Besidos supporten Kolektif Istanbul in Darmstadt

Besidos
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Es ist kein Geheimnis: Ich bin ein großer Fan der Besidos aus Darmstadt. Feine Musik, ungewöhnlich, mit Tiefgang und unterhaltsam. Balkan-Gypsy-Groove-Pop – was auch immer: Jeder soll sich selbst ein Bild machen – und wer offen an die besidos herangeht, wird seinen Spaß haben. Davon bin ich überzeugt. Und wer die Buben einmal live erleben will, hat am 23. Oktober die Gelegeneheit hierzu. In Darmstadt, in der Bessunger Knabenschule. Als Support für den Top-Act Kolektif Istanbul aus der Türkei. Es handelt sich um einen Benefiz-Veranstaltung – das verbindet das Unterhaltsame mit dem Wohltätigen. Einige Hintergründe zu dem Gig findet Ihr in folgender Pressemitteilung der Besidos:

„From Gezi With Love“: Soli-Konzert mit Kolektif Istanbul + Support: Besidos Als „Capulcu“ übersetzt: Nichtsnutze, Störenfriede verunglimpfte der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan die Demonstranten im Istanbuler Gezi Park am Taksim Platz. Sein Ziel, sie damit verbal vom Rest der türkischen Gesellschaft auszugrenzen, verkehrte sich jedoch ins Gegenteil. Immer mehr Istanbuler solidarisierten sich mit den „Störenfrieden“, auf Facebook wurde „Capulcu“ für viele zum mit Stolz getragenen zweiten Vornamen. Das Besondere für die türkische Gesellschaft: Statt des alltäglichen Nebeneinander – Lebens von westlich orientierten Türken auf der einen und islamisch geprägten Türken auf der anderen Seite wurde das Miteinander kultiviert: Plötzlich ging das Atatürk verehrende ältere Ehepaar zusammen mit der gläubigen Muslima neben dem Architekturstudenten und vielen Musikern und Künstlern auf die Straße, um zusammen für Meinungs-und Pressefreiheit sowie gegen die völlig übertriebene Härte der türkischen Polizei zu protestieren. Auch die Musiker des Kolektif Istanbul protestierten mit – auf musizierende Weise und gemeinsam mit anderen Istanbuler Musikerkollegen: Als marching band namens „Gezi Bandosu“ zog man mit Pauken, Klarinetten, Dudelsäcken, Tuba und Trompeten durch die Straßen von Taksim und Beyoglu. Wie den Demonstranten geht es auch der fünfköpfigen Band um das friedliche und entspannte Miteinander verschiedener Kulturen: „Ebenso abwechslungsreich und bunt gemischt [wie das Publikum] ist die Musik von Kolektif Istanbul. Der Mix enthält türkische Folklore und moderne Popelemente, aber auch funkige und jazzige Klänge. Der Hörer spürt, wie hier der energetische Groove des Balkans und die Tiefe traditioneller anatolischer Melodien zusammenfließen – kurzum: Die Musik ist ein ebensolcher Schmelztiegel wie die Heimatstadt von Kolektif Istanbul. Und sie ist in jedem Ton tanzbar“, so Anna Novák in „die Welt“ zum Auftritt der Band in Hamburg (am 18. Juli 2011). Auf ihrer kleinen Deutschland-Tournee beehrt das Kollektiv um Frontmann Richard Laniepce, einem bretonischen Wahl-Istanbuler, auch die Knabenschule in Darmstadt für ein einmaliges Solidaritäts-Konzert: Die gesamte Organisation des Abends ist ehrenamtlich, der Eintritt frei, Spenden jedoch ausdrücklich erwünscht. Die Spenden gehen ohne Abzüge an das Kolektif Istanbul und das Projekt „Calikusu“ zur Unterstützung sozial benachteiligter Kinder in der Türkei (mit Sitz im Istanbuler Stadtteil Kadiköy). Als Vorgruppe treten die Darmstädter Experten in Sachen Gypsy-Balkan-Groove, die Besidos, auf. Bei einem ihrer zahlreichen Auftritte in der Metropole am Bosporus hatten sie das Kolektif Istanbul kennengelernt – und damals schon herzlich nach Darmstadt eingeladen.

