Gelesen 24: Ein Marketing-Buch ohne Marketing-Sprech

Erfolgsfaktor Online-Marketing
Erfolgsfaktor Online-Marketing

Endlich ist es da, das Online-Marketing-Buch, das ohne allzuviel Marketing-Sprech, und ohne abgehoben zu sein, anschaulich erläutert, wie auch kleine und kleinste Unternehmen die Möglichkeiten des Internet für ihre Sache nutzen können. Der Autor Olaf Kolbrück ist selbstverständlich kein Unbekannter in der Szene. Als Reporter der Marketing-Zeitschrift Horizont, die ebenso wie dieses Fachbuch im Deutschen Fachverlag in Frankfurt erscheint, und Kopf hinter den Blogs off-the-record und vor allem etailment hat er sich in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht. Nach der Veröffentlichung dieses Buches nun weiß man, dass es keinen besseren Autor hätte geben können, um ein Online-Marketing-Handbuch für die Praxis zu verfassen.

Mit klarer Sprache und gut nachvollziehbarer Struktur nimmt er sich der unterschiedlichen Facetten des Online-Marketings an. Und dabei lässt er auch klassische Tools wie Homepage und E-Mail nicht außen vor. Denn selbstverständlich haben auch diese noch heute in Zeiten von Web 2.0 und Social Media ihre Daseinsberechtigung. Der Autor weist völlig zurecht darauf hin, dass die eigene Homepage noch immer die Visitenkarte Nummer eins einer Unternehmung ist. In vielen Fällen ist es wahrscheinlich sinnvoller, den einen oder anderen Euro in eine Auffrischung des eigenen Internet-Angebots zu stecken und Themen wie Social Media und Bewegtbild vorerst hintan zu stellen. Neben den bereits erwähnten Themen geht es auch intensiv um Digitales Couponing, Suchmaschinenmarketing, Displaywerbung und Affiliate Marketing. Basisinformationen werden stets durch Beispiele aus der Praxis angereichert. Zeitsparend sind die Checklisten und Boxen, in denen kurz gefasst die wesentlichen Inhalte noch einmal wiederholt werden.

Zudem gibt es eine Verlängerung der Inhalte ins Internet: Auf einer eigens eingerichteten Seite (QR-Code befindet sich im Bucheinstieg) wurden alle relevanten im Buch vorkommenden Links zusammengestellt.

Olaf Kolbrück, Erfolgsfaktor Online-Marketing, 2013, Deutscher Fachverlag, 227 Seiten, 49 Euro

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Barcamp auf der Bühne

Vor mehr als einem Jahr habe ich an dieser Stelle über die Bedeutung von Social Media in der Kulturbranche und für Kulturschaffende geschrieben. Anlass war die Veröffentlichung des Buchs „Social Media im Kulturmanagement“, herausgegeben von Karin Janner, Christian Holst und Axel Kopp. Was im Mai 2011 richtig war ist es auch heute noch: Social Media-Arbeit lohnt sich für Kulturschaffende in großam Maße. Ganz deutlich spürbar ist dies, wenn man sich die Vielzahl von Autoren sieht, die ihre Werke als E-Books vertreiben. Sie sind unglaublich aktiv auf allen Kanälen. Und die Bekannteren von ihnen können sich auf ihre treue Anhängerschaft aus Twitter und Facebook verlassen.

Theatercamp in Hamburg.
Theatercamp in Hamburg.

Dieses Beispiel habe ich herausgepickt, da ja schließlich wieder Buchmessezeit ist. Allerdings gibt es auch noch einen anderen Anlass, das Thema Kulturmanagement und Social Media wieder auf die Agenda zu setzen.  Karin Janner (@karinjanner),  eine der Herausgeberinnen des oben angeführten Buches, stellt mit ihrem Team in Zusammenarbeit mit dem Thalia Theater in Hamburg das erste Barcamp zum Thema „Social Media und Theater“ auf die Beine. Am 11.11.2012 soll es nach eigenen Angaben im Thalia Theater darum gehen, Konzepte für den Einsatz von Social Media im Kunden-/Besucherdialog aber möglicherweise auch für das küstlerische Schaffen zu entwickeln. Theatermacher treffen auf Social Media-Experten und Blogger. Das Ganze ist als Un-Konferenz geplant. Aktuelle Informationen zu der Veranstaltung (Eintritt 25 Euro, für 35 Euro gibt es eine Eintrittstkarte für eine Vorstellung des Thalia Theaters am selben Abend obendrauf) und den Inhalten findet Ihr auf der Website des Theatercamps.

