt natürlich auch kein Geld mehr für die Sanierung her.“ Meines Wissens hat die EU zur Auflage gemacht, nicht nur einen Anbieter im Fall der Übernahmen finanziell zu unterstützen. Ich denke, das Geld wird bei Bedarf fließen müssen.

Die ganze emotionale Diskussion führt irgendwie nicht weiter. Es gibt in der Automobilbranche Überkapazitäten. Auch Opel hat Überkapazitäten – man spricht von 30%. Eine klare Umstrukturierung muss Stellenabbau und Standortschließungen in Betracht ziehen – sonst muss der Steuerzahler dem aus dem Geld geworfenen Fenster noch mehr hinterher werfen.

Unternehmen sind leider keine Wohlfahrtsinstitute. Jeder, auch die Opel-Mitarbeiter, genießt die Vorzüge des Kapitalismus und des Wirtschaftsliberalismus – dann muss man eben auch die Kröten schlucken.

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Aus der Deckung

Die Zukunft von Arcandor hängt am seidenen Faden. Die EU-Kommission hat Hilfen aus dem Deutschlandfonds untersagt. In Berlin muss man nun wieder grübeln, wie sich der Wahlkampf in der causa Arcandor fortsetzen lässt. Tatsache ist, dass Arcandor und vor allem Karstadt bereits vor Juli 2008 in Schieflage war. Eigentlich fing die Malaise schon 1999 mit dem Zusammengehen von Karstadt und Quelle an. Allerdings: War Opel nicht auch schon vor Juli 2008 in der Krise? Durch die enge Verzahnung mit GM können das wohl selbst Experten nicht wasserdicht ergründen.

Interessanterweise kam jetzt die Metro wieder aus der Deckung. Man könne sich vorstellen, 60 Karstadt-Häuser zu übernehmen und daraus Galeria Kaufhof-Filialen machen. Eigentlich hatte man gerade das Gefühl, das sich der Handelskonzern bis zu einer endgültigen Entscheidung über eine etwaige Staatshilfe für Arcandor zurückhalten würde.

Dazu kamen noch Meldungen, dass Kreditversicherer Euler-Hermes Karstadt das Leben zusätzlich schwer machen wird. Eigentlich spricht im Moment alles gegen Karstadt – fast alles.

Der Metro-Vorstoß zeigt nochmal, dass im Hintergrund an einer Lösung gearbeitet wird, die unterschiedliche Seiten ins Risiko einbezieht. Auch Sal. Oppenheim und Madeleine Schickedanz sind offensichtlich bereit, Geld nachzuschießen.

Ein bisschen Staat, ein bisschen die anderen: So wird man es am Ende wohl schaffen, einen Teil der Arbeitsplätze zu sichern. Das Ganze ist vorerst eine Kurzfrist-Lösung. Mittelfristig muss man die Frage stellen, ob das Warenhaus in der momentanen Form überhaupt eine Zukunft hat. Auch hier wird das sicher noch zum Thema.

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Was bleibt?

GM ist insolvent. Der US-Motorbauer hat Gläubigerschutz beantragt. Gerade noch rechtzeitig wurde Opel von GM gelöst. Opel scheint vorerst gerettet. Dem Konzept von Magna wurde der Vorzug gegeben. Ins Risiko geht der Steuerzahler. Der Überbrückungskredit soll bis Ende des Jahres die Geschäfte von Opel am Laufen halten. Dann haben die neuen Eigner das Wort.

Unter Dach und Fach ist noch lange nichts. Magna kommt mit dem Finanzier Sberbank und dem Juniorpartner GAZ. Letzterer, ein russischer Autobauer, steht selbst vor dem Bankrott. Die russische Sberbank ist das größte Geldinstitut des Landes, aber eben ein Geldinstitut. Mal sehen, was daraus wird.

Interessant sind die politischen Verwicklungen. Es gibt einen großen Verlierer in der Sache. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg war wohl bis zum Schluss gegen die gefundene Lösung. Ihm ist das Risiko zu groß. Kanzlerin Merkel hat ihn zurückgepfiffen. Die Äußerungen in Richtung Wirtschaftsminister lesen sich wie „Entspann Dich, halt‘ die Klappe und halte dich in Zukunft aus der Sache raus!“ Das Ergebnis dürfte sein: Ein weiterer frustrierter Minister. Opel ist zum Thema im Wahlkampf geworden – das war abzusehen. Allerdings ist zu beobachten, dass die Wähler den Staatshilfen für Opel und demnächst für Arcandor – was wirklich ein großer Fehler wäre – zum großen Teil gar nicht so gut finden.