Kolektif Istanbul
Kolektif Istanbul

Weitere Infos und Videos auf:
http://www.kolektifistanbul.com

und
http://www.besidos.de

und
http://www.calikusu.org
Gezi Bandosu „From Gezi with Love“:

Fakten zum Gig:

„From Gezi With Love“
Konzert mit Kolektif Istanbul + Support: Besidos (Darmstadt)
Bessunger Knabenschule (Halle)
Mittwoch, 23. Oktober 2013
Einlass 20.00 Uhr
Beginn 20.30 Uhr
Eintritt frei (Spende erwünscht und geht komplett an das Kolektif Istanbul und das soziale Projekt Calikusu in der Türkei)Veranstalter (ehrenamtlich): Hüseyin Köroglu (WatzUp-Records, Phunk Mob, Besidos)und Cem Tevetoglu (P Stadtkulturmagazin)

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Musik, die Dein Leben ändert

Neal Morse Band im Rind in Rüsselsheim
Neal Morse Band im Rind in Rüsselsheim am 5. März 2013.

Heute fühle ich mich inspiriert, auch mal wieder hier einige Zeilen zu hinterlassen. Das hängt mit dem gestrigen Abend zusammen. Gestern war ein Tag, der einen dazu bringen kann, sein Leben zu ändern. Und das hatte in erster Linie mit einem musikalischen Genuss in höchster Vollendung zu tun.

Ich durfte einem Gig im Rüsselsheimer Rind beiwohnen, den ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Neal Morse hat mit seiner Band und seinen Kollegen von den Flower Kings den Club in einen sakralen Raum verwandelt. Und das hängt nicht nur damit zusammen, dass er sich vor gut einem Jahrzehnt intensiv dem Christentum zugewandt hat. Er hat einfach die Präsenz eines Großmeisters der Rockmusik. Sein Songwriting steht für mich über allem, was sonst so im Markt ist. Die Kompositionen sind komplex, aber niemals unverständlich. Morse erzählt textlich und musikalisch Geschichten, dass man niemals mehr mit dem Zuhören aufhören möchte. Der Satzgesang geht direkt ins Mark. Da stimmt einfach alles. Zudem gehört zu seiner Stammband Mike Portnoy, der einfach unfassbares an den Drums zusammenrührt.

Bei all dem strahlt Morse eine unglaubliche Freude und Leidenschaft für seine Musik und für das Leben aus. Vielleicht ist es doch die Musik, zumindest für mich, in der sich so etwas wie ein höheres Wesen offenbart. Ja, ich hätte phasenweise Tränen in den Augen, so sehr hat es mich gepackt. Tröstlich war, dass auch Neal Morse nach einem seiner Songs sich mit dem Handtuch das Wasser in seinen Augen trocknen musste.

Bei alldem: Es handelt sich hier nicht um irgendein musikalisches oder gar esoterisches Gesäusel. Es geht um Progressive Rock mit deutlichen metallischen Anklängen. Es sind der Druck und die Leidenschaft, die in dieser Musik stecken, die das Potenzial haben, den Horizont zu erweitern und über den Moment hinaus Veränderung herbeizuführen. Neal Morse ist ein Treiber in bestem Sinne: „You got some new Momentum, you better keep on going, tomorrow soon will be your yesterday.“

Nach dem Konzert habe ich mich mit meinem Bruder dann über Politik im Allgemeinen, Gerechtigkeit, Engagement und Lokalpolitik unterhalten. Und es wurde deutlich, wir können nicht einfach nur zuschauen, wir müssen handeln.

Und hier kommen noch zwei Teaser der aktuellen Live-DVD:

„Author of Confusion“-Snippet – ein absolutes Highlight des Sets:

„The Conflict“ – ein etwas längerer Auszug aus dem Video:

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Letzte Gedanken

Eigentlich wollte ich mir keine Gedanken mehr zu Michael Jackson und der Hysterie um seinen Tod machen. Aber mir gehen vor allem Aussagen um sein musikalisches Genie durch den Kopf. Irgendwie arbeitet da eine geheime Macht an einem Mythos.