Und damit das Ganze noch ein bisschen mehr Inhalt bekommt und persönlicher wird, habe ich hier noch einen kleinen Dialog mit Karin Janner zu bieten:

textclip.de: Warum ein Theatercamp, gibt es nicht schon genug BarCamps?

Karin Janner: Mittlerweile gibt es immer weniger BarCamps ohne speziellen Fokus, dafür immer mehr Themencamps. Der Grund: Das Thema „Social Media“ differenziert sich aus, ständig kommen neue Anwendungsbereiche, Schwerpunkte, Tools dazu. Jede Branche entdeckt Nutzungsmöglichkeiten und Strategien, die für sie passen. So auch die Theaterwelt. Stehen bei Unternehmen meist Marketing- und Imagefragen im Vordergrund, so geht es im Theater auch um künstlerisch-inhaltliche Aspekte. Jochen Strauch vom Thalia Theater wird z.B. eine Session zu „Dramaturgien 3.0 – Rezeptionsverhalten und Erzählformen“ anbieten. Natürlich wird es auch Sessions zu Marketingstrategien, Facebook, Google+ etc. geben. Aber auch in diesen Bereichen haben Theater andere Bedürfnisse als Unternehmen, auf die man auf einer speziell auf diese Branche ausgerichtete Veranstaltung besser eingehen kann.

Wo genau findet das Theatercamp statt?

Im Thalia Theater Hamburg, Spielstätte Gaußstraße (Altona). Dort steht uns das Foyer und das gesamte Probebühnenareal für die Veranstaltung zur Verfügung.
Ich habe die Räumlichkeiten schon besichtigt – es herrscht dort eine tolle Atmosphäre! Theaterschaffende und Theaterfreunde werden sich dort sicher wohl fühlen!

Wo kann ich mich informieren, und wo gibt es Tickets?

Alle Informationen sammeln wir auf der Theatercamp-Website.
Dort stellen wir auch schon vor der Veranstaltung Sessions vor und freuen uns über Diskussionen, Anregungen und Austausch. Natürlich sind wir auch bei Facebook und Twitter zu finden. Tickets gibt es beim Thalia Theater – online, über Telefon oder vor Ort.

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Gelesen 21: Social Media im Kulturmanagement

socmedia kulturWer notorisch an Geldmangel leidet ist und kaum Mittel für Marketingmaßnahmen zur Verfügung hat, hat es in heutiger Zeit deutlich einfacher als noch vor einigen Jahren. Social Media ist das Stichwort. Eigentlich war es noch nie so einfach, einen Buzz für seine Sache zu erzeugen wie in Zeiten von Facebook, Twitter, Soundcloud und Co.

NGOs aber auch Kultureinrichtungen haben entsprechend einen großen Bedarf an Know-how-Transfer. Denn: Die Zugangshürde in die Welt sozialer Netzwerke ist vielleicht niedrig – doch die Social-Media-Klaviatur erfolgreich beherrschen, will gekonnt sein.

Einen sehr wichtigen Beitrag für den erfolgversprechenden Einsatz von Social Media im Kulturmanagement hat die zweite Start Conference im vergangenen Jahr in Duisburg geleistet. Und die Fortsetzung erfährt sie nun in Form eines Tagungsbandes, der im mitp Verlag erschienen ist.

„Social Media im Kulturmangement“, herausgegeben von Karin Janner, Christian Holst und Axel Kopp, ist die perfekte Einstiegsliteratur für alle, die für ihre Kultureinrichtung oder kulturelle Veranstaltung Social Media-Aktivitäten starten wollen. Vor allem die praktischen Grundlagen und die Fallbeispiele aus der Praxis geben einen schönen Überblick über die Möglichkeiten, die sich durch den Einsatz von Blogs, bewertungsportalen, Facebook und Twitter ergeben. Das Buch ist sehr klar und gut strukturiert. Allenfalls die theoretischen Grundlagen stellen sich als etwas zäher Lesestoff heraus.

