Schulstreit, und was die Zeitung daraus macht

Heute lohnt sich die Lektüre meiner Zeitung wieder einmal. Ich lese die Zeitung von hinten – aber nicht von ganz hinten. Zuerst nehme ich das letzte Buch – Schwerpunkt Sport. Da bin ich immer am schnellsten durch. Als zweites kommt der Landkreis-Teil dran. Der interessiert mich, nur befriedigen mich die Inhalte leider selten. Mein erstes Thema fand ich auf der Aufschlagseite dieses Zeitungsteils.

Es gibt seit Jahrzehnten einen Streit zwischen dem Landkreis Darmstadt-Dieburg und der kreisfreien Stadt Darmstadt. In der Regel werden viele Schüler aus dem Kreis von den Darmstädter Gymnasien abgewiesen. Dann sind mal wieder die Eltern sauer, die die Stadtluft meiden, die Vorzüge der Stadt aber genießen wollen. Wenn Politiker unter den Eltern sind, dann wird auch auf dieser Ebene Stimmung gemacht. Das Darmstädter Echo hat da immer etwas zu schreiben. Das freut die Redaktion.

Bei der Lektüre sind mir zwei Dinge negativ aufgefallen: Der Autor hat eine reißerische Überschrift, das Zitat „Schalten Sie doch zuerst Ihr Hirn ein“ gewählt. Das reizt zum Lesen. Es geht im Text um eine Debatte mit Abstimmung im Kreistag. Das Zitat jedoch findet sich in anderer Form im Text wieder. „Sie hätten besser zuerst Ihr Gehirn eingeschaltet!“ Man darf Zitate schon einmal abwandeln, finde ich. Man kann etwas weglassen, auch Wörter darf man schon einmal vertauschen, wenn es der grammatikalischen Richtigkeit dient. Aber den Ton darf man nicht verändern. Das ist dem Autor gelungen, nur damit das Zitat in die Überschrift passt. Schwach. (Schwach ist auch, dass gerade kurz vor dem verfälschten Zitat ein Fehler ist, der das ganze noch unverständlicher macht: ‚Harth rief den Antragsschreiben zu‘, es muss Antragsschreibern heißen).

Dazu kommt dann leider noch ein inhaltlicher Fehler, der den Text für Unwissende unverständlich macht. Der Darmstadt-Dieburger Schuldezernent Christel Fleischmann wird zum Darmstädter Schuldezernenten, der derzeit gemeinsam mit dem Darmstädter Schuldezernenten Dierk Molter einen Schulentwicklungsplan zweier benachbarter Schulträger erarbeitet. Auch das ist schwach. Soviel zum Thema Qualtitätsjournalismus und Qualitätsmedien. Das Darmstädter Echo hat übrigens Anfang Juli Abo-Preise und die Preise im Einzelverkauf erhöht.

Fehler können passieren. Aber wenn es inhaltlich so große Relevanz hat, hört der Spaß auf.

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Free for free

Das neue Buch von Wired-Chefredakteur Chris Anderson ist ab morgen erhältlich, physisch. „Free: The future of a radical Price“ ist als Hörbuch, also als Datei kostenlos im Netz zu bekommen. Das ist konsequent. War aber auch irgendwie zu erwarten. Das Werk wird sicher ebenso zu einem Standardwerk in der neuen Welt werden wie „The Long Tail“.

Ich habe es bei Amazon gerordert und werde mich gebührend dazu auslassen. Hier spricht aber erstmal der Meister persönlich:

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Ausbildung und dann?

„Bringen Sie Farbe in Ihre Karriere und füllen Sie den Bewerberbogen aus“: Das steht in der Anzeige, die für ein Volontariat bei den G+J Wirtschaftsmedien wirbt. G+J Wirtschaftsmedien? Das ist doch der Zusammenschluss von FTD, Capital, Impulse und Börse Online? Zentralredaktion? Stellenabbau? Ganz richtig, auf die Volo-Ausbildung will man also nicht verzichten. Löblich, könnte man meinen. Es gibt zudem sicher schlechtere Ausbildungsbetriebe für Wirtschaftsjournalisten/-redakteure.