In den Hitparaden sind wieder zig Songs von Jacko gelistet. Darunter auch solche Grütze wie Black&White beispielsweise. Die wenigen Genie-Streiche von Jackson kann man allemal an zwei Händen abzählen. Einer davon ist sicher Beat it. Und dieser Song lebt aber vor allem von einem Gitarrensolo, für das Jacko nun wirklich nichts kann. Eingespielt wurde es von Eddie van Halen, der hier quasi das Tapping-Solo erfunden hatte. Das ist wahrlich genial. (Übrigens: Auch er ist durch ein tiefes Tal geschritten. Zu lange zu viel Alkohol und Zigaretten macht Krebs. Bei ihm war es Zungenkrebs. Das Thema ist wohl durch. Er hat nochmal Glück gehabt.)

Ich bin nur ein Laie – aber bei Musik sind mir zwei Dinge besonders wichtig: Authentizität und Inspiriertheit. Und auch da hatte ich am Wochenende interessante Erkenntnisse vor dem Hintergrund der Jacko-Mania.

Zum einen habe ich Jazzmatazz Volume I aus dem Jahre 1993 gehört. Das ist mal wirklich inspirierte Musik. Rapper Guru hat dazu zig Musiker eingeladen. Das Album strotzt nur so vor Ideen und Spielfreude. Am Samstagabend zeigten sich von der untergehenden Sonne umwerfend schön eingefärbte Wolkenformationen am Himmel. Im Internetradio hatte ich einen Klassikrock-Sender eingeschaltet. Unter anderem liefen dort Dust in the Wind von Kansas und Blinded by the Light von Manfred Mann’s Earth Band. Großartige Kompositionen, hervorragende Arrangements.

Liebe Jacko-Maniacs. Hört Euch diese Musik an, dann wisst ihr, was musikalisches Genie ist. Lasst dem Mann seine Ruhe. Er ist nur einer unter vielen.

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Der Soundtrack zur Krise

Der Titel der Platte macht deutlich: Hier handelt es sich um einen Soundtrack zur Krise. „Black Clouds & Silver Linings“ heißt das neue Album der Progressive-Metal-Combo Dream Theater. Normalerweise ist das Quintett am besten, wenn es hart, schnell und komplex ist. Die beiden ersten Attribute sind in diesem Fall eher die Ausnahme.

Das mag man bedauern, aber man muss eben auch wieder einmal ganz genau hinhören, um die Stärken des Songwritings und der Arrangements zu entdecken. Die klassichen Einflüsse haben im Vergleich zu den Vorgänger-Alben meiner Meinung nach wieder zugenommen. Auffällig sind auch die Remineszenzen an Art Rock a la Yes und Pink Floyd (5 The Best of Times,6 The Count of Tuscany). Dazu kommen noch Zitate aus früheren Scheiben wie bei The Shattered Fortress (4).

Absolute Höhepunkte der Platte sind der Opener (A Nighmare to Remember) und The Shattered Fortress. Nummer 2 (A Rite of Passage) ist ein radiotauglicher Midtempo-Hammer. Wither (3) und The Best of Times lassen es eher ruhiger angehen. Dort erhält das Hymnische für meinen Geschmack etwas zu viel Raum. Der letzte Song (The Count of Tuscany) hat dann wieder das Epische und Abwechslungsreiche, was viele Dream Theater Fans an ihren Helden lieben.

Großartig ist aus meiner Sicht, dass neben der klassisch ausgebildten Stimme von James LaBrie, die auch schon einmal nerven kann, auch Drummer Mike Portnoy wieder ins Mikro gröhlen darf (Beispiel: Mittelteil von A Night to Remember). Das ergibt einen guten Kontrast und unterstützt die Wechsel von langsam und schnell, Moll und Dur, schräg und geradlinig.