So geht zu Guttenberg als moralischer Sieger aus den ganzen Verhandlungen hervor. Frank-Walter Steinmeier hat wohl Klientel-Politik betrieben, und vor allem mit wirtschaftlicher Inkompetenz geglänzt. Angela Merkel hat Opel zur Chefinnen-Sache gemacht – damit aber auch nicht nur Pluspunkte gesammelt.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass zu Guttenberg derzeit noch Lust auf Berlin hat. Sollte es zu einer schwarz-gelben Koalition kommen, dann könnte er sowieso nicht Wirtschaftsminster bleiben. Ein Platz auf der Regierungsbank ist künftig eher unwahrscheinlich – vorerst zumindest.

Allerdings: Als Kanzlerkandidat – mittelfristig gesehen – kann ich ihn mir schon vorstellen. Es bleibt abzuwarten, wo er die kommenden Jahre verbringen wird. In der CSU gibt es aus heutiger Sicht nur ihn, der für dieses Amt in Frage kommt.

Zu Guttenberg könnte also ein große Zukunft vor sich haben. Wie es für Opel aussieht, kann man schlecht sagen. Ein Selbstläufer wird das Ganze nicht. Sollte die Magna-Übernahme wirklich klappen, werden spätestens in zwei Jahren die nächsten Probleme auftreten. Dann wird aber sicher kein Staatsgeld zur Verfügung stehen. Im Normalfall ist dann auch kein Wahlkampf.

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Abstieg vom Gipfel

Der guten Nachricht folgte die schlechte: GM hat Opel aus seinen Fängen entlassen. Die Werke, die Patente, die Technologien gehören wieder dem Rüsselsheimer Autobauer. Eigentlich gute Voraussetzungen für den Opel-Gipfel im Kanzleramt.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sprach nach der langen Nacht von einem skurrilen Event. Gleich zu Beginn wurde wohl deutlich, dass Opel nicht eine Finanzierungslücke von 1,5 Mrd. Euro, sondern von 1,8 Mrd. Euro hat. Da war dann sogar die Politik angefressen.

Die 300 Mill. Euro kamen nach Aussage zu Guttenberg wie Jack aus der Kiste. Den Schwarzen Peter hat GM und die US-Regierung, die angeblich nicht gerade die besten Leute geschickt haben soll. Die Bundesregierung gibt zumindest vor, hart zu verhandeln. Wenn das so wäre, dann könnte man den Damen und Herren nur gratulieren.

Klar wird jetzt taktiert. GM hat den Köder ausgeworfen und spürt, dass man dem deutschen Steuerzahler noch mehr Lasten aufbürden kann, wenn man dafür am Ende besser da steht. Der Staat ist bereit. Das wird jetzt zum Bumerang.

Fakt ist: Eine Entscheidung über die Zukunft von Opel wurde noch nicht getroffen. Ripplewood ist aus Regierungssicht draußen. Im Rennen sind noch Magna und Fiat. Die Parteistrategen werden jetzt wieder überlegen, was im Wahlkampf opportun ist. Wenn die Stimmung in der Bevölkerung weiter kippt und damit der Spaß an einer Staatsbürgschaft weiter sinken sollte, dann kommt die Opel-Insolvenz vielleicht doch noch.

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Ab und auf

Der Ifo-Geschäftsklimaindex nährt die Hoffnung auf ein Ende der Talfahrt. Erstmals ist er nach einer langen Durststrecke wieder leicht nach oben gewandert. Von einer Trendwende kann man aber erst sprechen, wenn drei Monate hintereinander ein Plus erreicht wird. So weit ist es noch nicht.

Aber auch die Börse als Frühindikator hat sich recht positiv entwickelt. Ob man wirklich schon durchatmen kann, ist fraglich. Die Finanzwirtschaft steht auf wackligen Beinen und dokumentiert dies mit einer rigiden Kreditvergabepolitik. Die Wirtschaft kann nur den Vorwärtsgang einlegen, wenn sie ordentlich geschmiert wird. Die kommenden Monate sind entscheidend. Das System ist gefordert.