Aber was geschieht nach der Ausbildung? Der Beruf des Journalisten ist wie kaum ein zweiter Beruf von der disruptiven Wirkung des Internets betroffen. Der Journalismus befindet sich in einer Sinnkrise – jeder einzelne Journalist, wenn er ehrlich ist, ebenso. Kann man jungen Leuten den Schritt in den professionell betriebenen Journalismus guten Gewissens empfehlen?

Wie sieht das Ganze aus Sicht der ausbildenden Verlage aus? Volontäre sind super für die Unternehmen. Sie sind billig, einsatzbereit, meist gut vorgebildet. Sie neigen zur Selbstausbeutung – dann muss das der Arbeitgeber nicht machen. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen die Aussichten für junge Redakteure nicht gerade rosig sind, werden sie sich im Job noch mehr engagieren. Zudem können die Verlage heucheln: Wir tun doch etwas für die jungen Leute, indem wir sie ausbilden. Im Falle der ausgeschriebenen Volontariate wird das Interesse riesig sein. Also: Irgendwo sind die jungen Leute auch selbst schuld, wenn sie sich in die Sinnkrise stürzen wollen. So kann man es eben auch sehen.

Der Markt ist voll von Journalisten mit viel Erfahrung, guter Ausbildung und großem Fachwissen. Es sind viel mehr Journalisten unterwegs als benötigt werden. Ich finde, es wäre konsequent und ehrlicher, wenn die Verlage zusätzlich zu Einstellungsstopps auch Ausbildungsstopps verkünden würden. Eine Ausbildung heute kann noch so gut und umfassend sein – am Ende wird sie aber am Bedarf vorbei erfolgen. Nicht nur quantitativ gibt es ein Ungleichgewicht, auch qualitativ passt einiges nicht zusammen. So sind wir heute nur ganz vage in der Lage zu sagen, was der Durchschnitts-Journalist in fünf Jahren arbeiten wird. Klar ist: Der reine Print-Redakteur wird eine Ausnahme-Erscheinung werden. Ist es dann sinnvoll, sich zu einem Print-Journalisten ausbilden zu lassen?

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Autojammer

Noch profitieren einige Autohersteller von der Abwrackprämie – von den deutschen Herstellern sind es wohl nur Opel und VW -, und trotzdem fängt schon jetzt das öffentliche Gejammer an, dass die Abwrackprämie unter dem Strich keine große Hilfe für die Autobauer sein dürfte.

Ist ja toll: Experten haben von Anfang an auf die Problematik hingewiesen, dass eine künstliche Nachfrage generiert wird, die zu einer Enthaltsamkeit der Autokäufer in den kommenden Jahren führen wird. Das hätten Politik und Wirtschaft also schon früher in ihre Überlegungen mit einbeziehen können.

Ja, die Abwrackprämie ist keine große, nachhaltige Hilfe für die Autobauer. Beim einzelnen bleibt die Erkenntnis zurück, dass er dem Nachbarn mit seinen Steuergeldern die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs finanziert hat. Ist ja wirklich toll.

Wirtschaftskrise hin oder her: Die Automobilbranche hat ein strukturelles Problem. Der Lauf der Dinge sieht vor, dass dieser Industriezweig weiter schrumpfen muss. Wenn Staaten keine Hilfen mehr ausspucken wollen oder können, ist es vorbei für den einen oder anderen Hersteller von Autos. Das müssen leider auch die Beschäftigten in diesem Wirtschaftszweig verstehen. Schließlich ist diese Branche nicht die einzige, die vor heftigen Umwälzungen steht.

Spannend bleibt die Frage, wer sich schließlich durchsetzen wird. Die Geschichte von Industrie und Technik zeigt, dass sich nicht immer die besten Produkte durchsetzen. Finanzkraft spielt neben anderen Dingen sicher ein große Rolle. Aber vielleicht – und das wäre zu hoffen – haben doch innovative Ansätze wie alternativen Antriebstechniken am Ende das zeug dazu, sich gegen schiere Größe durchzusetzen. Da sind Unternehmer und mutige Investoren gefragt. Dann haben vielleicht die Hersteller mit mutmaßlich zu geringen Stückzahlen doch noch eine Chance sich gegen die Großen der Branche durchzusetzen.