Die Keyboards von Jordan Rudess sind ebenfalls wieder herausragend in Szene gesetzt. Die Klangteppiche dienen dem Zusammenhalt der Songstrukturen. Wenn er dann aber einmal losgelassen wird, dann zaubert er auch schon einmal ein derart abgefahrenes Solo aus den Boxen wie in A Rite of Passage. Mike Portnoy und Basser John Myung bilden eine Rhythmus-Einheit, wie sie sich West- und Ostdeutschland vielleicht wünschen, wahrscheinlich aber nie erreichen werden. Gitarrist John Petrucci kann zwar auch futteln – zum Großteil ordnet er sich aber brav den Songs unter. Auffällig sind die Gitarrensounds, die auch an die guten alten Zeiten des Hardrock und des Art Rock erinnern. Er kann’s auch bluesig.

Dass Dream Theater Anhänger dieser Musikrichtungen sind, wird besonders auf der zweiten Scheibe der 3 CD-Special-Edition deutlich. Sechs Cover-Songs hat das Quintett dort draufgepackt. Darunter Titel von Rainbow, Dixie Dregs, Queen und Iron Maiden. Dort manifestiert sich nochmals die ganze Spielfreude der Band, die auch nach 22 Jahren ungemindert scheint. Meine persönlichen Favoriten sind To Tame a Land von Iron Maiden und Stargazer von Rainbow. Die dritte Scheibe beinhaltet nochmal die Songs des neuen Albums als Instrumental-Versionen. Das dürfte vor allem jene freuen, denen James LaBrie und dessen Stimme irgendwann auf den Zeiger geht.

Bis auf Wither kommen die Songs wieder einmal smphonisch daher. Der Opener ist ein Gesamtkunstwerk in über 16 Minuten. The Count of Tuscany schafft es gar auf über 19 Minuten. Wer sich allein diese beiden Titel anhört, der merkt, dass die Krise nur ein Bestandteil des Lebens ist. Der Rest besteht aus Silberstreifen am Horizont.

Auf einer Skala von 1 (unterirdisch) bis 10 (intergalaktisch) bekommt die Scheibe 8 Punkte. Es fehlt mit etwas an Härte – und das Balladeske erhält zu viel Raum.

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Danke FAZ

Danke FAZ, danke. Die Kritik des Metallica-Konzerts als Aufmacher des Feuilletons – das zeugt von Größe.

Ich habe schon lange nicht mehr ein so unterhaltsames Stück in der FAZ gelesen. Ähnlich virtuos und erfreulich war seinerzeit die Rezension von „Death Magnetic“ am 13. September 2008. Angefangen bei der Überschrift, über den Textaufbau bis hin zum artistischen Jonglieren mit Worten passt da alles. Auch das Foto von James Hetfield ist gut gewählt. Der Anlauf der Unterzeile („Da freut sich der Papa“) trifft auch oft auf mich zu.

Ehrlich gesagt war ich bei der Lektüre aber auch etwas überrascht, dass quasi keine negativen Aspekte angesprochen wurden. Objektiv gesehen war es einfach zu laut. Auch die Setlist war im Vergleich zu anderen Konzerten der aktuellen Tour nicht optimal – das ist allerdings wieder total subjektiv. Dass ein Kenner den Text verfasst hat, zeigt die Einschätzung von Drummer Lars Ullrich, der tatsächlich eher eine Schwachstelle ist. Aber auch Kirk Hammett hat seine Gitarre manchmal über Gebühr gequält und sich dabei manchmal selbst überholt. Aber: Wer perfekte Musiker auf der Bühne sehen will, muss sich die Wiener Philharmoniker reinziehen.

Metallica ist ein Gesamtkunstwerk – das macht auch der Artikel in der FAZ deutlich. Und Metallica ist ein äußerst geschäftstüchtiges Unternehmen. Perfekte Websites und die Möglichkeit, jedes Konzert am nächsten Tag downloaden zu können, sind Zeugen dafür. Für 10 Dollar hat man das optimale Bootleg auf der Festplatte und kann sich seine ganz persönliche Doppel-Live-CD brennen. Da kein Set mit dem anderen identisch ist, muss man für seinen Lieblingssong, der an anderer Stelle performt wurde, nochmal die Kreditkarte zücken. Das ist aber völlig in Ordnung.

Ich habe jetzt Lust auf mehr – und werde im September dann wohl auf ein Dream Theater-Konzert pilgern. Das wird sicher auch laut – aber an Metallica reicht wohl gar nichts heran.

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