Für einige namhafte Unternehmen ist dieser Zeithorizont zu weit gesteckt. Für Opel dürfte morgen ein wichtiger Tag werden. Fiat und Magna haben als potenzielle Übernehmer ihre Angebote nachgebessert. Sie wollten zunächst zu viel Geld vom Staat und im Gegenzug zu viele Stellen abbauen. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg spricht laut von einer Insolvenz von Opel, die nicht nur schlecht sein muss. Das dürfte ein taktischer Schachzug sein, um General Motors unter Druck zu setzen. Branchenkenner und Frank-Walter Steinmeier halten das „Gerede“ über eine Insolvenz des Autobauers für gefährlich. Da ist er wieder, der Wahlkampf.

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Wirtschaftswoche

Durch den Feiertag nur geringfügig unterbrochen, geht eine echte Wirtschaftswoche zu Ende.

Hertie ist am Ende – das ist jetzt amtlich. 2600 Mitarbeiter können ihre Sachen packen. Der erste Akt in der großen Warenhaus-Story des Jahres 2009 ist abgeschlossen. Der Insolvenzverwalter Biner Bähr hat wahrscheinlich seinen vorerst letzten großen Auftrag gehabt.

Arcandor und Metro werden nun versuchen, eine Deutsche Warenhaus AG auf die Beine zu stellen. Bei Arcandor-Chef Eick kam es an Christi Himmelfahrt zu einem Gesinnungswandel – dafür wäre eigentlich Pfingsten der passende Zeitpunkt gewesen. Bis zu 50 Standorte werden dann sicher geschlossen werden müssen. Rund 250 Filialen haben die Galeria Kaufhof und Karstadt im Moment etwa zusammen. Dazu kommen noch die Sporthäuser. Auch wenn die Politik sagt, es gibt kein Geld vom Staat, da Arcandor nicht durch die Wirtschaftskrise in Schieflage geraten ist, muss man das noch lange nicht glauben. An dieser Front bleibt es noch spannend.

Das gleiche gilt für die Geschehnisse um Opel. Drei Bieter stehen im Raum: Fiat, die auch Chrysler übernehmen wollen; Magna mit einem russischen Investor im Hintergrund; der Finanzinvestor Ripplewood. GM hat sich aus der Deckung gewagt und präferiert das Angebot und Konzept von Magna. Die Arbeitnehmer halten wohl die Offerte und das Konzept von Ripplewood am besten. Wer jedoch glaubt, dass die Zahl der Arbeitsplätze gehalten werden kann, ist schief gewickelt. Die Realität könnte so aussehen, dass 10000 der 28000 Opel-Stellen gestrichen werden. Da die Insolvenz von GM täglich droht, bringt sich die Regierung in Stellung, um schnell mit der Staatsbürgschaft einspringen zu können.

Dann wird noch kolportiert, dass möglicherweise nun doch Conti die in Schieflage geratene Schaeffler-Gruppe übernehmen könnte und nicht umgekehrt. Manchmal ist Wirtschaft schon verrückt. Vorher wie nachher.

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Arcandor geht den vorletzten Schritt

Jetzt ist der Tourismus- und Handelskonzern Arcandor doch noch zum Bittsteller des Steuerzahlers geworden. Irgendwie hat das etwas Tragikomisches, das das Unternehmen an Staatsbürgschaften herankommen will.

Arcandor ist Opfer von Missmanagement. Das ist wieder ein typischer Fall, der Unverständnis hervorrufen muss. Warum soll der Staat/Steuerzahler diesem Unternehmen unter die Arme greifen und der Mittelstand soll gucken, wo er bleibt.

Aus Sicht des Handels: Die Metro hat schon erläutert, was sie davon halten würde, wenn man Arcandor mit Karstadt und seinen Versendern helfen würde. Dem Kaufhof geht es auch nicht besonders, aber den Gang nach Berlin will man in keinem Fall antreten, man will es aus eigener Kraft schaffen. Die Krise öffnet Wettbewerbsverzerrung Tür und Tor. Tatsächlich ist Opel ein ähnlicher Fall – nur würden die Steuerzahler eine Rettung von Opel eher verstehen, da das Thema Auto deutlich emotionaler aufgeladen ist als Handel oder Tourismus. Auch wenn es in letzterem Fall insgesamt um mehr Arbeitsplätze geht.

Arcandor und Opel dürften unter dem Strich leichtes Spiel haben, da Wahlkampf ist – und da schlägt man doch die Wünsche einer Vielzahl von Wählern nicht so gerne aus.

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