Sag niemals nie

Loop5 Propeller

Zugegeben: Ich bin nicht der größter Shopper. Ich halte mich zwar ganz gern in und zwischen Geschäften auf – und ja: das gilt auch für Modeläden -, gebe aber nicht so gern Geld aus.

Insofern ist vielleicht ein Shoppingcenter der falsche Aufenthaltsort für mich. Aus verschiedenen Gründen habe ich mich am Samstag aber nun doch mit unseren beiden Jungs ins Auto geschwungen. Ziel: Die Mall Loop5 in Weiterstadt bei Darmstadt. Das Shoppingcenter hat im Herbst eröffnet – und ich war bislang noch nicht dort. Mein Fazit: Die negativen Eindrücke überwiegen.

Das hängt vor allem mit den mannigfaltigen Fehlplanungen zusammen, die sich ganz massiv in der Anlage des riesigen Parkhauses mit 3000 Stellplätzen manifestieren. Die Einfahrten sind zweispurig. Allerdings sind die Spuren so eng, dass unerfahrene 5-er BMW-Fahrer, von denen es offensichtlich viele gibt, grundsätzlich nicht die Spur halten können. So beginnt das Chaos schon vor der eigentlichen Parkplatzsuche. Und eigentlich beginnt es noch früher. Die Stadt Weiterstadt hat es nicht geschafft, eine sinnhafte Anbindung der Mall in dem Gewerbegebiet hin zu bekommen.

Loop5 in Bunt

Letzteres kombiniert mit der Unfähigkeit der Parkhausplaner führt dazu, dass man einen echten Loop machen muss, wenn man durch das Parkhaus hindurch fährt und in einer Reihe keinen Parkplätz mehr findet. Über die gesamte Länge gibt es keine Möglichkeit einen U-Turn zu machen, um die andere Parkreihe zu erreichen. Ganz am Ende gibt es eine schlecht kenntlich gemachte Möglichkeit. Wer diese verpasst, wird aus dem Parkhaus wieder ausgespuckt. Sollte der Kunde hartnäckig sein und nochmal zum Loop5 zurück wollen, muss er eine Strecke von rund 2 Kilometern in Kauf nehmen, um wieder ins Parkhaus einfahren zu können. Jeder Simcity-Planer würde ähnliches von der KI des Computers um die Ohren gehauen bekommen.

Dann sind die Parkebenen nicht mit den Zugängen zur Mall synchronisiert. Es gibt für die sieben oder acht Parkebenen nur drei Übergänge in die Mall. Wir haben auf der Ebene -1+ geparkt. Absurd. Im Treppenhaus gibt keine Hinweise auf die Übergänge in die Mall, in den viel zu kleinen Aufzügen schon. Verzweifelte Blicke habe ich gesehen. Wildes Gestikulieren. Unbeantwortete Fragen. Wir haben unser Auto am Ende aber wiedergefunden – mit ein bisschen Konzentration gelingt es dann doch.

Nach einem vogelwilden Auftakt, betritt man die Mall und lässt sich vom Thema Luftfahrt durchaus beeindrucken. Die Elemente wie von der Decke hängende Propeller und die Ruhezonen in Form von Flugzeugkabinen sind gut integriert und echte Hingucker, auch für die Kinder. Der Leerstand einiger Ladengeschäfte wird gut kaschiert – dennoch ist er nicht zu übersehen. Insgesamt gibt es natürlich genügend Einkaufsmöglichkeiten (insgesamt 175 Ladenlokale). Auffällig war aber, dass die höchste Frequenz auf der Fressmeile herrschte, obwohl die Mittagszeit schon deutlich vorbei war.

Ein Nachmittag im Loop5

Die Läden verfügen bis auf wenige Ausnahmen über kein Tageslicht. Der Aufenthalt in den Geschäften und im Center stresst tendenziell. Das mag an anderen Tagen anders sein. Ich habe ein Gespräch zwischen einer Kassiererin und einer Kundin belauscht, in dem die Kundin anmerkt, dass aber wenig los sei. Darauf sagte die Kassiererin, dass die Kundin einmal an einem Dienstagvormittag kommen solle. Dann könne man wirklich in Ruhe einkaufen, weil dann niemand in der Mall sei.

Neben der Architektur gefällt auch die Zusammenstellung der Stores. Hier finden sich viele Formate, die es so weit und breit und auch insgesamt nicht sehr oft gibt. Klar überwiegen Filialisten. Aber Stores von G-Star, Bench, Geox und anderen gibt es in Darmstadt eben nicht. Einige lokale Anbieter wie Dielmann (allerdings ebenfalls ein regionaler Filialist), Spielwaren Faix oder auch der Denim-Spezialist Myjeans ergänzen pflichtgemäß das Ganze. Supermärkte, ein Saturn und ein P & C sorgen für die Basisarbeit.

Die Querspangen, die die beiden Hauptteile der Mall miteinander verbinden, waren am schlechtesten frequentiert. Das interessante Kinder-Multimarken-Format „Son’s & Daughter’s“ (ja, die Apostrophe stehen wirklich im Logo) ist unter dem Dach auf verlorenem Posten. Der gut sortierte Bio-Supermarkt im Basement ebenso. Dafür pilgert das falsche Publikum in das Shoppingcenter.

Alles zusammen genommen überzeugt mich die Mall nicht. Fast wäre ich geneigt zu sagen, dass ich dorthin sicher nicht zurückkehren werde. Man fühlt sich denn doch nicht richtig wohl im Loop5. Aber: Sag niemals nie – und vielleicht gehöre ich eben einfach nicht zur Zielgruppe.

PS: Zum Fotografieren taugt sie ganz gut.