Die Spannbreite der Fallbeispiele ist sehr weit. Von sehr einfachen und zeitbudgetfreundlichen Lösungen bis hin zum professionellen, intensiveren Ansatz ist alles vertreten. Sehr spannend ist das Kapitel über Crowdfunding. Selbst Social Media-Experten können hier noch einiges über die Möglichkeiten lernen, wie man viele für die Finanzierung von Kulturprojekten gewinnen kann.

Wer sich selbst noch als Rookie im Bereich Social Media betrachtet, kann auch unabhängig von dem spitzen Thema eine Menge aus der Lektüre herausziehen. „Social Media im Kulturmangement“ bekommt von mir 8 von 10 möglichen Punkten. Abstriche gibt es für den etwas zu ausführlichen und zähen theoretischen Teil (allerdings hat auch er absolut seine Berechtigung, dieser Aspekt gehört in ein solches Buch).

Karin Janner, Christian Holst, Axel Kopp, Social Media im Kulturmanagement, 2011, mitp, 456 Seiten, 29,95 Euro

Ich habe eine Kulturliste auf Twitter. Vielleicht mag ja jemand dieser Liste folgen 😉

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Spaß beim Lesen

Heute hatte ich wieder einmal richtig Spaß beim Lesen „meiner“ Zeitung (ich habe sie übrigens im Zeitungsladen gekauft). Der Darmstädter-Echo-Chefredakteur persönlich hat für die Sonntagsbeilage über das Forum Lokaljournalismus in Dortmund in die Tasten gegriffen. Das Ergebnis: Ein überheblicher und ignoranter Aufsatz über die Zukunft des Lokaljournalismus, die künftige Rolle der Lokalzeitungen, das Verhältnis von Print und Online, das Mitmach-Internet, den Bürgerjournalismus und das Ende der Blog-Ära. Der Titel: „Stochern im Nebel 4.0“

Als erstes fällt in diesem Text, aber eigentlich auch allgemein, auf, dass sich Chefredakteure immer häufiger mit der Re-Finanzierbarkeit von Journalismus beschäftigen. Das ist eigentlich klassisch das Geschäft des Verlegers. Im gleichen Atemzug wird von Qualitätsjournalismus gesprochen – das ist leider oft ein Widerspruch in sich selbst. Die Unabhängigkeit einer Redaktion garantiert Qualitätsjournalismus. Das Argument der Re-Finanzierbarkeit für das Erstellen von Medieninhalten und die Aggregation von Content macht unglaubwürdig.

Chefredakteur Jörg Riebartsch betont, dass die Teilnehmer des Kongresses neidisch nach Südhessen blicken, weil man es hier geschafft hat, re-finanzierbare Printprodukte zu lancieren. Als Beispiel führt er das einmal im Monat dem Echo beigelegte Kinderheft und das alle zwei Monate erscheinende Wirtschaftsecho, mit dem auch Vertriebserlöse erzielt werden, an. Die Eigen-PR kommt an dieser Stelle sehr unglaubwürdig rüber. Dass sich die Objekte wirklich rechnen, legt er öffentlich nicht dar. Und ich glaube, dass bei einer Vollkostenrechnung die Bilanz nicht positiv sein dürfte. Die Verlage versuchen, Line Extensions über vorhandene personelle Bordmittel zu realisieren. Würde man die Arbeitszeit korrekt verrechnen, sähe das Ganze schon anders aus. So lange aber die Mitarbeiter tendenziell zur Selbstausbeutung neigen, geht es eben noch gut.

Zweiter Punkt an dieser Stelle: Die Einsparmaßnahmen beim Medienhaus Südhessen sind vielfältig. So wurde schon vor vielen Jahren die Foto-Redaktion abgeschafft. In den Lokalredaktionen arbeiten mittlerweile auch weniger Redakteure als noch vor einigen Jahren. Es werden auf Gedeih und Verderb Volontäre beschäftigt, die oft nur wenig Aussicht auf eine Weiterbeschäftigung haben, aber zur Selbstausbeutung neigen. Die Schließung der Druckerei am Hauptsitz mit der einhergehenden Kündigung aller Mitarbeiter, die teilweise zu schlechteren Konditionen in dem neu entstehenden Druckzentrum, das gemeinsam mit Konkurrent Rhein-Main-Presse in Rüsselsheim gebaut wird, anheuern dürfen, ist ein weiteres Indiz dafür, dass die von allen beneideten Print-Produkte auch nicht helfen, die Erosion zu stoppen. Die Auflagenzahlen gehen zurück. Die Abonennten sterben weg. Es fehlt an jungen Lesern. Die im Echo erscheinenden Stellenangebote lassen sich an wenigen Händen abzählen. Der Kleinanzeigenmarkt schwächelt auch. Die Erfolgsbilanz des wirtschaftlich denkenden Chefredakteurs und seines Vorgängers ist jetzt auch nicht so beeindruckend.