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Rote Erosion

Ein lokales Beispiel zeigt ganz gut, wie es um die SPD im Vorfeld der Bundestagswahl bestellt ist. In „Schilda“ Darmstadt hat bis gerade eben noch eine Ampelkoalition regiert. Vorgestern habe die Grünen die ganze Sache platzen lassen. Sie wollten nicht mehr dem Koalitionszwang gehorchen und die Hand für das äußerst umstrittene Projekt Nordostumgehung heben.

Jetzt gibt es Schuldzuweiseungen – das typische politische Spielchen eben. Aber darum geht es gar nicht. Für die Presse und die Bürger ist das ein Zukleisterthema. Tatsächlich bringt man sich mit dem Platzenlassen der Koalition in Position. Das hat die FDP in den vergangenen Monaten im Stadtparlament gemacht. Jetzt machen es die Grünen – die übrigens bei der Europawahl stärkste Kraft in der südhessischen Stadt geworden sind. Beide Koalitionspartner haben versucht, Profil zu gewinnen – und damit der SPD heftig geschadet.

Die Sozialdemokraten geben in Darmstadt den von anderen politischen Ebenen bekannten Hühnerhaufen ab, dem starke Persönlichkeiten fehlen. Darmstadt ist eigentlich sozialdemokratisch rot. Aber die Tendenz ins Grüne hat mittlerweile auch schon Tradition.

Jetzt ist man drauf und dran auch in der einstigen Hochburg seine Felle den Darmbach davon schwimmen zu sehen. Die Partei ist profillos geworden. Wichtige Themen auf kommunaler Ebene hat man mit OB Walter Hoffmann an der Spitze nicht in den Griff bekommen. Die Kommunalwahlen stehen 2011 an. Bis dahin könnte die SPD auf den dritten Rang – oder für die Genossen noch schlimmer – auf den vierten Rang in Darmstadt zurückfallen.

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Kabelhölle

Es wird einmal Zeit ein paar Worte über den Kabelnetz-Betreiber Unitymedia zu verlieren. Hier zeigt sich wie weit entfernt vertriebsorientierte Unternehmen vom Kunden sein können.

Zum Glück gehört Fernsehen für mich nicht mehr zu den lebensnotwendigen Dingen. Die Zeit mit und für die Glotze ist beschränkt. Mit ist auch schleierhaft, wie jemand nur glücklich sein kann, wenn er die Wahl aus 300 Programmen hat. Okay, es werden viele Nischen besetzt – ist auch irgendwie Long Tail.

Ich habe einen digitalen Kabelanschluss – und stehe noch dazu. Mir sind die digitalen Programme der öffentlich-rechtlichen Sender wichtig. Überhaupt ist der Fernsehkonsum in unserem Haushalt zu 98% öffentlich-rechtlich – auch dazu stehe ich.

Nun zu Unitymedia: Im Schnitt flattern sicher fünf Werbeschreiben pro Monat dieses Unternehmens in unseren Briefkasten. Verkauft werden sollen neue digitale Programmpakete oder Telefon und Internet via Kabel. Zeitweise gab es auch Telefon-Terror. Die Vertriebsmannschaft will den Leuten Zeug aufschwätzen, das sie gar nicht wollen.

Das alles wäre noch mehr oder weniger zu verschmerzen, wenn wenigstens der Service und die Qualität der Leistung stimmen würde. Allerdings ist das Unternehmen noch nicht einmal in der Lage, Signale in die Haushalte zu bringen, die dauerhaft vernünftigen, digitalen Fernsehgenuss ermöglichen. Die Signale der Abo-Programme sind gut bis perfekt. Aber das interessiert mich nicht. Ich will schlicht und einfach, dass die Qualität des Produktes, das ich bezahle, in Ordnung ist.

Natürlich habe ich auch schon mit Call Center Agents gesprochen. Aber: Entweder man kommt nicht an die richtigen Leute, oder es passiert nichts – bis zur nächsten Programmverschiebung. Wenn man Glück hat, ist eine Verbesserung der Signalqualität inkludiert – wenn man Pech hat, wird alles noch schlimmer. Dazu kommt noch, dass der Digitalreceiver, der von Unitymedia zu Verfügung gestellt wird, eine äußerst mäßige Qualität hat. Er hängt sich ständig auf.

Wäre ich ein TV-Junkie, würde mich wahrscheinlich das gleiche Schicksal ereilen. So bleibt mir nur, bei nächster Gelegenheit auf Satellitenempfang umzuschalten.

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