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Warenhäuser waren Häuser!?

Es vergeht keine Tag ohne eine Meldung zu Arcandor. Gestern hat das Unternehmen bekannt gegeben, keine Halbjahreszahlen veröffentlichen zu wollen. Heute wurde Insolvenz für 15 weitere Töchter angemeldet, großteils Servicegesellschaften der Versandhandelstochter Primondo. Sal.Oppenheim hat die direkt gehaltenen Anteile verkauft.

Trotzdem ist es irgendwie nach dem großen Gewitter um Staatshilfen und die Insolvenz ruhiger geworden. Jetzt steht noch ein Massekredit im Raum. Der Filialleiter des Lübecker Karstadt-Hauses hat getwittert, dass er und seine Kollegen diese Woche erstmals mit Insolvenzverwalter und wahrscheinlich auch Generalbevollmächtigtem zusammentreffen.

Klar, die Hoffnung der Betroffenen in den Filialen ist groß. Die Metro hält die Füße still. Im Raum steht das Interesse an 60 Karstadt-Häusern. Leider ist nicht bekannt, welche Häuser es sind.

Bei allen Fragen rund um Unternehmen wie Arcandor/Karstadt und Metro/Galeria Kaufhof: Wie sieht es eigentlich mit der Zukunft der Warenhäuser aus? Haben sie in der bestehenden Form überhaupt eine Zukunft?

Die Waren- oder auch Kaufhäuser sind schon seit Jahrzehnten in der Krise. Dereinst machten Hertie, Horten, Kaufring und Kaufhalle schlapp. Hertie hat es sogar geschafft, nochmal Pleite zu gehen. Viele ehemalige Kaufring-Häuser sind bereits oder bald am Ende. Warum sollten es Karstadt und Kaufhof schaffen?

Die Shoppingcenter haben zunächst die Grüne Wiese belagert, in den Innenstädten sind sie aber auch schon lange angekommen. Das ist einer der Sargnägel für die Betriebsform Warenhaus. Das Angebot in den Shoppingcentern ist fast so breit wie in den Warenhäusern. Selbst die Marken sind bis auf die Handelsmarken dieselben. Die Markenflächen in den Warenhäusern unterschieden sich aus Sicht des normalen Kunden nicht. Dazu kommt noch, dass die Läden der Marken in der Regel neuer und deshalb nicht so abgewirtschaftet wie die meisten Warenhäuser sind.

„Marken“ ist überhaupt ein Stichwort. Die Warenhäuser wollten die Eigenmarken stärken und die Fremdmarken zurückdrängen. Leider haben es weder Kaufhof noch Karstadt geschafft, ihre Marken begehrenswert zu machen. Immer wenn ich in den Läden bin, sind die Eigenmarken gnadenlos runtergezeichnet – gekauft werden sie trotzdem nicht.

Der dritte Sargnagel sind die hohen Kosten, vor allem für Mieten, die den Warenhäusern den Garaus machen. Die Mietpreise für Läden in bevorzugten Lagen steigen angeblich immer noch. Die Riesenflächen der Warenhäuser fressen entsprechend Substanz auf. Die Refinanzierung ist hart – und in vielen Fällen unerreichbar.

Exkurs: Überhaupt ist es erstaunlich, welche Mieten für Ladenlokale aufgerufen werden – auch und vor allem von den Shoppingcenter-Betreibern. Da bläht sich ordentlich etwas auf. Auch diese Blase wird platzen – und dann wird es wieder jammernde und weinende Unternehmen geben. Viele Läden von Marken dienen dem Marketing, werfen aber keine Renditen ab. In den USA ist das Shoppingcenter-Sterben recht weit fortgeschritten. Aber für die Betreiber ist das kein Problem: Ich vermute spätestens nach fünf, wahrscheinlich aber schon nach drei Jahren annähernder Vollvermietung geht das Geld verdienen los. Wenn also nach zehn, 15 oder 20 Jahren das Licht ausgeht, ist die Ernte schon längst eingeholt. Weinen werden dann übrigens auch die Kommunen, die sich die Ansiedlung von Shoppingcentern so sehr wünschen. Das führt nur zu einer kurzfristigen Befriedigung der Verwaltungschefs in den Rathäusern.

Massiven Druck übt natürlich auch das sich ändernde Einkaufsverhalten und der E-Commerce aus. Immer wieder hört man, dass es in der Innenstadt manche Dinge wie Kurzwaren nur noch im Warenhaus gibt. Hier kommt wieder der Long Tail um die Ecke. Im Netz gibt es alles, die kleinste Nische wird bedient. Dort gibt es auch Kurzwaren. Was es dort nicht gibt, ist das haptische Einkaufen. Das mögen jene vermissen, die damit noch groß geworden sind. In spätestens 15 Jahren ist der Großteil der Kunden anderes Einkaufsverhalten gewohnt. Dazu gehört dann vielleicht eine bessere Planung, das Bestellen unterschiedlicher Artikel zur Auswahl oder auch die Bindung zum Online-Shop des Vertauens. Man mag den guten alten Zeiten mit kompetenter Beratung und face-to-face-Kontakten dann nachtrauern. Das wird den Nostalgikern nur nichts mehr nützen. Von wegen Beratung und Service: Tatsache ist doch, dass auch diese Aspekte nur noch rudimentär in den Warenhäusern vorhanden sind. Die hohe Personaldichte ist ja bereits der Krise der vergangenen 20 Jahre zum Opfer gefallen.

Umstände und häufig auch Management haben dazu beigetragen, dass die Warenhäuser am Rande des Exitus sind – von dort gibt es kein zurück mehr. Warenhäuser waren Häuser!

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