Das ist nun nur die eine Seite der Medaille und dieses denkwürdigen Aufsatzes. Den Löwenanteil nimmt eine Generalabrechnung mit den Aktivitäten der anderen Verlage im Internet ein. Ein Zitat: „Verunsichert, ob teuer bezahlter Journalismus überhaupt noch eine Zukunft hat, mühen sich viele Chefredakteure und Redaktionsleiter im Internet mit Blogs ab und twittern – plappern wäre die korrektere Bezeichnung – munter die Kanäle im weltweiten Web voll.“ Ich finde, das ist harter Tobak. Eigentlich ist das niveaulos für einen Chefredakteur. Der ganze Text strotzt nur so vor abqualifizierenden Äußerungen. Die Wertschätzung für die Arbeit der Kollegen nähert sich Satz für Satz dem Nullpunkt. Mich würde einmal interessieren, wie das die Angesprochenen sehen. Vielleicht liest diese Zeilen ja jemand. Deutliche Kommentare würden mich freuen.

Ganz nebenbei beerdigt Riebartsch mit der virtuellen Welt „Second Life“ auch die Blogs. Alles Dinge, die einmal kommen und schnell wieder verschwinden. So wäre es den konservativen Medienmanagern am liebsten. Tatsache ist, dass man gerade beim Darmstädter Echo Entwicklungen im Netz massiv verschlafen hat. Nach dem ernsthaften Start mit einem medienadäquaten Angebot im Internet hat es über zehn Jahre gedauert, bis man sich zu einem Relaunch durchringen konnte. Das Internet hatte beim Echo noch nie eine Chance – und das wird nach diesem Aufsatz auch so bleiben. Dann muss man sich die Frage stellen, welche Chance das Medienhaus überhaupt hat.

Riebartsch hat Angst vor dem Bürgerjournalisten. Und tatsächlich ist es ja auch so, dass Qualität dauerhaft eine Rolle bei der Verbreitung von Inhalten im Internet spielen muss. Wer sich aber so verhält, wird eben bald keine Relevanz mehr haben, weil man weder die Person noch das Medium mehr ernst nehmen kann – dann kann auch die Rolle nicht mehr gespielt werden, Dinge einzuordnen und der Wahrheit möglichst nah auf den Pelz zu rücken. Die Aktivitäten von Leuten wie Christian Lindner (@RZChefredakteur), einem der Chefredakteure der Rhein-Zeitung, tragen maßgeblich dazu bei, dass der Wert der Medienmarke Rhein-Zeitung sukzessive steigt. Personalisierung war und ist ein wesentliches Element der Leser-Blatt-Bindung. Mit Verlaub: In keiner Zeitung schreibt der Chefredakteur weniger Leitartikel als beim Darmstädter Echo. Das war aber auch schon vor 20 Jahren so, vor der Riebartsch-Ära.

Social Media ist aus Sicht von Riebartsch auch Firlefanz. Noch ein Zitat: „Richtig ist sicher, dass viele große Zeitungen so weit weg von ihren Leserinnen und Lesern sind, dass es für sie offenbar eine neue Erkenntnis ist, es sei wohl doch hilfreicher nahe am Leser dran zu sein. Kontakte in Facebook mögen da ein Hilfsmittel sein zu erfahren, was die Kundschaft, in dem Fall die Leser, wünschen. Ansonsten hilft auch einfach das gute alte persönliche Gespräch.“ Na, da scheint ja das Echo ganz weit vorn zu sein, beim Thema Lesernähe. Das kann ich leider ganz und gar nicht bestätigen. Immerhin: Eine Veränderung gab es mit Riebartsch: Das Echo veranstaltet Podiumsdiskussionen zu lokalpolitischen Themen und er oder ein Ressortleiter moderieren sie. Das ist schon mal etwas. Aber erfunden hat das Medienhaus Darmstadt diese Veranstaltungsform auch nicht.

Es ist absolut richtig, das ganze Geschehen im Netz zu beobachten und zu analysieren und die Schwächen aufzudecken. Dagegen gibt es nichts einzuwenden. Allerdings Nestbeschmutzung und Publikumsbeschimpfung in einem Beitrag in einer Zeitung zusammenzubringen, das empfinde ich als starkes Stück. Wenn Jörg Riebartsch und andere gleichdenkende Chefredakteure sowie Medienmanager zeigen können, dass ihre Strategie erfolgreich ist und die Lokalzeitung auch nach deren Ära noch lebt, dann sollte mich das sehr wundern. Schade eigentlich, wenn die Lokalzeitungen ihre Bedeutung und Relevanz verlieren. Eine Konstante weniger im Leben. Sie hatten aber ihre Chance.

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Schirrmachers Ängste

FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher hat sich dem Digitalen verschrieben und setzt das Verfassen von intellektuellen und zugegebenermaßen mit viel Wahrheit geschmückten, kulturkritischen Aufsätzen fort. Jetzt hat Steve Jobs das iPad vorgestellt und schon hat Schirrmacher in die Tasten gehauen und einen Aufsatz für die FAS hervorgebracht.

Eigentlich kann ich zum Thema iPad nicht mehr viel Neues beitragen. Sicher hat dieses Gadget für die größte Flut an Blog-Beiträgen seit der Etablierung des Web 2.0 gesorgt. Und doch: Schirrmacher hat mich inspiriert.

Zuerst ein Blick auf seine Haltung, die in jedem Text deutlich wird, den er über fortschreitende Digitalisierung der Welt verfasst. Nicht erst seit Payback kokettiert er mit der Tatsache, dass ihn die neue Welt überfordert. In jeder Aussage dazu steckt auch der großväterliche Ausspruch: „Früher war alles viel besser.“ An dieser Stelle fehlt mir die Bereitschaft, sich mit der Realität nach vorne blickend auseinanderzusetzen. Das passiert in seinen Aufsätzen nur vermeintlich – eben nur soweit es für kulturkritische Aussagen notwendig ist. Zahlreiche Entwicklungen sind absehbar: Die Kommunikation der Kindergeneration wird sich grundlegend ändern, die Rolle der Medien muss neu definiert werden und ja, die Gesellschaft wird in wenigen Jahren schon ganz anders funktionieren. Jetzt kann man sich hinter seinem Intellekt zurückziehen und insgeheim denken: „Nach mir die Sintflut.“ Ich verstehe unser aller Aufgabe anders. Wir müssen begreifen, was da geschieht. Wir müssen unsere Kinder auf ihrem Weg in die neue Welt begleiten. Wir dürfen uns nicht einfach so geschlagen geben.

Dann merkt man Schirrmacher auch immer wieder an, dass er eben Angst um die Rolle der klassischen Medien hat. In seinem Aufsatz über das iPad und dessen Potenzial, die Welt zu verändern, schreibt er von einer Reduzierung der Komplexität, die ihm eigentlich nicht wirklich gefällt. Andererseits sieht er schon das Ende des Bloggertums heraufziehen. Internet werde bald nur noch etwas für Freaks sein. Für die sei auch das iPad oder ein ähnliches Gerät keine Alternative zu ihren abgenutzten und traktierten Note- oder Netbooks. Die Masse werde sich aber von Browsern und ähnlichem verabschieden – viel zu kompliziert. Apps sind die Programme der Zukunft. Reduzierte Programme, die leicht zu bedienen sind – und die sich auch verkaufen lassen. Wenn da nur der Wunsch Vater des Gedanken ist, ist das zuwenig. Meinungsbildung über Blogs und von mir aus auch Bürgerjournalismus wird lange eine wichtige Rolle spielen. Wer diese Tatsache negiert, verhindert, dass die jungen Leute ernsthaft lernen mit den Medien (Blogs) umzugehen und das Wahre vom vermeintlich Wahren zu unterscheiden. Auch hier müssen wir alle unsere Aufgaben machen.

Ich finde es gut, dass Schirrmacher das Thema für sich entdeckt hat. Seine Arbeiten sind lesenswert. Nur als das letzte Wort darf man sie in keinem Fall begreifen. Das wäre fatal.

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